Kreis Olpe. Aus dem Kreis Olpe ziehen gleich drei Kandidaten in den Landtag ein. Die neuen Abgeordneten sprechen über mögliche Koalitionen und Streitpunkte.

Gleich drei Landtagsabgeordnete stellt der Kreis Olpe für die kommende Legislaturperiode. Jochen Ritter (CDU), Dr. Gregor Kaiser (Grüne) und Christin Marie Stamm (SPD) vertreten in Zukunft die heimischen Interessen in Düsseldorf. Dass aus dem kleinsten Kreis NRWs drei Landtagsabgeordnete gleichzeitig bzw. bei einer Wahl in den Landtag gewählt wurden, das gab es noch nie. Die Redaktion hat mit Jochen Ritter, Dr. Gregor Kaiser und Christin Marie Stamm über mögliche Regierungskonstellationen, Gemeinsamkeiten und Reibungspunkte gesprochen.

Dr. Gregor Kaiser (Grüne): „Da spielen Farben erstmal keine Rolle“

Dr. Gregor Kaiser hatte mit einem guten grünen Ergebnis schon gerechnet. Bereits einige Wochen vor der Wahl suchte er per Stellenanzeige einen Mitarbeiter, der ihn bei der Führung des elterlichen Forstbetriebs entlastet. „Leider habe ich noch niemanden gefunden“, so der frisch gewählte Landtagsabgeordnete. Angesichts der Prognosen von 16 bis 18 Prozent sei „ein bisschen Vorbereitung“ auf den neuen Alltag schon sinnvoll gewesen. „Ich wusste, bei 14,5 Prozent bin ich dabei, da kann man schon etwas vorplanen.“ Obwohl der Oberelsper Land- und Forstwirt und Sozialwissenschaftler bei seinen letzten beiden Kandidaturen, 2017 für den Landtag (6,79 Prozent) und 2020 für den Bürgermeistersessel in seiner Heimatstadt Lennestadt (13 Prozent) nicht gerade auf einer Woge des Erfolgs ritt. „Ich glaube, die Wahlen und die Stimmung bei jeder Wahl sind nicht vergleichbar. Jede Wahl ist zu ihrem Zeitpunkt besonders und einzigartig. Vielleicht liegt es daran, dass die Leute mich eher mit inhaltlich konstruktiver Arbeit verbinden als mit Verwaltung, ohne das als Kritik an Verwaltung verstanden zu wissen.“

Dr. Gregor Kaiser zieht jetzt als Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen in den Landtag ein.
Dr. Gregor Kaiser zieht jetzt als Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen in den Landtag ein. © Privat

Am Dienstag und Mittwoch trifft sich Kaiser mit der neuen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, dann kollidiert sein neues Mandat zum ersten Mal mit seinem Kalender als Ratsmitglied in Lennestadt, denn dort tagt am Mittwochabend der Stadtrat. Ob er auf Dauer Ratsmandat und Fraktionsvorsitz behalten wird, sei aber noch nicht entschieden. „Da kann ich im Moment nichts zu sagen.“ Die Fraktion trifft sich am Montagabend. Sprecher der AG „Es Tut sich Was“, die sich gegen Rassismus und Intoleranz einsetzt, will er auf jeden Fall bleiben, wurde erst vor zwei Wochen wiedergewählt.

Der 47-Jährige will sich auch keine Zweit-Wohnung am Rhein suchen, wird also pendeln und – wenn nötig – bei Freunden übernachten. „Wir müssen mal gucken, wie sich das alles entwickelt“, sagt er. Klar sind dagegen die Präferenzen als Berufspolitiker: „Meine Schwerpunktthemen sind unter anderem Wald und Landwirtschaft.“ 39 statt 14 Mandate im Landtag sei für die Grünen ja auch eine ganz andere Nummer. Der dreifache Familienvater will aber auch in Zukunft Anwalt des ländlichen Raums bleiben. „Ich bin auf Landes- und auf Bundesebene Sprecher der Arbeitsgemeinschaften Ländlicher Raum. Das wird auch zentrales Thema meiner Politik bleiben. Da werden Lebensmittel produziert, da kommt das Holz her, da gibt es einen schlechten ÖPNV und eine schlechte digitale Infrastruktur, also muss man da ran.“

Dass Kaiser bereits den „Politiker-Sprech“, wie er es selber nennt, drauf hat, beweist er bei der Frage nach seiner persönlichen Lieblingskoalition: „Wir haben ein gutes grünes Ergebnis, jetzt geht es um Inhalte und Ziele und wie wir das meiste umgesetzt kriegen.“ Dazu werden die Grünen mit allen demokratischen Parteien sprechen. „Da spielen Farben erst einmal keine Rolle.“

Christin Marie Stamm (SPD): „Natürlich würde ich mir wünschen, dass die SPD mitregiert“

Der Morgen nach der Wahl: Christin Marie Stamm ist in der Düsseldorfer U-Bahn, auf dem Weg zum Landtag, als sie der Anruf der Redaktion erreicht. Die Verbindung hält. „Ich habe richtig unruhig geschlafen“, sagt die 30-Jährige. Sie sei spät ins Bett gegangen und früh aufgewacht. Gegen 5 Uhr morgens habe sie erfahren, dass sie es geschafft hat: Die Kandidatin der SPD zieht für den Kreis Olpe in den Landtag ein.

