Kreis Olpe/Attendorn. Die neue Energiesparverordnung lässt viele „erzittern“. In öffentlichen Gebäuden sind nur noch 19 Grad erlaubt. Und was passiert in Schulen?

Die Stadt Attendorn wird in ihren städtischen Schulen die Raumtemperatur auf 19, möglicherweise 20 Grad herunterdrehen. Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) informierte den Stadtrat am Mittwochabend darüber, dass man alle Thermostate austauschen und durch solche ersetzen werde, die nicht händisch verstellt werden können. In den Klassenräumen werde die Temperatur somit konstant auf 19 Grad eingestellt. Es sei denn, Schulleiter melden Bedenken an, was laut Bürgermeister in zwei Fällen auch geschehen sei. In den Aufenthaltsräumen sind grundsätzlich 17 Grad angedacht.

Pospischil teilte mit, der Großteil der Schulleiter sei mit diesem Vorgehen einverstanden. Mahnende Worte fand Uli Selter (CDU), selbst Grundschullehrer in Ennest: „Wenn wir die Heizungen nicht mehr hoch- und runterdrehen können und wegen Corona alle 20 Minuten Stoßlüften müssen, dann kommen wir auf Temperaturen, die einem vernünftigen Lernfortschritt unserer Kinder entgegenstehen.“

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Hintergrund der anhaltenden Heiz-Diskussion ist ein bürokratisches Wort-Ungetüm der besonderen Art. Die Bundesverordnung hat die Abkürzung EnSikuMaV. Das steht für „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“, wie die Technische Beigeordnete der Stadt Olpe, Judith Feldner, im Gespräch mit unserer Redaktion aufklärte. In dieser Verordnung steht u. a., dass Rathäuser und andere Verwaltungsgebäude, kurz: Öffentliche Nichtwohngebäude, nicht über 19 Grad heizen dürfen, Schulen sind aber ausgenommen. Kitas, Krankenhäuser und andere sensible Bereiche auch.

Olpe: Interne Dienstanweisung

In der Stadt Olpe geht man etwas gnädiger mit den Schülern und Lehrern um als in Attendorn: „Es gibt bei uns eine interne Dienstanweisung“, so Feldner, „dass in den Klassenräumen weiterhin die 20 Grad gelten.“ Die Heizperiode beginne zwar offiziell erst am 1. Oktober, „aber unsere Schulen durften bereits heizen, weil es ja schon richtig kalt war.“ Was der Leiter des Städtischen Gymnasiums Olpe, Holger Köster, positiv kommentiert: „Wir sind froh darüber, dass es bei 20 Grad bleibt.“ Vor allem, wenn regelmäßig gelüftet werden solle.

Judith Feldner, Technische Beigeordnete der Stadt Olpe.
Judith Feldner, Technische Beigeordnete der Stadt Olpe. © WP | Josef Schmidt

Ähnlich wie Olpe verfährt die Stadt Lennestadt, informiert Bürgermeister Tobias Puspas auf Anfrage: „Wir machen unseren Schulen keine Grad-Vorgaben, haben allerdings für sämtliche Klassenzimmer CO2-Warngeräte angeschafft, um die im Winter geforderten Lüftungsintervalle zu optimieren.“ Gelüftet werde erst, wenn der Warner sich melde. Im Rathaus Lennestadt herrschten hingegen klare Regeln: „Hier wird zentral gesteuert, auf 19 Grad Maximum.“ Wer Urlaub habe, könne selbst sein Büro ganz herunterfahren. Puspas: „Ich bin ja nicht so oft im Büro, habe gerade 17,9 Grad hier.“ Gewohnter Puspas-Humor: „Ich habe den Eindruck, dass die Textil-Industrie davon profitiert. Ich habe schon einige Beschäftigte mit dicken Strickwesten gesehen.“

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André Grütz (Gebäudemanagement Drolshagen), gibt ebenfalls Entwarnung für die Schulen der Rosestadt: „Unsere Schulen können das selbst regeln.“ Über eine Reduzierung der Temperatur sei noch nicht entschieden.

Frank Vollmer, Kirchhundems Bauamtsleiter, hebt auf Anfrage heraus: „Nach der ganzen Corona-Problematik wollen wir den Schulen nicht noch etwas auferlegen und ihnen zumuten, bei 18 oder 19 Grad zu unterrichten. Die können selbst über ihre Temperatur entscheiden.“ Damit halte sich die Gemeinde an die neue Verordnung, die die Schulen ausnehme.

Wenden reduziert auf 20 Grad

In den Wendener Schulen wird die Raumtemperatur um ein Grad gesenkt. „In der Gemeinde müssen auch die Schulen ihren Beitrag leisten. Es ist vorerst in den zentralen Bereichen eine Reduzierung auf 20 Grad vorgesehen“, sagt Markus Hohmann, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung. Die Gesamtschule Wenden werde durch Fernheizung von der Gemeinde gesteuert, so Oberstufenkoordinator Stephan Demuth: „Hier an den Heizkörpern kann man nicht mehr drehen. Wenn etwas ausfällt, geben wir das an den Hausmeister weiter und der an die Gemeinde.“ Und: „Wir hoffen nicht, dass wir frieren müssen im Winter. Dass wir uns warm anziehen, ist nichts Neues für uns. Da hat jeder seine Taktik. Aber irgendwann geht das an die Grenze.“ Man mache sich Gedanken, sagt Stephan Demuth: „Die Kinder sollen sich wohlfühlen. In Eiseskälte ist das nicht möglich.“

St. Ursula: Empfehlung des Bistums

Schon im Sommer habe man die Weichen gestellt und nach der Empfehlung des Erzbistums gehandelt, berichtet Markus Ratajski, Leiter des privaten St.-Ursula-Gymnasiums in Attendorn: „In der Turnhalle stellen wir kein Warmwasser zur Verfügung. Bisher haben wir die Heizung in den Klassenräumen noch nicht angestellt.“ Derzeit werde ein Energiewächterkonzept erstellt: „Das Gebäude soll sicher geheizt werden, dass sich kein Schimmel bildet und die Leitungen nicht einfrieren. Auf den Fluren ist die Temperatur nur auf frostsicher eingestellt.“

Die Zeiten des warmen Klassenzimmer scheinen vorbei. „Infektionsschutz und Energieknappheit werden nicht zu einer Wohlfühlstube führen. Ich merke aber, dass sich durch die Coronazeit ein gesunder Pragmatismus eingestellt hat. Ich kann auch Englisch in einer Jacke lernen“, sagt Markus Ratajski.

Finnentrop überlässt es Schulen

Die Gemeinde Finnentrop überlässt den Schulen die Temperatur-Regelung. Ulrich Hilleke (Fachbereichsleiter Planen, Bauen, Wohnen): „Ich bin selbst Vater eines Schulkindes und halte es für bedenklich, in den Klassenräumen auf 19 Grad runterzugehen.“ Auch vor dem Hintergrund der im Winter relevanten Lüftungsthematik.