Serkenrode. Seit 30 Jahren betreibt das Ehepaar Schulte in dem kleinen Finnentroper Dorf einen Lebensmittel- und Getränkemarkt. Doch Ende 2022 ist Schluss.
Vor dem Abendessen noch eine Packung Milch oder Aufschnitt holen. Am Wochenende noch Getränke für einen gemütlichen Abend mit Freunden einkaufen. Und das direkt vor der eigenen Haustür. Für viele Dorf-Bewohner ist dies häufig Wunschdenken, denn der letzte Tante-Emma-Laden hat schon vor Jahren geschlossen. Dass gerade auf dem Dorf Infrastrukturen wegbrechen, beispielsweise Kneipen, Gaststätten oder Supermärkte dicht machen, ist bekannt. Denn in der Regel gleicht die Suche der Betreiber und Inhaber nach einem Nachfolger einer Mammutaufgabe, die eigenen Kinder haben wenig Interesse, die Arbeitszeiten sind unattraktiv, der Aufwand einfach zu hoch.
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Insofern können sich die Serkenroder glücklich schätzen, den Lebensmittel- und Getränkemarkt von Bernd Schulte mitten im Ort zu wissen. Hier können sie sich mit frischem Obst und Gemüse, Wurst, Fleisch, Käse, verschiedenen Konserven, aber auch mit Toilettenpapier, Tierfutter, Spielwaren, Getränken und anderen Dingen des täglichen Bedarfs eindecken. Zumindest noch. Denn Ende dieses Jahres ziehen Bernd und Ehefrau Marita einen Schlussstrich und das kleine Dorf Serkenrode an der Kreisgrenze zu Eslohe verliert einen wichtigen Baustein dörflicher Infrastruktur.
Kinder haben kein Interesse
Familie Schulte passt ins oben beschrieben Bild. Die drei Kinder haben sich anderweitig orientiert und kein Interesse an einer Nachfolge. Hinzu kommt, dass Bernd Schulte 63 Jahre alt ist und „wir in der Vergangenheit immer mal wieder darüber nachgedacht haben, wann wir in Rente gehen.“ Schließlich hat REWE dem Betreiber-Ehepaar die endgültige Entscheidung aber abgenommen. Der Hauptlieferant der Schultes hat den Vertrag zum 31. Dezember gekündigt. Der Grund: „Wir passen nicht mehr ins Warenwirtschaftssystem“, erklärt Bernd Schulte, gelernter Einzelhandelskaufmann für Lebensmittel. Die Schultes sind einfach zu klein, nicht lukrativ genug für einen so großen Lieferanten.
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Noch einmal mit einem neuen Geschäftspartner durchzustarten, das war keine Option. Schon gar nicht vor dem Hintergrund des eigenen Alters, der Corona-Pandemie oder steigender Energiekosten, die selbstverständlich auch an den Schultes nagen. „Da sind wir nachts schon mal aufgewacht und haben uns gefragt: Wie geht es weiter? Diesen Druck haben wir uns genommen.“ So gehen die Lichter Ende Dezember zwischen Kirche und Landgasthaus Schmitt-Degenhardt aus, mit einem kleinen Aber: Im Januar soll noch einen Schlussverkauf stattfinden.
90 Jahre im Dorf
„Über die Feiertage versorgen wir unsere Kunden daher noch mit Lebensmitteln. Zumindest mit denen, die wir noch haben“, verspricht der Inhaber, dessen Geschäft auch sozialer Treffpunkt war. In dem Lebensmittel- und Getränkemarkt konnte der dorfeigene Theaterverein seine Karten verkaufen, hier wurden die Feste im Dorf angekündigt. Doch spätestens Mitte Januar endet eine echte Ära, genau 90 Jahre, nachdem Bernd Schultes Großmutter das Geschäft im Dezember 1932 eröffnete. 30 Jahre später übernahm sein Vater Albert, ehe Bernd Schulte wiederum das Zepter im Januar 1993 übernahm. Also ebenso vor drei Jahrzehnten.
Name in 2017 geändert
Im Oktober 2017 haben die Schultes den Namen ihres Geschäftes in „Schulte Getränke & Lebensmittel seit 1932“ geändert – vorher firmierte das Geschäft unter dem Namen „Nahkauf“. Auf rund 200 Quadratmetern verkaufen die Serkenroder Lebensmittel, Getränke und mehr. Die Öffnungszeiten und ein Kontakt zum Laden gibt’s auf der Internetseite unter www.schulte-lebensmittel.de
Leidtragende sind die vielen Kunden aus Serkenrode und den umliegenden Dörfern, die den Schultes seit Jahrzehnten die Treue halten. „Die meisten unserer Kunden haben Verständnis, sind aber auch traurig.“ Traurig darüber, dass Ende 2022 ihr Lebensmittelgeschäft mitten im Ort für immer die Pforten dicht macht. Und das Ehepaar Schulte seine Zeit dann mit Urlauben, die in der Vergangenheit immer zu kurz kamen, oder den eigenen Enkelkindern verbringen wird. Die Packung Milch oder den Brot-Aufschnitt müssen sich die Serkenroder dann in Eslohe, Fretter oder Bamenohl besorgen.