Kreis Olpe. Unterrichtsbeginn um 9 Uhr ist eine nette Idee: Sie scheitert im Kreis Olpe aber an vielen Hindernissen - nicht nur wegen des Busverkehrs.

Gute Idee - aber bei uns nicht umsetzbar. Das ist die einhellige Meinung von Schulleitungen und Eltern im Kreis Olpe zu einem flexiblen Schulbeginn im neuen Schuljahr, das am 10. August beginnt. Die Hoffnung vieler Schülerinnen und Schüler, morgens länger schlafen zu können und erst um 9 Uhr in die Schule zu müssen, wird wohl eine Hoffnung bleiben. Die neue NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte diese Option ins Spiel gebracht, entscheiden müssten vor Ort die Schulkonferenzen.

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Doch ob sich eine Schule im Kreis Olpe überhaupt darauf einlässt, ist eher unwahrscheinlich. „Die Idee gibt es ja schon lange und die Forschungsergebnisse sagen aus, dass dies auch sinnvoll sei, aber es müssen dafür ganz neue Strukturen geschaffen werden“, sagt Sabine Tigges, Schulleiterin der Sekundarschule Hundem-Lenne mit den beiden Standorten in Meggen und Kirchhundem. Sie verweist auf das Problem Schülerfahrverkehr (siehe Zweittext).

In England üblich

Schon in der Coronazeit gab es diese Idee, zusätzliche Busse einzusetzen, weil die Busse zu voll sind und die geforderten Abstandsgebote nicht einzuhalten waren. Der Vorschlag scheiterte damals. Darauf weist Jan Fabian Borys, Leiter des Gymnasiums Maria Königin in Lennestadt hin: „Das wäre vielleicht eine Option für fußläufige Schüler in den Städten, aber wir sind komplett mit Fahrschülern bestückt.“ Außerdem sei der Fahrverkehr mit dem GymSl abgestimmt. Die Schule könnte das also nicht alleine umsetzen.

„Eine schöne Idee, erst um 9 Uhr zu starten, in England ist das Gang und Gebe, aber er gibt viele Hindernisse“, findet auch Tatjana Vente, Vorsitzende des Fördervereins der Grundschule Kirchhundem und Mutter von drei schulpflichtigen Kindern (3., 6. und 7. Klasse). Sie denkt dabei neben dem Schülerfahrverkehr auch an zusätzliche Mittagsangebote für die Schülerinnen und Schüler in Form von Mensa oder Kiosk und an die Freizeitaktivitäten der Schüler am Nachmittag. Denn verspäteter Schulbeginn bedeute auch späterer Schulschluss, ganz abgesehen, dass die enggetakteten Abläufe morgens in den Familien ziemlich durcheinander gewirbelt würden, wenn ein Kind erst später zur Schule müsste. „Wenn die Kinder erst um 15.30 Uhr aus der Schule kommen, werden sie nicht sofort zum Sport, zum Musikunterricht oder zur Feuerwehr gehen, dafür bleibt weniger Zeit und würde zu Lasten der Vereine gehen.“

Auf dem Land schwierig

„In einer Stadt könnte das vielleicht funktionieren“, meint auch Birgitta Pieters, Schulleiterin des Städtischen Gymnasiums in Lennestadt. „Hier auf dem Land ist das an so viele Absprachen geknüpft, die das extrem schwer machen würden.“

Entwicklungsphysiologisch allerdings sei bewiesen, dass Kinder am späteren Vormittag aufnahmefähiger sind und besser lernen können als am frühen Morgen. Aaber von allen Seiten betrachtet ist unser System das Beste“, so Pieters.

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„Ich denke, dass das eher die weiterführenden Schulen betrifft. Ich glaube, dass das für uns nicht in Frage kommt“, sagt auch Wolfgang Linz, Leiter des Grundschulverbunds Wendener Land mit dem Hauptstandort Wenden und dem Teilstandort Rothemühle. Es gehe um eine verlässliche Betreuung gerade von Kindern im Grundschulalter: „Das hat ja auch mit der Arbeit der Eltern zu tun. Wenn die Eltern um 7.30 Uhr arbeiten, wer betreut dann die Kinder? Für uns macht das wenig Sinn.“ Der Schule von 8 bis 13 Uhr schließe sich der Offene Ganztag an, so Linz: „Dort werden immer mehr Kinder angemeldet. Der Betreuungsbedarf bei den Eltern ist groß.“

Er sei grundsätzlich dafür offen, dass das Thema diskutiert wird, doch müsse man das differenziert betrachten, sagt Markus Ratajski, Leiter des St. Ursula Gymnasiums in Attendorn: „Das ginge nur über ein gemeinsames Buskonzept in Attendorn. Es gibt mehrere Komponenten, die man berücksichtigen muss. Wir haben auch erlebt, dass viele Eltern auf dem Weg zur Arbeit ihre Kinder mit zur Schule bringen. Das hat gerade bei Corona eine bedeutende Rolle gespielt. Für viele würde zuhause ein Betreuungsproblem auftreten.“