Hünsborn. Alle Versuche, einen Nachfolger für die Kunibertus-Apotheke in Hünsborn zu finden, scheiterten. Ein Apotheker sorgt jetzt für eine Alternative.
Beim Besuch dieser Redaktion vor knapp drei Jahren hatte Friedrich Prinz von seiner jahrelangen verzweifelten Suche nach einem Nachfolger für seine Kunibertus-Apotheke in Hünsborn berichtet. „Ich würde sie fast verschenken“, hatte der Apotheker im Rentenalter damals sogar gesagt. Doch auch alle weiteren Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt. Das Aus der Apotheke ist jetzt besiegelt, das letzte Rezept ist Mitte Juli über die Theke gegangen. „Game over“ steht auf einem Plakat im Schaufenster. Um die Versorgung der Patienten in Hünsborn auch in Zukunft sicherzustellen, sorgt jetzt Markus Brinker für ein neues Angebot. Gegenüber der Arztpraxis Spieren hat der Apotheker aus Wenden eine sogenannte „Pick-Up-Stelle“ (Sammelbox) für Rezepte aufgestellt.
Er sei dem Ort Hünsborn eng verbunden, sagt der Apotheker, der unter anderem lange Jahre Vorsitzender des Luftsportvereins war: „Ich kenne viele Hünsborner und auch die Sorgen und Nöte, die nach der Schließung der Apotheke an mich herangetragen worden sind. Das hat zu einer Verschlechterung der Arzneimittel-Versorgung geführt und ich habe mit meinem Team darüber beraten, wie man eine pragmatische Lösung für die Einwohner, die krank, immobil sind oder kein Auto haben, finden könnte. Das geht praktisch nur über eine deutliche Ausweitung des regionalen Botendienstes.“
Gegenüber der Arztpraxis
Zunächst habe er vor einigen Wochen bei der Apothekenkammer Westfalen-Lippe in Münster eine Rezeptsammelstelle beantragt. Diese sei ihm aber erwartungsgemäß abgelehnt worden, so Brinker. Gründe: So muss zum Beispiel der ÖPNV schlecht ausgebaut sein und die Entfernung vom Ortsmittelpunkt bis zur nächsten Apotheke muss mindestens sechs Kilometer betragen. Das wäre in Hünsborn mit über 3500 Einwohnern, einer großen Allgemeinarztpraxis und einem Zahnarzt nicht gegeben gewesen.
Der Wendener Apotheker fand dann eine andere Lösung: „Da ich im Besitz einer Versandhandelserlaubnis bin, fiel mir ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig aus 04/2020 ein. Eine Apotheke mit Versandhandelserlaubnis darf in ihrem Einzugsbereich Rezepte in einer Box bzw. einem Briefkasten einsammeln und die Arzneimittel anschließend über eigene Boten bzw. apothekeneigenes Personal ausliefern.“
Es sei jedoch nicht erlaubt, eine solche Sammelbox direkt auf dem Grundstück eines Arztes aufzustellen: „Ich habe mit dem Unternehmer Ramiz Kastrati gesprochen, der meinte, dass das eine gute Idee sei.“ Somit steht die „Pick-Up-Stelle“ bzw. Sammelbox nun auf dem Grundstück gegenüber der Arztpraxis Spieren. „Es ist eine gute Möglichkeit, den Hünsbornern das Leben ein bisschen zu erleichtern“, meint Markus Brinker.
Zwei Briefkästen
Und das Ganze funktioniert so: Patienten können zwei Briefkästen wählen: Abholung der Medikamente in Brinkers Marien-Apotheke in Wenden oder Auslieferung per Botendienst oder Versand. Zusätzlich können die Patienten auf ausliegenden Briefumschlägen noch Extrawünsche, zum Beispiel wenn auch noch ein rezeptfreies Arzneimittel ausgeliefert werden soll, oder andere Informationen notieren und mit dem Rezept einwerfen. „Die Leerung erfolgt werktags gegen Mittag und Abend. In der Regel können die Medikamente so am gleichen, spätestens aber am Folgetag zur Verfügung gestellt werden“, sagt Brinker.
Die an zentraler Stelle angebrachte Box habe den Vorteil, dass man nicht nur Rezepte von hiesigen Arztpraxen, sondern auch Rezepte von entfernten Facharztbesuchen einwerfen könne, erläutert Brinker: „So kann man sich unnötige Wege in die Apotheke sparen. Bei den derzeitigen Energiepreisen ein schlagfertiges Argument. Wir setzen demnächst nur noch CO2 neutrale eAutos als Botendienstfahrzeuge ein, die mit eigener Photovoltaik geladen werden. Der Kunde braucht also kein schlechtes Gewissen haben, wenn wir für ihn unterwegs sind. Ich habe dieses Konzept nicht erfunden, allerdings erschien es mir für Hünsborn als eine gute Option.“
In der ersten Woche haben bereits einige Hünsborner und auch Leute aus der Umgebung von der Möglichkeit der Pick-Up-Stelle Gebrauch gemacht. Der Text auf einem Briefumschlag in der Box sorgte dabei für Schmunzeln beim Apotheker. „Ich hätte gerne eine hübsche Freundin“, so der Extrawunsch eines „Patienten“.
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Vor fünf Jahren hatte Markus Brinker übrigens selbst überlegt, die Kunibertus-Apotheke in Hünsborn als Filiale zu übernehmen. „Wir haben uns unterhalten“, erzählt er. Problem sei jedoch gewesen, einen Filialleiter zu finden. Zudem gebe es eine Anwesenheitspflicht von 1,5 Apothekern: „Das Risiko war zu hoch. Das hält viele davon ab, eine Filiale zu übernehmen.“
Nun ist Markus Brinker also mit seiner „Pick-Up-Stelle“ in Hünsborn vor Ort. Er habe den Kasten aber erst aufgestellt, als Mitte Juli das letzte Rezept bei Friedrich Prinz in der Kunibertus-Apotheke eingelöst worden war, betont er: „Wir hatten immer ein gutes Verhältnis. Das wäre unkollegial gewesen.“