Attendorn/Siegen. 33-jähriger ist am Landgericht Siegen angeklagt. Der Attendorner handelte aus einer finanziellen Notlage heraus.

Es ist ein massiver Vorwurf. Wegen bewaffneten Handeltreibens mit Drogen ist ein Attendorner vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichtes Siegen angeklagt. Und für diese Straftat sieht der Gesetzgeber eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren vor. Bei der Durchsuchung der Wohnung des 33-Jährigen am 28. Januar 2020 in Attendorn wurde die Polizei fündig. Die Ermittler stellten 217 Gramm Marihuana, einen Schlagring, einen Baseballschläger, eine Taschenlampe mit einem Elektroschocker und 2150 Euro Bargeld sicher. Zudem entdeckten sie im Dachgeschoss eine Cannabis-Plantage mit umfangreichem Zubehör zur Aufzucht der Pflanzen.

Der Attendorner konsumiert nach eigenen Angaben seit dem 16. Lebensjahr Marihuana. Mit 18 flog er zu Hause raus, seinen Vater hat er nie kennengelernt. „Meine Mutter hatte mich vor die Tür gesetzt und ich musste sehen, wie ich mit meinem Leben zurechtkomme“, berichtete er im Gerichtssaal. Er sei obdachlos gewesen, später lernte er dann seine Frau kennen, mit der er heute drei Kinder hat, auf die er stolz ist: „Die haben alle die schlechten Eigenschaften, die ich habe, nicht.“

Voll schuldfähig

Sachverständiger Dr. Thomas Schlömer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, bezeichnete den Angeklagten als „freundlich und kooperativ“. So präsentiert er sich auch während der Verhandlung. Der Gutachter sah keinen Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung: „Der Cannabis-Missbrauch ist keine schwere Störung. Es gibt keinen Anhalt, dass er gravierende psychopathologische Auswirkungen hat. Es ist von voller Schuldfähigkeit auszugehen.“

Ursprünglich war auch die Frau des 33-Jährigen am Landgericht angeklagt. Für sie gab es aber am ersten Verhandlungstag einen Freispruch. „Sie hat beim Anbau und Verkauf nicht mitgemacht. Und so etwas zu dulden, ist keine Straftat“, hatte die Vorsitzender Richterin Elfriede Dreisbach gesagt.

Bei der Fortsetzung am Donnerstag standen die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger im Mittelpunkt. Die Frau verfolgte diese auf den Zuhörerplätzen. Die Anklage habe sich bestätigt, sagte Staatsanwalt Dennis Lotz: „Der Angeklagte hat gesagt, dass er zur Tatzeit krank war und nicht mehr gewusst habe, wie er seine Familie ernähren sollte. Er habe sich deshalb entschlossen, mit Drogen zu handeln. Im Dachgeschoss und im Wohnzimmer wurde das Marihuana in Behältern gelagert.“ Für die Indoor-Plantage sei im Dachgeschoss eine Zwischenwand eingebaut worden: „Die Töpfe waren frisch mit Cannabis-Samen.“

Der Attendorner habe sich des bewaffneten Handels mit Drogen schuldig gemacht, so der Staatsanwalt: „Es waren gefährliche Gegenstände, die dazu geeignet sind, erhebliche Verletzungen zu verursachen.“ Dennis Lotz erkannte aber auf einen minderschweren Fall (sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe). Zugunsten des Angeklagten wertete er das Geständnis und seine finanzielle Notlage. Auf der anderen Seite seien gleich mehrere gefährliche Gegenstände im Spiel gewesen. „Es bestand auch die abstrakte Gefahr, dass die Kinder Zugriff darauf hatten.“ Der Staatsanwalt forderte zweieinhalb Jahre Haft.

Urteil am 15. November

Verteidiger Marcel Tomczak plädierte hingegen noch für eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Der Schlagring sei im Wohnzimmer in der Vitrine gewesen und nicht unmittelbar bei den Drogen. Zudem habe es sich nur um einen Baseballschläger für Kinder gehandelt. Der Angeklagte sei frühzeitig geständig und in einer Notlage gewesen und es habe prekäre Umstände gegeben, betonte der Anwalt aus Olpe: „Er hat das nicht aus reiner Gewinnsucht gemacht. Er musste die Familie ernähren. Er hatte nur Krankengeld und musste drei Kinder versorgen.“

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Die lange Verfahrensdauer würde den Angeklagten sehr belasten. „Er bereut das“, sagte Marcel Tomczak. Und: „Er ist jetzt auf einem sehr guten Weg. Er macht eine Umschulung und hat Arbeit. Eine Haftstrafe würde den ganzen Weg zunichtemachen.“ Das Urteil wird am 15. November gesprochen.