Heinsberg. Jürgen Poggel hat mit dem Party-Hit „Layla“ auf der Orgel einen riesigen Hype ausgelöst. Wir besuchen ihn und seine Orgel zuhause.

Im Sauerland dürften einigen Leuten die Fachwerkhäuser gar nicht mehr auffallen. In Erinnerung bleibt meist jedoch, was dahintersteckt. Jürgen Poggels altes Fachwerkhaus begrüßt seinen Besucher mit Flügel und Orgel, die im offenen Flur mit hoher Decke ihre Heimat gefunden haben. „Die Orgel in Heinsberg war für mich schon früh etwas ganz Besonderes“, schweift der 55-Jährige, der kürzlich mit dem Party-Hit „Layla“ auf der Orgel einen riesigen Hype ausgelöst hat, in seinen Erinnerungen. Im Alter von zehn Jahren habe er das erste Mal an einer Heimorgel und an seinem 14. Geburtstag das erste Mal an der Kirchenorgel in Warstein gesessen. Damals war der Bruder seiner Oma dort Organist.

Begeistert von der Kraft dieses Instrumentes packte ihn der Ehrgeiz, so dass er bereits an Weihnachten desselben Jahres seine erste Messe in Heinsberg spielen durfte, erzählt er. Obwohl der erste Gedanke den Musikhochschulen des Landes gewidmet wurde, fand er 1988 den für sich besten Studienplatz in Siegen. „Meine musikalische Heimat ist die Nikolaikirche in Siegen“, sagt Poggel. Heute ist er davon überzeugt, dass ein kleines Studienfach wie Musik an der Universität eindeutig seine Vorteile habe: „Dort kann man am besten lernen – nämlich im Austausch“, sagt er. „Irgendwann kam dann der Punkt, an dem man nicht mehr zittert, sondern nur noch spielt und sich sicher ist: Ich mache das jetzt.“

Viele Musiker sagten ihm: „Mach lieber Schulmusik“

Ursprünglich standen der Flügel und die Heimorgel in Jürgen Poggels Hausflur in der Universität Siegen, an der er während seines Studiums in Siegen selbst schon musiziert habe. Später war er dort selbst lange als Dozent tätig. Heute lehrt er nicht mehr an der Universität, sondern hat seine Prioritäten anders gesetzt.

Der Vater von drei erwachsenen Kindern bekam früher im Musikunterricht – trotz aller Anstrengung – nie die besten Noten, erzählt er mit einem Lächeln. Heute – als Lehrer an der Sekundarschule Hundem-Lenne – ist er davon überzeugt, dass Sternstunden die Unterrichtsstunden sind, in denen auch wirklich musiziert wird, selbst wenn es nur „banales“ trommeln sei. „Dieser Klassengeist, der dabei entsteht...“, gerät er ins Schwärmen. Auch aus diesem Grund ist er sich sicher: „Musik geht immer. Vor 20 Jahren, vor der Pandemie und auch nach der Pandemie.“

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Die Orgel ist etwas Besonderes für ihn. „Die Orgel, die ist majestätisch“, erklärt er. Ob leise oder laut. Sie habe die Kraft, Menschen zu berühren und sie zum Singen zu animieren. Bis heute habe er schon auf vielen Orgeln auf der ganzen Welt spielen dürfen und berichtet von vielen verschieden Konzerten und Messen. „Mittlerweile bekomme ich Gänsehaut“, erklärt er.

Doch wie geht Jürgen Poggel eigentlich mit dem ganzen Ruhm um? Er selbst habe ein paar Tage später die Rückmeldung bekommen, dass es ganz gut ankommen würde. Während des Heinsberger Schützenfestes nahm die Sache dann ihren Lauf. Kinder und Schüler aus dem Dorf erzählten ihm vom TikTok-Video. Obwohl ihn schon einige Rückmeldungen aus ganz Deutschland erreichten, habe er sich trotzdem gefragt, wie das Video schließlich die Plattform erreichte, so der Sauerländer.

Plötzlich wurde er nicht mehr als ehemaliger Schützenkönig angekündigt – sondern als „TikTok-Star“. Jürgen Poggel erzählt, dass er gerne Schützenkönig gewesen sei, dennoch: „Mein Part ist hinter dem Instrument“, lächelt er. Es gehe nicht um die Aufmerksamkeit. Die Leute würden ihm nach diesem „Rummel“ mit dem Video zwar schnell und öfter erkennen, jedoch sei es ist nicht so schlimm, wie anfangs gedacht.

Stücke, die die Leute bewegen

Jürgen Poggel hat mit „Layla“ auf der Orgel einen riesigen Hype ausgelöst. Aber er spielt natürlich auch andere Stücke. Mit Leidenschaft. „Ich gebe den Leuten etwas durch die Musik“, weiß der Herzblutmusiker. „Narcotic“ (ein Song der Band „Liquido“) sei eines dieser Stücke, die die Leute bewegen. „Alle springen und eben diese Kraft, die alle zusammen erzeugen, die spürt man selbst auf der Bühne“, freut sich der 55-Jährige. Er selbst spiele immer gerne Stücke, die sich die Leute wünschen. Aber nie das gleiche Programm. Ob etwas von Santana, etwas Klassisches oder „Eye Of The Tiger“ von „Survivor“. Jürgen Poggels Spitzname lautet übrigens „Tiger“.

Ganz am Anfang habe er sich rangetastet, ob diese Lieder den Menschen in der Kirche gefallen und verweist auf seinen etwas „spitzbübigen“ Gesichtsausdruck am Ende des kompletten Videos in der Welschen Ennester Kirche als er die Reaktion der Menschen abwartet.

Die Rückmeldungen seien eigentlich durchweg positiv. „Ich werde es weiter machen, wenn es die Leute so wollen“, erklärt Poggel. Er sei dankbar, auch demütig, dass er für Menschen spielen dürfe. Es gehe dabei auch um Lebensfreude und Lustigkeit, die die Musik den Menschen geben kann.

So wie das „Layla-Video“ nur ein kleiner Ausschnitt aus dem kompletten Video ist, ist es auch nur ein Ausschnitt aus Jürgen Poggels musikalischem Werdegang und Leben. Ein Mensch , der eben mehr ist als der Mensch, der Party-Schlager auf der Kirchenorgel spielt.