Kreis Olpe. Das „Netzwerk gegen Häusliche Gewalt im Kreis Olpe“ zieht Bilanz für 2021. Das sind die Zahlen von Polizei, Frauenberatungsstelle und Frauenhaus.

„Das Thema der Häuslichen Gewalt muss auch in dieser Krisenzeit immer wieder angesprochen werden“, leitet Elvira Schmengler, Gleichstellungsbeauftragte Kreis Olpe, die Pressekonferenz des Netzwerkes gegen Häusliche Gewalt am Montag im Kreishaus Olpe ein. Gleichzeitig ruft sie dazu auf, im Umfeld auf häusliche Gewalt zu achten.

„Im NRW-Vergleich leben wir im Kreis Olpe relativ sicher“, sagt Michael Kopsan, Opferschutzbeauftragter der Kreispolizeibehörde Olpe. Dennoch: Mit 172 Fällen Häuslicher Gewalt ist die Fallzahl im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich gestiegen (2018: 163, 2019: 143, 2020: 119). Bei 58 Prozent handele es sich um vorsätzliche einfache Körperverletzungen und 68 Prozent der Opfer besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.

Rückkehrverbote ausgesprochen

Dieser Anstieg sei aber nicht zwingend nur auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Im vergangenen Jahr habe man 90 Rückkehrverbote ausgesprochen, in den meisten Fällen seien Frauen geschädigt worden, erläutert Kopsan. Dieses Verbot dient dazu, den Opfern Zeit zu geben, um zur Ruhe zu kommen, nachdenken zu können und möglicherweise auch weitere Schritte, wie Unterlassungen, in die Wege zu leiten. Das Gewaltschutzgesetz ermöglicht den Täter (zunächst für zehn Tage) aus der gemeinsamen Wohnung zu verweisen.

Überraschenderweise vermeldete die Polizei 34 Frauen als Tatverdächtige, sonst seien es nur zwei oder drei, klärt Michael Kopsan auf. 36 Prozent dieser Fälle seien Körperverletzungen. Anette Pfeifer von der Frauenberatungsstelle ergänzt, dass es sich dabei nicht immer nur um Häusliche Gewalt gegen Partner handele, sondern auch gegen Kinder. Häusliche Gewalt sei sowohl körperlich als auch seelisch besonders belastend, weil sie zu Hause stattfindet – an einem Ort, der eigentlich Schutz und Geborgenheit vermittelt und von einem Menschen ausgeht, dem man vertraut, betont Elvira Schmengler. Gerade psychische Misshandlungen spielen oftmals eine untergeordnete Rolle, obwohl sie teilweise belastender sind als physische Gewalt, erläutert Michael Kopsan.

Die Hintergründe häuslicher Gewalt sind schwer auszumachen. Vor allem in der Corona-Pandemie spiele die zunehmende Überforderung der Frauen eine große Rolle. Aufgrund der häuslichen Isolation durch z. B. Home-Office beobachtet die Frauenberatungsstelle Olpe zeitlich verzögerte Meldungen. Knapp 90 Prozent der ratsuchenden Mädchen und Frauen seien von Häuslicher Gewalt betroffen. Durch die ständige Kontrolle eines Ehepartners sei es den Betroffenen schlichtweg nicht möglich Kontakt aufzunehmen. Dazu komme die finanzielle Abhängigkeit und die mangelnde Unterstützung des näheren Umfeldes. Pfeifer erläutert, dass die Frauen in den ersten Gespräche nicht mit ihren Problem auf sie zukommen, da das Thema oftmals zu schambehaftet sei.

Hilfe in jedem Alter

„Die Frauen stammen aus allen sozialen Schichten“ erklärt sie. „Ein Beratungsgespräch bei uns bedeutet aber nicht immer die direkte Trennung vom Ehepartner“, betont Anette Pfeifer. „Die älteste Frau war 89 Jahre alt und hatte nach Jahren den Mut, sich aus ihrer Situation zu befreien“, erzählt sie weiter. Bei ihnen seien 79 Prozent deutscher Staatsangehörigkeit.

Shahana Gitzen vom Frauenhaus Olpe berichtet, dass im vergangenen Jahr 43 Frauen und 37 Kinder im Frauenhaus Olpe aufgenommen wurden. Die Aufenthaltsdauer habe sich im Schnitt von einem auf drei Monate erhöht. Aufgrund der bestehenden Nähe der örtlichen Frauenhäuser zur eigenen Wohnung, werden die meisten Frauen in andere Kreise verwiesen. Dementsprechend stammen 88 Prozent der aufgenommen Frauen im Jahr 2021 aus anderen Kreisen, nur drei Prozent aus dem Kreis Olpe. Möglicherweise könne es auch zu Ablehnung aufgrund von Überbelegungen kommen. Aber auch, da z. B. in manchen Frauenhäusern keine Kinder aufgenommen werden. Dies bedeute aber nicht, dass keine Hilfe gewährleistet würde, betont Shahana Gitzen.