Kreis Olpe. Ein Wechsel auf Vergleichsportalen lohnt sich nicht mehr. Grundversorger wie Bigge Energie, Eon oder Westnetz sind derzeit günstiger. Warum?

Die galoppierenden Energiepreise sind in aller Munde: Allen voran die umstrittene Gasumlage und die Frage, kommt sie oder kommt sie nicht? Wie hoch wird sie sein, wie entwickeln sich Strom- und Gaspreise im nächsten Jahr? Wir versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen und sprachen mit den Fachleuten des heimischen Energieversorgers Bigge Energie. Die beiden Geschäftsführer Roland Schwarzkopf und Ingo Ehrhardt sowie der Leiter des Strom- und Gaseinkaufs, Michael Fröhlich, standen uns Rede und Antwort.

Eines vorweg: Die Preise zeigen nur in eine Richtung. Eine Durchschnittsfamilie muss für Gas und Strom zusammen mit rund 6000 Euro jährlich rechnen. Das zumindest gilt für Bestandskunden der Bigge Energie, die derzeit für ihre Kunden im Kreis Olpe die günstigsten Preise machen kann. Fazit: Verivox und ein Anbieterwechsel hilft nicht mehr.

Beängstigende Fakten

Die Gasumlage würde auch für Bigge Energie-Kunden rund 2,5 Cent pro Kilowattstunde Gasverbrauch ausmachen. Heißt: Wer rund 20.000 Kilowattstunden (kWh) aus Gas verbraucht, muss am Jahresende rund 500 Euro drauflegen. Wer derzeit Bestands-Gaskunde bei der Bigge Energie ist, zahlt im Tarif Bigge Basis 20,20 Cent pro kWh, macht bei 20.000 kWh rund 4000 Euro, plus die Grundgebühr von rund 130 Euro. Pro Monat muss der Durchschnittskunde also rund 350 Euro zahlen, nur für diesen einen Energieträger. Richtig bitter wird es für Gaskunden, die ihrem exotischen Lieferanten gerade wegen horrender Preiserhöhungen gekündigt haben und zu ihrem heimischen Versorger Bigge Energie zurückkehren wollen. Dann gilt die Grund- und Ersatzversorgung: Fürs Gas werden dann 31,23 Cent pro kWh fällig, plus Grundgebühr 171 Euro. Macht pro Jahr für die Durchschnittsfamilie derzeit rund 6370 Euro jährlich oder 530 Euro pro Monat. Wer darüber nachdenkt, sich bei einem Portal wie verivox günstiger zu versorgen, schaut in die Röhre. Günstigstes Angebot Stand: Freitag, 23. September: 600 Euro pro Monat, eingestellt von der Brillant Energie, einer Tochter der Leipziger Stadtwerke.

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Die aufgerufenen Preise der Bigge Energie gelten erst einmal bis zum Jahresende, wie Roland Schwarzkopf und Ingo Ehrhardt gleichlautend versichern: „Danach wird es teurer.“ Um wie viel, wollen die Geschäftsführer nicht sagen. Schwarzkopf: „Wir stecken mitten in der Kalkulation, um eine belastbare Prognose präsentieren zu können.“ „Sechs Wochen vor dem Jahreswechsel, genau am 19. November, müssen wir laut Gesetz die Preise nennen“, fügt Michael Fröhlich hinzu.

