Attendorn. Marita und Jochen Hannig wohnen am Waldenburger Weg in Attendorn – der bislang einzigen Zuwegung zum neuen Ferienpark. Was sie wütend macht.

Der neue Ferienpark an der Waldenburger Bucht in Attendorn soll den Tourismus in der Hansestadt auf ein höheres Level hieven. Nicht nur die Stadtverwaltung um Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) freut sich auf das neue Urlaubsdomizil, das die EuroParcs Gruppe aus den Niederlanden im Eiltempo am Biggesee errichten möchte. Mit verschiedenen Angeboten vom Camping bis hin zum Bungalow, dem sogenannten Tiny House. Auch die Politik lobt das Vorhaben des Betreibers, der schon in wenigen Wochen mit dem ersten Bauabschnitt beginnen wird.

Dennoch legt Wolfgang Langenohl den Finger in die Wunde. Der SPD-Politiker fordert nicht weniger als eine „sozialverträgliche Zuwegung“ zum Ferienpark. Denn Tatsache ist: Anwohner des Waldenburger Weges, der einzigen Zu- und Abfahrt zum neuen Ferienpark Biggesee, fürchten um enorme Ruhestörungen, wenn Urlauber in Kolonne mit ihren Autos, Wohnmobilen und Wohnwagen die Straße hoch- und runterfahren.

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„Dieser Ferienpark bedeutet für uns Anwohner noch mehr Verkehr, Lärm und Abgase. Das wird von den Verantwortlichen der Stadt billigend in Kauf genommen. Ist auch einfach, wenn diese Personen sich nach getaner Arbeit in ihre Autos setzen und in andere Ortsteile oder Städte fahren, um dort auf ihrem Balkon die dörfliche Ruhe zu genießen“, ärgern sich Marita und Jochen Hannig maßlos. Seit Jahren kämpfen sie – erfolglos – gegen die aus ihrer Sicht ohnehin unerträgliche Verkehrssituation an. An die vorgeschriebenen Tempolimits halten sich viele Auto- und Motorradfahrer schon heute nicht. Und nun kommt noch ein neuer Ferienpark „on top“.

Anwohner entlasten, nicht belasten

Deswegen fordert auch Wolfgang Langenohl, dass die Anwohner vielmehr entlastet statt noch stärker belastet werden müssen: „Die Verkehrslage ist ungemütlich – und sie darf nicht noch ungemütlicher werden. Eine sozialverträgliche Zuwegung im Sinne der Anwohner muss in dem selben Tempo angegangen werden wie die touristische Entwicklung an unserer schönen Bucht.“ Doch wie kann das funktionieren? Eine zweite, nur für Urlauber, Mitarbeiter und Dienstleister gedachte Zu- und Abfahrt zum Ferienpark scheint schon aus Rücksicht auf den Artenschutz und die Umweltbelange schwierig. Stefan Thurau von EuroParcs erklärt jedoch auf Anfrage: „Uns ist sehr daran gelegen, die Verkehrsbelastung für die Anwohner so gering wie möglich zu halten. Bereits vor der Ansiedlung von EuroParcs hat die Stadt eine Studie über eine neue Erschließungsstraße zur Waldenburger Bucht beauftragt. Wir befinden uns dazu im laufenden Austausch mit der Stadt.“

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Bürgermeister Christian Pospischil wirbt indes für eine „intelligente Lösung“, um den Verkehr auf dem Waldenburger Weg zu reduzieren, wenngleich die Frequenz insgesamt durch das neue Urlaubsangebot zunehmen wird. Seine Idee: Die Tagestouristen, die zum Beispiel für einen ausgiebigen Spaziergang an die Waldenburger Bucht kommen, sollen gar nicht erst den Waldenburger Weg befahren, sondern schon vorher „abgefangen“ werden – zum Beispiel auf dem Parkplatz hinter der JVA. Von dort ist man in wenigen Minuten am Staudamm.

In einem halben Jahr will der Betreiber ein Verkehrsgutachten auf den Tisch legen. Marita und Jochen Hannig sind skeptisch. Sie hätten schon in der Vergangenheit erlebt, dass Verkehrszählungen „Montag mittags bei strömendem Regen im November“ gemacht worden seien – und dann überhaupt keine Aussagekraft über die tatsächliche Verkehrsbelastung liefern würden.

Attendorner vor Touristen

Dass die Bucht nun dem Tourismus „geopfert“ werde, können die Eheleute nicht verstehen, denn: „Um eines klarzustellen: Die Waldenburger Bucht war immer das Naherholungsgebiet Nummer eins für die Attendorner Bürger und erst danach für auswärtige Besucher“, schreiben sie in einem Statement an unsere Redaktion. Dort heißt es weiter: „Viele Attendorner nutzen das Strandbad und die Wege zum Spazierengehen, die Wasserfläche zum Segeln, Angeln oder für andere Sportarten, um Erholung vom Alltag zu finden. Das dürfte in Zukunft wesentlich schwieriger werden.“ Das öffentliche Strandbad wird im Übrigen Teil des neuen Ferienparks und soll laut EuroParcs durch ein größeres Gastronomie-, Sport-, und Spielangebot aufgewertet werden.

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Und noch etwas stört Marita und Jochen Hannig. Sie erwarten, dass vor allem Kurzurlauber den neuen Ferienpark besuchen werden und sie dann nicht, wie Bürgermeister Christian Pospischil mehrfach betonte, ihr Geld in der Stadt bei den Händlern und Gastronomen ausgeben werden. „Wer hierher kommt, bringt die Dinge des täglichen Bedarfs von zuhause mit, weil er diesen kurzen Urlaub nicht mit Einkaufen verbringen möchte. Wer essen gehen möchte, tut das demnächst im Restaurant des Parkbetreibers.“ Schon sarkastisch beenden Marita und Jochen Hannig ihr Schreiben mit den Worten: „Liebe Mitbürger und Nachbarn: Freut euch auf die vielen Touristen und sucht euch schon mal neue Ziele für eure Naherholung.“