Hünsborn. Das Rentenalter hat Friedrich Prinz erreicht, doch der 67-Jährige in Hünsborn findet keinen Nachfolger. Er würde seine Apotheke fast verschenken.

Monika und Friedrich Prinz gehören zu Hünsborn wie der Zwiebelturm, das Wahrzeichen des zweitgrößten Ortes in der Gemeinde Wenden. Seit 33 Jahren betreiben sie die Kunibertus-Apotheke an der Siegener Straße. Jeder kennt und schätzt sie im Dorf. Mittlerweile ist Friedrich Prinz 67 Jahre alt, seine Frau ein Jahr jünger. Eigentlich könnte das Ehepaar in den verdienten Ruhestand gehen. Doch weit und breit ist kein Nachfolger in Sicht. Niemand will die Apotheke in Hünsborn übernehmen.

Die Geschichte beginnt im Saarland. Die in Saarbrücken geborenen Monika und Friedrich Prinz studieren dort Chemie, doch die Berufsaussichten sind in den 80er Jahren schlecht. Deshalb hängen beide noch ein Pharmazie-Studium dran und erfüllen sich den Traum von einer eigenen Apotheke. „Meine Frau entdeckte eine Anzeige in einer Fachzeitung. Der damalige Hünsborner Arzt Werner Spieren wollte unbedingt eine Apotheke im Ort haben“, sagt Friedrich Prinz. Die Chemie stimmte für die beiden Chemiker, als sie sich in Hünsborn umschauten und Werner Spieren kennenlernten: „Er war uns sofort sympathisch.“ Vor 33 Jahren gründeten sie dann die Apotheke, die heute keiner haben will.

Sogar Makler eingeschaltet

Einstufung als Engpassberuf

Fast 1.400 Apotheken-Inhaber mit 1.800 Apotheken sind Mitglied im Apothekerverband Westfalen-Lippe. Insgesamt gibt es in der Region 1.900 Haupt- und Filialapotheken.

Die Apotheken-Inhaber beschäftigen mehr als 16.000 Mitarbeiter.

Die Bundesarbeitsagentur stuft den Apotheker-Beruf als Engpassberuf ein.

„Eigentlich hatten wir geplant, mit 65 als Rentner aufzuhören und die Apotheke zu verkaufen“, sagt Monika Prinz. Doch für eine Apotheke auf dem Land gibt es keinen Markt. „Junge Apotheker lassen sich anstellen, gehen in die Industrie oder Verwaltung. Sie sagen sich: Warum soll ich mich selbstständig machen? Ich verdiene als Angestellter mindestens genau so viel wie der Inhaber einer Apotheke oder sogar mehr“, berichtet Friedrich Prinz, der die Politik kritisiert: „Da ist alles kaputt gespart worden.“ Man sei nur noch Gehilfe der Krankenkassen und des Computers, betont seine Frau Monika: „Es gibt Tausende Vorschriften, wo man sich durchwurschteln muss. Es heißt, die Apotheker verdienen massenhaft, aber unter dem Strich kommt nichts an.“ Bei Arzneimitteln gebe es mittlerweile einen gewaltigen Preiswettbewerb.

Beim Besuch unserer Zeitung meint Friedrich Prinz sogar: „Ich würde die Apotheke fast verschenken.“ Das Ehepaar Prinz möchte einfach, dass es auch weiterhin die Apotheke an der Siegener Straße gibt, die sie aufgebaut haben, und die Menschen dort weiter gut versorgt werden. Einmal haben sie sogar einen speziellen Makler eingeschaltet. „Der hat gesagt: Entlassen Sie erstmal Leute, damit die Bilanz noch besser ist. Wer dann die Arbeit machen soll, hat er aber nicht gesagt“, erzählt Friedrich Prinz. Neben seiner Frau arbeiten noch weitere sechs pharmazeutische Kräfte in der Apotheke.

Dankbarkeit der Menschen

Aufgeben will das Ehepaar Prinz nicht. „Wir wollen, dass es weitergeht“, betont der 67-Jährige. Es ist auch die Dankbarkeit der Menschen im Ort, die sie weitermachen lässt. „Man wird hier wertgeschätzt. Wir kennen alle Leute persönlich. Das gibt man nicht so einfach auf“, betont Friedrich Prinz. Als sich im Dorf herumgesprochen habe, dass sie aufhören wollen, hätten sich die Menschen bedankt mit Plätzchen, so Monika Prinz: „Das baut einen auf. Das zeigt, dass man gute Arbeit geleistet hat.“

Keine Frage: Eine Apotheke auf dem Land kann man nur mit viel Herzblut betreiben. „Wir kümmern uns um alles. Nicht immer haben die Leute ein Auto. Dann holen wir Rezepte ab und bringen ihnen die Medikamente“, sagt Monika Prinz. An der Siegener Straße gibt es für Kunden, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, sogar so etwas wie einen Apotheken-Drive-Inn. „Die Menschen rufen an, bleiben draußen im Auto sitzen, wir kommen raus und geben ihnen die Medikamente ins Auto“, so die 66-Jährige.

Mit Heidelbeeren bedankt

Ein Erlebnis hat das Apotheker-Paar in den 33 Jahren am meisten beeindruckt. Eine Frau sei in die Apotheke gekommen und habe um ein Mittel für ihren Mann gebeten, weil er schon seit Wochen huste. Friedrich Prinz weigerte sich jedoch und schickte den Mann zum Arzt, der ein Lungenkarzinom diagnostizierte. „Er ist operiert worden und hat danach noch 20 Jahre gelebt. Er hat sich bei uns bedankt und uns eine Schüssel mit selbst gesammelten Heidelbeeren gegeben, weil wir ihm das Leben gerettet haben“, erzählt der 67-Jährige.

Monika und Friedrich Prinz geben den Kampf um ihre Apotheke nicht auf. „Sicher, irgendwann ist Ende. Wir haben uns eine Deadline gezogen. Vier Jahre werden wir noch durchhalten. Ich hoffe, dass sich dann jemand findet. Die Rahmenbedingungen in Hünsborn sind ja gut. Hier gibt es alles, was man zum Leben braucht“, meint Apotheker Friedrich Prinz.