Kirchveischede/Kreis Olpe. Wolfsgegner sind sich sicher: „Es hat hier auch schon Tierrisse gegeben, aber das wird unter dem Deckmantel gehalten.“

Kühles Bier und gegrillte Bratwurst, dazu Jagdhornklänge am Lagerfeuer - Jagdromantik und -idylle pur. Doch der Schein trügt. Das Treffen am letzten Wochenende auf dem Hof Heer in Kirchveischede hatte einen anderen, ernsten Hintergrund. Seit fünf Jahren kommen hier einmal im Monat Weidetierhalter mit Jägern und Sympathisanten zum „Wolfsfeuer“ - einer Solidar- und Mahnwache gegen die ungezügelte Ausbreitung des Wolfes in unseren Wäldern, zusammen. Die Tierhalter sind überzeugt: Der Wolf ist da.

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Die Aufregung nach der letzten Wolfssichtung vor etwa zwei Monaten an der A 45 in Drolshagen hatte sich schnell wieder gelegt. Für Josef Heer, Landwirt aus Kirchveischede, und Heinrich Junge, Schafzüchter aus Bruchhausen, war der Vorfall ein weiterer Beweis, dass das „Raubtier“ näher kommt. „Dass wir den Wolf schon hier haben, kann niemand leugnen“, ist Landwirt Heer überzeugt: „Es hat hier auch schon Tierrisse gegeben, aber das wird unter dem Deckmantel gehalten.“ „Vor zwei Jahren wurden in Olpe und Wenden Rehe gerissen“, pflichtet ihm Heinrich Junge bei.

Seit fünf Jahren treffen sich Weidetierhalter und Jäger jeden zweiten Freitag im Monat zum
Seit fünf Jahren treffen sich Weidetierhalter und Jäger jeden zweiten Freitag im Monat zum "Wolfsfeuer" auf dem Hof Heer in Kirchveischede.  © Volker Eberts

Das Problem sei nicht der Verlust eines Tiers. „Aber wenn ein Rudel Wölfe in eine Herde geht, dann bricht dort sofort Panik aus, die Tiere fliegen durch die Zäune auf die Straßen.“ Wenn es dann zu einem Unfall komme, wie vor einiger Zeit Sachsen, wo Wölfe eine Pferdeherde jagten, dann könne der Landwirt einpacken, weil die Versicherung sagen würde, er habe seine Herde nicht richtig gesichert. Während das Blasorchester des Hegerings Bilstein einen Jägermarsch anstimmt, zeigen die beiden Videos von gerissenen Nutztieren, nach denen der Appetit auf die Bratwurst schnell vergeht.

Fast 4000 Nutztiere angegriffen

3959 getötete und verwundete Nutztiere habe es allein 2020 in Deutschland gegeben, hat Schafzüchter Junge recherchiert. Offiziell wurden Ende 2021 in Deutschland 157 Wolfsrudel mit rund 400 erwachsenen Tieren erfasst - 26 Rudel mehr als im Vorjahr. Andere Quellen sprechen von rund 2000 Wölfen, vorwiegend in den östlichen Bundesländern. Für Heinrich Junge ist es nur eine Frage der Zeit, bis immer mehr Wölfe im Sauerland an den Weidezäunen stehen. Immerhin könne ein Wolf 50 bis 70 Kilometer pro Nacht zurücklegen.

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Dass es kaum Nachrichten über Wolfssichtungen gibt, hat für die Wolfsgegner einen einfachen Grund. Das Tier werde konsequent verharmlost. „Für die Allgemeinheit ist der Wolf ein harmloses, geradezu hochheiliges Tier, vor allem Städter sind pro Wolf“, sagt Josef Heer. Verbände, Behörden und auch die Politik duckten sich weg, wenn es um den Wolf gehe, eine Folge der unermüdlichen Lobbyarbeit von vermeintlichen Tierschützern.

Das Bläsercorps des Hegerings Bilstein  auf dem Hof Heer in Kirchveischede. 
Das Bläsercorps des Hegerings Bilstein auf dem Hof Heer in Kirchveischede.  © Volker Eberts

„Der Wolf wird regelrecht glorifiziert“, sagt auch Peter Schauerte, Jäger und stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft Olpe: „In 2021 wurden in NRW zehn Millionen Euro für Schutzmaßnahmen vor offiziell zwei Wölfen ausgegeben, das steht doch in keinem Verhältnis.“

Die Wolfsgegner fordern, dass der hohe Schutz, den das Tier genießt, reduziert wird. Ein illegaler Abschuss eines Wolfes könne derzeit mit Strafen bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Aber den Wolf unters Jagdrecht zu stellen, löst bei Jagdpächtern wenig Begeisterung aus, denn dann sind diese bei möglichen Schäden mitverantwortlich.

Eine Lösung des Wolfskonflikt ist derzeit nicht in Sicht, so werden auf dem Hof Heer in Kirchveischede auch in Zukunft die „Wolfsfeuer“ brennen, am jedem zweiten Freitag im Monat.

Vorbild in Niedersachen

Die Aktion „Wolfsfeuer“ geht auf ein Initiative der Weidetierhalter im nord-östlichen Niedersachsen zurück, die 2017 nach mehreren Wolfsrissen von Nutztieren deutschlandweit zu Mahn- und Solidarfeuern gegen die uneingeschränkte Ausbreitung von Wölfen aufgerufen hatten.

Dass das Bläsercorps des Hegerings Bilstein beim Wolfsfeuer auftrat, hat einen anderen Hintergrund. Es war vor allem als Ständchen für Landwirt und Jäger Josef Heer gedacht, der im letzten Jahr 50-jährige Mitgliedschaft im Hegering feierte. Seine Ehrung konnte aber wegen der Pandemie nicht stattfinden.