Olpe/Lütringhausen. Der Wendener Unternehmer Bernd Hesse will die Fläche des ehemaligen Thyssen-Krupp-Werkes in Lütringhausen kaufen, die Stadt Olpe aber auch.

Der Wendener Unternehmer Bernd Hesse (SIBO Verpackungen) tritt im Bewerberverfahren für das ehemalige Thyssen-Krupp-Gelände in Lütringhausen gegen die Stadt Olpe an. Das bestätigte Hesse am Sonntag Mittag im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich habe bereits vor Monaten als erster ein Angebot abgegeben.“ Die Stadt Olpe plane offenbar, auf der Fläche überwiegend neuen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, dränge ein industrielles Vorhaben damit zurück. Hesse: „Als ich vom Plan der Stadt gehört habe, habe ich dort angefragt, ob ich im 2. oder 3. Bauabschnitt im Gewerbepark Hüppcherhammer zum Zuge kommen könne und die Antwort erhalten, diese Flächen seien bereits überbucht.“ Er habe den Eindruck, dass man ihn aus der Stadt weg haben wolle, denn es gebe auch konkrete Kaufinteressenten für sein Werk der ehemaligen Metallwerke in Stachelau. Hesse versichert aber gegenüber unserer Redaktion: „Ich bleibe in Lütringhausen am Ball, da können sie sicher sein.“

Im nächsten Sitzungsblock

Hintergrund der plötzlichen Bieterkonkurrenz: Die Stadt legt ihren Ratspolitikern im nächsten Sitzungsblock den Plan vor, selbst für die fast 30.000 Quadratmeter große Industriefläche bieten zu wollen und von einer Vorverkaufsregelung profitieren zu können. Wie der Interims-Manager für den Lütringhauser Thyssen-Krupp-Standort, Thomas Waldenmaier, auf Anfrage mitteilte, sei ihm das Interesse der Stadt Olpe zwar bekannt, von einem zwingend bindenden Vorkaufsrecht wisse er aber noch nichts: „Ich kenne solche Vorkaufsrechte von Kommunen zwar, dabei wird ein Bieter aber nur dann bevorzugt, wenn Preisgleichheit vorliegt.“ Würde im Klartext bedeuten: Die Stadt komme nur dann zum Zuge, wenn sie mehr bietet als Bernd Hesse.

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Hesse verweist in diesem Zusammenhang auf seine gescheiterten Bemühungen, das ehemalige Balcke-Dürr-Gelände zu kaufen, was ihn regelrecht zwinge, sich andernorts nach Industriefläche umzusehen: „Wir wollen auf dem Thyssen-Krupp-Gelände eine Kartonagen-Fertigung mit der Möglichkeit der umfangreichen Einlagerung errichten. Unsere Kunden drängen auch aufgrund der Pandemie darauf, dass wir Kartonagen in großem Umfang für sie einlagern, damit deren Lieferketten auch in Krisenzeiten bestehen blieben.“

Die Industriebrache in Lütringhausen. Es gibt mehrere Kaufinteressenten.
Die Industriebrache in Lütringhausen. Es gibt mehrere Kaufinteressenten. © WP | Josef Schmidt

Hesse nimmt wie gewohnt kein Blatt vor den Mund: „Als Unternehmer, der hier herausgedrängt wird, kann ich eine Art industriellen Flüchtlingsstatus beantragen. Überall wollen Städte und Gemeinden neuen Wohnraum schaffen, aber für uns Unternehmen sind keine Gewerbeflächen mehr da. Ich frage mich, ob man in den Rathäusern vergessen hat, wer Gewerbesteuern bezahlt und Arbeitsplätze schafft.“

Im Zuge des Balcke-Dürr-Bieterverfahrens kritisiert Hesse erneut den Geheimnisverrat aus nichtöffentlichen Unterlagen: „Mein gebotener Kaufpreis wurde an die Presse durchgesteckt.“

Zudem wundere er sich, so Hesse weiter, dass die Stadt Olpe für Thyssen Krupp ein Vorkaufsrecht geltend machen wolle, während die Gemeinde Wenden das bei der Amazon-Fläche in Gerlingen nicht in Betracht gezogen habe.

Drei Sitzungen in Olpe

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Über den Plan der Stadtverwaltung Olpe, das Thyssen-Krupp-Gelände kaufen zu wollen, beraten die Olper Ratspolitiker im nächsten Sitzungsblock in zwei Ausschüssen und dem Stadtrat, wie aus dem Info- und Beschlusspapier für die Sitzungen hervorgeht. Getagt wird zunächst im Bauausschuss am Donnerstag, 31. März, dann im Haupt-und Finanzausschuss am 4. April und schließlich im Stadtrat am 6. April.

Offiziell geht es dort darum, eine Satzung zu erlassen, um „das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 Baugesetzbuch“ zu legitimieren. Offiziell formulierte Zielsetzung: „Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Bereich des ehemaligen Betriebsgeländes der Firma Thyssen Krupp im Ortsteil Lütringhausen.“

Die gesetzlichen Formalien

Das Vorkaufsrecht bestehe für die (...) Grundstücke im Geltungsbereich einer von der Gemeinde beschlossenen Satzung: „Es ermöglicht eine an städtebaulichen Interessen orientierte Bodenvorratspolitik zur Sicherung einer langfristigen geordneten Planung und Entwicklung.“

Wörtlich heißt es weiter: „Es ist öffentlich bekannt, dass das Gelände der Firma Thyssen Krupp (...) zum Verkauf angeboten wird. Das betroffene Gebiet (...) teilt das Dorf praktisch in zwei Teile. Aufgrund der jahrhundertelangen gewerblichen Nutzungen durch unterschiedliche Unternehmen hat sich ein Betriebsgelände von etwa 2,7 Hektar entwickelt. Zudem haben sich in direkter Nachbarschaft einzelne Wohngebäude etabliert. Es ist eine klassische Gemengelage entstanden. Der Standort bedarf aufgrund dessen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, welche insbesondere Rücksicht auf die angrenzende Wohnbebauung nimmt. Ziel der zukünftigen Entwicklung soll sein, eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige, rechtlich abgesicherte Konzeption für die zukünftige Entwicklung dieses Areals zu entwickeln. Aktuell können die Planungen noch nicht im Detail konkretisiert werden. (...).“

Wiedervereinigung Lütringhausens?

Auf jeden Fall solle Wohnnutzung und Gewerbe miteinander in Einklang gebracht werden. Auch, um Lütringhausen wieder zu vereinigen.

Die Stadt: „Der Standort bietet die Möglichkeit, sowohl wohnbauliche als auch Büro- und Dienstleistungsnutzungen sinnvoll miteinander zu verbinden und jeweils durch neue Nutzungen zu ergänzen.“

Weiteres Ziel: „Darüber hinaus könnten Teile des Betriebsgeländes als Rückhalteflächen bei Überschwemmungssituationen genutzt werden. Die Flächen sind von hoher Bedeutung für den Hochwasserschutz der Olper Kernstadt.“

Bernd Hesse steht derweil in konkreten Verhandlungen mit Thyssen-Krupp. Noch Ende Januar informierte ihn ein Vertreter des Stahl-Konzerns darüber, dass ein zwingend notwendiges Bodengutachten vorliege. Es werde derzeit geprüft, „ob sich daraus etwaige Verpflichtungen für den Verkäufer ergeben.“

Das dürfte dann ja auch für die Stadt Olpe gelten, sollte sie zum Zug kommen.