Olpe. Ein fast vergessenes Kapitel der Stadtgeschichte, das Olpe unfassbare Summen Geld kostete, wird im neuen Jahrbuch aus der Vergessenheit geholt.

Alljährlich in der Vorweihnachtszeit packt der Heimatverein für Olpe und Umgebung ein ganz besonderes, vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für seine Mitglieder, das auch anderen heimatinteressierten Menschen zugänglich gemacht wird: das Jahrbuch. Was vor über 30 Jahren als schlichte Broschüre entstand, ist inzwischen ein stattliches, repräsentatives Buch geworden, das eine Mischung aus Nachschlagewerk, Chronik und Lesebuch ist - und zudem eine Zierde jedes Bücherregals. Jetzt ist es wieder soweit: Josef Wermert, der als Stadtarchivar auch die Schriftleitung des Jahrbuchs innehat, Bürgermeister Peter Weber und die ehrenamtlichen Mitwirkenden an dem diesmal 448 Seiten starken Werk präsentieren das neue Jahrbuch der Öffentlichkeit.

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„Weihnachtsgeschenk“ ist übrigens ernstzunehmen, denn Mitgliedern des Heimatvereins wird dasWerk im Rahmen der Jahreshauptversammlung als Jahresgabe überreicht – am Rande sei erwähnt, dass der Mitgliedsbeitrag niedriger ist als die 20 Euro, die der Wälzer im freien Erwerb kostet.

Das neue Jahrbuch des Heimatvereins Olpe wurde im Stadtarchiv präsentiert.
Das neue Jahrbuch des Heimatvereins Olpe wurde im Stadtarchiv präsentiert. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

Es sind diesmal drei Geschichten, die hervorstechen und auch aus stadtgeschichtlicher Sicht besonders bedeutend sind. So hat Dr. Hans-Bodo Thieme einen fast vergessenen Skandal aufgearbeitet, der so tiefgreifend war, dass er die Stadt Olpe geprägt hat.

Landrat warnte zehn Jahre vergeblich

1891 wurde eine Betrugsserie offenkundig, die zehn Jahre lang angedauert hatte. Der seinerzeitige Rendant der Sparkasse, durch Einheirat verwandt mit dem damaligen Bürgermeister, hatte über Jahre Geld auf die Seite geschafft und durch mangelhafte Kassenführung überdies große Summen an Zinsen nicht oder nur zum Teil eingetrieben. Die Sparkasse wurde seinerzeit gemeinsam mit der Stadtkasse betrieben. Am Ende kam dabei ein Schaden von fast 1 Million Mark heraus – in heutiger Währung wäre dies ein Vielfaches. Dabei hatte der seinerzeitige Landrat als Aufsichtsbehörde mehrfach auf Unzulänglichkeiten hingewiesen, die aber vom Bürgermeister ganz offensichtlich bewusst ignoriert worden waren. Am Ende schickte die Bezirksregierung einen kommissarischen Bürgermeister, um den Augiasstall auszumisten. Spar- und Stadtkasse wurden sauber getrennt. Das Vermögen des eigentlich gewählten Bürgermeisters wurde beschlagnahmt, um den Schaden zu verringern, doch blieb der Stadt nichts anderes übrig, als gewaltige Kredite aufzunehmen, um den Schaden zu begleichen – Schulden, die die Stadt laut Tilgungsplan bis 1942 abzahlte.

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Rolf Müller hat sich mit der Firma befasst, die den Namen seines Großvaters trug: die Westdeutschen Metall- und Phosphorbronce-Werke Eduard Müller, die 1907 gegründet wurden und bis 1991 bestanden. Aus kleinsten Anfängen hatten Eduard Müller und seine Nachfolger eine florierende Firma geschaffen, die ihre Blütezeit in den 1960er-Jahren hatte und fast 200 Menschen beschäftigte. Heute erinnert im Stadtbild nichts mehr an die ausgedehnten Werkshallen, auf deren Areal heute der Dornseifer-Markt an der Martinstraße und die Polizei stehen.

Autohausbesitzer entdeckte Skigebiet

Ein bis dato nicht aufgearbeitetes Kapitel der Stadtgeschichte hat Michael Nies-Steffens aufgearbeitet: die Entdeckung und Entwicklung des Skigebiets Fahlenscheid. Es war der Olper Autohausgründer Hans Nies, selbst begeisterter Skifahrer, der einst feststellte, dass die Hänge am Fahlenscheid, damals noch zur Gemeinde Rahrbach gehörend, früher und länger mit Schnee versehen waren als andere Wiesen und der mit Freunden und Familie erst selbst Pisten trampelnd, schließlich die örtlichen Landwirte dazu bewegte, ihre Wiesen im Winter als Skihänge zur Verfügung zu stellen und der einen ersten Schlepplift kaufte – eine Entwicklung, die dazu geführt hat, dass dort ein florierendes Wintersportareal entstanden ist.

Zu haben ist das Jahrbuch für Nichtmitglieder des Heimatvereins im Foyer des Rathauses, im Stadtarchiv und in der Dreimann-Buchhandlung an der Kölner Straße.