Kreis Olpe/Lenhausen. 2023 will die St. Anna-Bruderschaft Lenhausen das Kreisschützenfest ausrichten. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen wie explodierter Zeltpreise.

Wird das Feiern von Schützenfesten in großen Zelten bald unerschwinglich werden, weil Inflation, Mindestlohn und Spritkosten die Preise durch die Decke gehen lassen? Das in den vergangenen Tagen aufgeschlagene Gerücht, die St. Anna-Schützenbruderschaft Lenhausen mache sich deshalb Sorgen um die Ausrichtung des Kreisschützenfestes im nächsten Jahr, weisen die Lenhauser von sich. Vorsitzender André Zepke blickt trotz der Preisspirale optimistisch auf das große Fest, das eigentlich schon 2021 hatte stattfinden sollen, wegen Corona aber verschoben werden musste.

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Zepke übermittelte unserer Redaktion eine umfassende Stellungnahme zum Thema Kreisschützenfest 2023. Dort heißt es unter anderem: „Auch, wenn sich die Vorzeichen seit unserer Bewerbung mit der Pandemie und dem Ukraine-Krieg verschlechtert haben, stellen wir uns der großen Herausforderung, diese Veranstaltung zu organisieren. Dafür benötigen wir aber die Hilfe aller Lenhauser*innen und Frielentroper*innen, die wir im Herbst dieses Jahres ansprechen werden.“ Während der letzten Vorstandssitzung (10. Juni) und der Generalversammlung (17. Juni), so Zepke weiter, habe sich der Verein zur Großveranstaltung bekannt. Zepke: „Wir haben besprochen, dass wir das Vorhaben Kreisschützenfest 2023 in Lenhausen voll motiviert angehen.“ Aber, so Zepke weiter: „Wir können die neuen Rahmenbedingungen, Corona, Ukraine-Krieg, Lieferengpässe, Inflation…, nicht ignorieren. Das heißt, wir können nicht so planen, wie wir es zu normalen Zeiten, wie zum Beispiel zum Zeitpunkt unserer Bewerbung getan hätten.“ Deshalb müsse sich der Verein mit seinem Partner, der Krombacher Brauerei, mit den erschwerten Rahmenbedingungen beschäftigen und „dabei auch die worst-case-Szenarien durchspielen.“ Man wolle sich später nicht vorwerfen lassen, „blauäugig an die Sache herangegangen zu sein und die Bruderschaft „in unruhiges Fahrwasser gebracht zu haben.“ Eine von mehreren Fragen, die der Verein nicht völlig ausblenden könne: „Was, wenn die Kosten für das Leihen der Zelte exorbitant ansteigen?“ Alle diese Überlegungen gingen jedoch keinesfalls in die Richtung, das Fest absagen zu wollen. Zepkes Fazit: „Wir wollen die Veranstaltung den äußeren Umständen entsprechend bestmöglich vorbereiten, um es in jeder Hinsicht zu einem Erfolg werden zu lassen.“

Preissprünge wie noch nie

Von welcher Kosten-Größenordnung momentan bei den Zeltverleihern ausgegangen werden kann, bestätigen mehrere alteingesessene Akteure: „Die Unterkante dessen, was derzeit aufgerufen wird, liegt bei etwa 13 Euro pro Quadratmeter Zeltfläche“ sagte Manfred Lütticke aus Drolshagen (Zelte Lütticke). Diese Preise könnten deutlich nach oben schnellen, wenn sich Schützenvereine eines Unternehmens „von weiter weg“ bediene, weil in der heimischen Region die Kapazitäten fehlten: „In den vergangenen Jahren haben viele Zeltverleiher aufgehört, aus unterschiedlichen Gründen“, weiß Lütticke.

2023 wird Kreisschützenbund 100 Jahre alt

Das Kreisschützenfest des Kreisschützenbundes Olpe findet normalerweise alle drei Jahre statt.

2015 richtete die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Helden die Großveranstaltung aus, 2018 der Schützenverein St. Blasius Grevenbrück.

Die St. Anna-Schützenbruderschaft Lenhausen hatte sich eigentlich für das Kreisschützenfest für 2021 beworben, musste das wegen der Corona-Pandemie allerdings abblasen.

Allerdings nicht bis 2024. Denn der Kreisschützenbund Olpe wird im nächsten Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern. Und deshalb findet das Kreisschützenfest im Jubiläumsjahr 2023 statt - und zwar in Lenhausen.

Ein renommierter Anbieter ist die Firma „Späth - Zelte und Hallen“ aus Grevenbroich am Niederrhein. Ein Späth-Mitarbeiter bestätigt auf Anfrage die von Lütticke genannten 13 Euro pro Quadratmeter als realistisch: „Die Kosten sind enorm gestiegen. Wir haben viele Mitarbeiter aus dem osteuropäischen Raum, die vor Corona noch für 8 Euro die Stunde gearbeitet haben, denen müssen wir jetzt 12 Euro zahlen, also eine Steigerung von 50 Prozent.“ Dazu kämen die extremen Dieselpreise von derzeit 2 Euro je Liter. Und: „Wenn wir Holz für die Zeltböden kaufen müssen oder Aluminiumteile, sieht es nicht anders aus.“

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Eine Mitarbeiterin der Firma Zelte Müller aus Hachenburg spricht ebenfalls von einer Kostenlawine: „Für eine Zeltkapazität von rund 5.000 Quadratmetern müssten wir 9 bis 10 Lkw-Züge bestücken, die verbrauchen jeweils rund 40 Liter Diesel auf 100 km.“ Aber auch andere Kostenfaktoren zeigten nur in eine Richtung: „Solche Preissprünge haben wir noch nie erlebt.“

Über 50.000 Euro realistisch

Wie viel Zelt braucht ein Kreisschützenfest? Kreisschützenoberst Markus Bröcher: „4.000 Quadratmeter dürften wohl nötig sein.“ Jörg Sieler, Geschäftsführer der St. Anna-Schützenbruderschaft Lenhausen, kalkuliert mit noch mehr Platz: „Wir müssen damit rechnen, dass wir nach dem Festzug eine Zeltkapazität für 4.500 bis 5.000 Menschen stellen müssen.“ Aber auch bei „nur“ 4.000 Quadratmetern und einem Preis von rund 13 Euro (siehe Haupttext) wäre allein das ein Kostenfaktor von 52.000 Euro. Wobei niemand weiß, wie sich die Preisspirale noch weiter dreht.

Vor diesem Hintergrund ist der gewählte Begriff „Worst Case-Szenario“ von Lenhausens Schützenchef André Zepke nachvollziehbar. Denn niemand in Lenhausen dürfte bereit sein, das Risiko einzugehen, die Bruderschaft für ein Kreisschützenfest finanziell vor die Wand zu fahren. Zum Vergleich: Laut unseren Recherchen lag der Kostenrahmen für die Festzelte des Kreisschützenfeste 2018 in Grevenbrück bei um die 30.000 Euro. Kreisschützenoberst Markus Bröcher verspricht den Lenhausern Hilfe: „Über die Höhe des Zuschusses seitens des Kreisschützenbundes muss gesprochen werden. Das Thema wird bei der Delegiertenversammlung, die im März 2023 stattfindet, auf der Tagesordnung stehen.“