Die Fachleute des heimischen Energieversorgers Bigge Energie: (von links) Michael Fröhlich (Leiter Beschaffung) und die Geschäftsführer Roland Schwarzkopf und Ingo Ehrhardt.
Die Fachleute des heimischen Energieversorgers Bigge Energie: (von links) Michael Fröhlich (Leiter Beschaffung) und die Geschäftsführer Roland Schwarzkopf und Ingo Ehrhardt. © WP | Josef Schmidt

Rund um die Gasumlage gibt es derzeit eine heftige politische Kontroverse und juristische Fallstricke. Die CDU-Fraktion hat bekanntlich gefordert, die Gasumlage ganz einzustampfen. Ehrhardt: „Wenn sie kommt, wird sie rückwirkend in Kraft treten - zum 1. Oktober. Es gibt jedoch finanzverfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere, wenn der Staat den größten Gasimporteur Uniper verstaatlicht. In dem Fall darf der Staat eigentlich nicht noch eine Gasumlage erheben.“ Roland Schwarzkopf weist daraufhin, dass eine Verstaatlichung von Uniper frühestens zum 1. Januar umsetzbar sei: „Von Oktober bis zu diesem 1. Januar wird die Gasumlage vermutlich noch erhoben.“

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Auch bei den Strompreisen ist die Bigge Energie konkurrenzfähig. Bestandskunden zahlen seit dem 1. Juli im Tarif Bigge Maxi rund 22 Cent pro kWh, Grundpreis 108 Euro. Macht für die Durchschnittsfamilie bei 3500 kWh Jahresverbrauch rund 880 Euro oder 75 Euro pro Monat. Auch hier gilt: Wer von einem anderen Versorger in den Grund- und Ersatzversorgertarif der Bigge Energie fällt, muss tiefer in die Tasche greifen. Dann werden rund 55 Cent pro kWh fällig, bei rund 190 Euro Jahresgrundpreis. Macht jährlich 2115 Euro oder rund 175 Euro pro Monat.

Bigge Energie GmbH seit 2013, 45.000 Kunden

1999 bündelten die Stadtwerke Attendorn und Olpe und die Lister-Lennekraftwerke ihre Leistungen, 2013 folgte der offizielle Zusammenschluss zur Bigge Energie GmbH & Co. KG. Kundenzahl aktuell: rund 45.000. Stromnetzgebiet: Von Drolshagen bis Olpe, von Wenden über Attendorn bis Finnentrop. In Attendorn und Olpe ist die Bigge Energie auch Netzbetreiber.

Im übrigen Kreis Olpe sind Westnetz und Eon die Energie-Grundversorger.

Auch hier wieder der Vergleich mit dem aktuell günstigsten Verivox-Angebot: 210 Euro bietet Yello. Der Anbieter Tibber-Preis preist zwar sein Angebot mit rund 160 Euro pro Monat an, allerdings mit dem Pferdefuß, dass schon ab dem 2. Vertragsmonat ein variierender Preis nach Börse fällig wird. Wer von einem anderen Energieanbieter in den Bigge Energie-Grund- und Ersatzversorgertarif „fällt“, muss dort mindestens drei Monate verharren, erst dann kann er ab 1. Januar 2023 in die günstigeren Sondertarife wechseln. Der Grund für den erheblichen Preisunterschied liegt auf der Hand: Dieser Strom muss kurzfristig an der Börse geordert werden. Und die Preise dort sind bekanntlich im Jahresverlauf explodiert.

Teurer Automatismus

Aber warum eigentlich, fragen wir die Experten? „Dahinter steckt der Automatismus, dass sich der Strompreis derzeit nach dem hohen Gaspreis ausrichtet“, erklärt Ingo Ehrhardt. Die Gaskraftwerke seien als notwendige Spontanstromerzeuger für das Netz sozusagen „lebenswichtig“, wenn beispielsweise die Erneuerbaren oder andere Erzeuger nicht genügend Energie lieferten. In dem Moment, in dem zum Beispiel französische Atomkraftwerke nur noch die Hälfte ihrer normalen Stromkapazität liefern könnten und der Gaspreis wegen des Ukrainekrieges explodierten, explodiere auch der Strompreis, weil Gaskraftwerke ihren enorm teuren Strom zuliefern müssten.

Ingo Ehrhardt wagt einen bildlichen Vergleich: „Je mehr Apfelsaft im Mineralwasser ist, desto teurer die Schorle.“