Kreis Olpe. Erst Corona-Protestler, jetzt Putin-Anhänger: Querdenker aus dem Kreis Olpe verbreiten Verschwörungsmythen zum Ukraine-Krieg. Ist das strafbar?

Verschwörungstheorien halten sich hartnäckig. Vor allem in der Zeit, in der strengere Corona-Maßnahmen griffen, traten sie vermehrt in die öffentliche Wahrnehmung. In Sozialen Medien – vor allem im weniger regulierten Nachrichtendienst „Telegram“ – tauschten sich Corona-Leugner und -Demonstranten aus, organisierten und verabredeten sich zu „Corona-Spaziergängen“ im Kreis Olpe. Weil die meisten Maßnahmen aufgehoben wurden, haben auch die Diskussionen darüber stark nachgelassen. Allerdings gibt es in diesen lokalen Gruppen ein neues Thema, zu dem krude Theorien gesponnen werden: Putin und der Ukraine-Krieg.

Bislang keine Pro-Putin-Kundgebungen im Kreis Olpe

Verfolgte die Kreispolizeibehörde Olpe die Kommunikation im Rahmen der Organisation der „Corona-Spaziergänge“ noch sehr genau, ist der Anspruch nun ein anderer: „Bei den ‘Spaziergängen’ gab es konkrete Vorfälle, die wir beobachtet haben, um bei einer Gefährdung rechtzeitig einschreiten zu können. Diese konkreten Anlässe sind im Fall der Verschwörungstheorien rund um den Ukraine-Krieg nicht gegeben“, sagt Thorsten Scheen, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Olpe. Es habe im Kreis Olpe bislang weder Androhungen, gewalttätige Auseinandersetzungen oder Pro-Putin-Kundgebungen gegeben noch seien welche geplant. „Damit will ich nicht sagen, dass es es dieses Problem im Kreis Olpe nicht gibt“, so Scheen. Allerdings sei hier aus diesen Verschwörungstheorien noch nichts Gewalttätiges gewachsen.

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Das „Monitoring“ – also das Überwachen und Kontrollieren der Kommunikation – werde wegen der fehlenden konkreten Gefährdung nicht mehr von den Polizeibeamten in Olpe übernommen. Das falle nun in den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Zumindest stichprobenartig. Und tatsächlich ist auffallend, dass es „mehrheitlich pro-russische Narrative sowie die Verbreitung von Desinformationen in entsprechenden Telegram-Kanälen“ gibt, wie eine Sprecherin des Verfassungsschutzes auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt.

Dazu hat das Innenministerium im April einen Sonderbericht veröffentlicht. Das Thema: „Verschwörungsmythen und ‘Corona-Protestler’“. In dem gut 90-seitigen Papier wird auch das Milieu der Pro-Putin-Anhänger aufgegriffen und wie sich die Kommunikation seit dem Angriffskrieg in der Ukraine entwickelt hat. Einige Protestler implementierten „Verschwörungstheorien, um das Agieren Russlands zu rechtfertigen beziehungsweise vermuten hinter dem gesamten Krieg die Vorbereitung des sogenannten ‘Great Reset’“. Damit ist ein Narrativ gemeint, wonach „Eliten“ aus Politik und Finanzen für die pandemische Lage verantwortlich seien und diese für ihre eigene Zwecke nutzen würden. Allein in der Telegram-Gruppe „Das sind wir Olpe“ sind dazu über 200 Eintragungen zu finden. Unter anderem ist die Rede davon, dass der „Great Reset“ mit dem Ukraine-Krieg in seine zweite Phase eingetreten sei – nach der Corona-Pandemie. Über 300 Mitglieder sind in der Telegram-Gruppe vertreten.

Demokratieverachtende Ideologie

Ein weiteres Themenfeld, das zuletzt für Aufmerksamkeit sorgte: die Störungen von Wahlkampfveranstaltungen. Auch auf dem Olper Marktplatz fanden sich am 2. Mai Dutzende Besucher aus der Querdenker- und Verschwörungstheoretiker-Szene zusammen, um gezielt den Wahlkampf von Friedrich Merz, Hendrik Wüst und Markus Söder zu sabotieren. „Von diesen Störungen waren alle politischen Parteien betroffen. Das zeigt, dass Teile der Corona-Protestler-Szene weit über legitimen Protest hinaus gehen und eine zutiefst demokratieverachtende Ideologie transportieren“, so eine Sprecherin des Verfassungsschutzes.

Laut Strafgesetzbuch stellt das Verbreiten von Verschwörungstheorien keinen Straftatbestand dar. Die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit soll Raum zur Entfaltung bieten – auch für Ansichten, die aus der Sicht der Mehrheit abwegig sind. Dennoch können – je nach Art der Verschwörungstheorie – Sanktionen für die verantwortlichen Personen erfolgen. Dabei geht es beispielsweise um Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, Volksverhetzung, Üble Nachrede oder Verleumdung.