Christin Marie Stamm ist neue SPD-Landtagsabgeordnete für den Kreis Olpe.
Christin Marie Stamm ist neue SPD-Landtagsabgeordnete für den Kreis Olpe. © Berthold Stamm

„Ich kann es noch gar nicht richtig fassen, freue mich aber sehr auf die neue und spannende Aufgabe“, so Stamm. Am Montag ist ein Treffen der SPD Westliches-Westfalen angesetzt, am Dienstag wird es eine Zusammenkunft mit Thomas Kutschaty geben. Zeit zum Durchatmen gibt es nicht. Das sei aber auch gut so. Wie sich die künftige NRW-Regierung zusammensetzt? „Natürlich würde ich mir wünschen, dass die SPD mitregiert. Der Bund zeigt gerade, dass eine Ampel-Koalition durchaus funktioniert. Aber: Je mehr Parteien an einer Regierung beteiligt sind, desto schwieriger wird es auch, die eigenen Themen durchzusetzen und Kompromisse zu finden.“ Abgesehen davon möchte Stamm realistisch bleiben; denn das enttäuschende Wahlergebnis der SPD spricht nicht für einen Regierungsauftrag. Dementsprechend könnte es laut Stamm durchaus auf eine Schwarz-Grüne-Landesregierung hinauslaufen – mit der SPD als stärkste Oppositionskraft.

„Ich könnte mir vorstellen, dass es bei Themen wie erneuerbare Energien durchaus zu Reibungen zwischen der CDU und den Grünen kommen könnte. Gerade was die Klimapolitik angeht, stehen die Grünen näher bei der SPD als bei der CDU“, meint Stamm. Auch die Bildungspolitik könnte ein Streitthema werden. „Wenn die CDU in der Regierung bleibt, dann wird sich dahingehend vermutlich wenig ändern.“

Über das schlechte Abschneiden der SPD möchte Stamm gar nicht hinwegtäuschen. Für sie ist die geringe Wahlbeteiligung ein Grund dafür: „Es ist erschreckend, dass so viele Menschen nicht wählen gegangen sind. Dass so viele Menschen nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, wofür Menschen in anderen Ländern kämpfen.“ Dennoch sei sie zufrieden mit der Entwicklung ihrer Partei: „Das Ergebnis zeigt auch, dass gut 20 Prozent der Menschen hinter uns stehen. In den Umfragen von vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus.“

Jochen Ritter (CDU): „Hat sich gezeigt, dass ich nicht auf dem Holzweg war“

Bis Mitternacht feierte Jochen Ritter in der Remise des Gasthofs Püttmann in Rehringhausen sein erneutes CDU-Mandat für den Landtag mit 54,1 Prozent. „Wir haben dort noch ein paar Bier getrunken und ich habe mich bei meinem Wahlkampfteam bedankt.“ Es sei „eine schöne gelöste Stimmung“ gewesen, so Ritter: „Ich hatte darauf gehofft. Es war aber einfacher aus der Position 2017 heraus, wo man Angreifer war und man aus dem Nichts gekommen ist. Ich war jetzt gespannt, wenn man fünf Jahre gearbeitet hat und vielleicht auch nicht alles richtig gemacht hat, ob das positiv von den Wählerinnen und Wählern gesehen wird.“

Jochen Ritter wird als CDU-Landtagsabgeordneter wiedergewählt.
Jochen Ritter wird als CDU-Landtagsabgeordneter wiedergewählt. © Privat

Jochen Ritter konnte sich bestätigt fühlen: „Es hat sich gezeigt, dass ich nicht auf dem Holzweg war, wie ich das hier angefangen habe. Ich habe viel Präsenz im Wahlkreis gezeigt. Das wurde scheinbar gerne gesehen.“ Und: „Ich habe eine gehörige Portion Dankbarkeit. Ich werde alles tun, um das abermalige Vertrauen zu rechtfertigen.“

Jetzt geht der Blick nach vorn. „Der Wahlerfolg ist zwar eine feine Sache, aber die Arbeit geht weiter“, sagt Ritter. Henrik Wüst bezeichnet er als „guten, erfahrenen, kompetenten und modernen Politiker“, der jetzt die Koalitionsverhandlungen aufnimmt. Doch was bevorzugt der CDU-Mann aus dem Kreis Olpe? „Es spricht schon einiges dafür, dass die Beiden, die positiv aus der Wahl hervorgegangen sind, den Gesprächsfaden aufnehmen“, favorisiert Jochen Ritter Schwarz-Grün. Zur Alternative einer Koalition aus CDU und SPD meint er: „Ich habe keinen gesehen, der das ernsthaft in Erwägung zieht. Ich auch nicht.“