Kreis Olpe/Wenden. Bernd Hesse (CDU), Unternehmer-Urgestein aus Wenden, präsentiert sich als Kontrapunkt zum Politiker-Establishment. Er will in den Bundestag.
Wer ein Freund klarer Worte ist und eben diese bei Bundes- und Landespolitikern vermisst, ist bei Bernd Hesse (72) goldrichtig. Der Selfmade Millionär und Unternehmer vom Scheitel bis zur Sohle zögert auf keine Frage auch nur einen Moment mit der Antwort. Da wird nicht taktiert, da werden Formulierungen nicht gedrechselt, und Hesse überlegt auch nicht, ob er sich um Kopf und Kragen reden könnte. Der aus Bonzel stammende Bauernsohn, der seit vielen Jahren in Wenden lebt und jetzt in den Deutschen Bundestag will, redet Klartext - immer und sofort.
CDU-Kandidaten stellen sich per Video vor
Die Firma von Bernd Hesse ist die „SiBO Verpackungen Bernd Hesse GmbH“. Jahresumsatz nach eigenen Angaben: rund 70 Millionen Euro. Hauptgegenstand des Unternehmens: Transportverpackungen für die Industrie . Elf Standorte - u. a. in Wenden, Olpe, Kreuztal, aber auch in Ungarn und Litauen. Beschäftigte: 520, Kunden: rund 2500.
Weitere Kandidaten für das Bundestagsmandat sind Paul Rötz (Olpe), Kerstin Brauer (Lennestadt), Hildegard Hansmann-Machula (Finnentrop) und Florian Müller (Drolshagen).
2012 war Hesse erfolglos gegen Theo Kruse als CDU-Bewerber für das Landtagsmandat angetreten.
Alle Kandidaten stellen sich am Montag und Dienstag, 30. November und 1. Dezember, den Christdemokraten im Kreis Olpe in einer Videoschalte vor. Der CDU-Kreisvorstand will dann einen Vorschlag unterbreiten für die Delegiertenversammlung gemeinsam mit dem Märkischen Kreis.
Kostproben: „Wir Mittelständler werden doch an die Wand gefahren. Erhalten von der Politik zu wenig Unterstützung. Wir haben keine Lobby. Man redet über den Mittelstand, aber nicht mit dem Mittelstand. Die Großunternehmen bestimmen alles.“ Genau dafür, dass sich in dieser Hinsicht etwas ändert, will Hesse stehen, wenn er gewählt wird. Und weiter: „Die Rahmenbedingungen sind in den vergangenen 50 Jahren Stück für Stück immer schwieriger geworden.“ Die bürokratischen Hürden auch seitens der Banken seien viel zu hoch. Dass bei vielen jungen Menschen das Gründerbewusstsein fehle, wundert ihn nicht: „Die Professoren an den Universitäten bleuen den jungen Leuten doch als erstes ein, ja kein Risiko einzugehen. Ohne Risiko geht es aber nicht. Ich liebe das Risiko.“
Sonnenschirme reichen nicht
An politischem Selbstbewusstsein mangelt es Hesse nicht: „Bei der letzten Bundestagswahl hat die CDU kreisweit 40 Prozent der Zweitstimmen geholt, Matthias Heider 47 Prozent. Wenn ich antrete, das verspreche ich, hole ich 50 plus x.“ Er werde offensiv um Wählerstimmen kämpfen: „Wenn die CDU wieder so einen Schlafwagen-Wahlkampf wie 2017 macht, darf sie sich über herbe Verluste nicht wundern.“ Das werde es mit ihm nicht geben: „Ich greife an. Es reicht nicht, in Attendorn und Olpe ein paar Sonnenschirme aufzuklappen.“ Ärgerlich seien die Vereinbarungen hinter den Kulissen: „Offenbar haben sich Junge Union und Seniorenunion schon darauf verständigt, Florian Müller gemeinsam zu unterstützen.“ Das jedenfalls habe ihm Wilma Ohly in einem Telefonat signalisiert.
Weitere Talsperre
Als Kernthemen für den Kreis Olpe präsentiert Hesse konkrete Vorschläge: „Bei der Wasserknappheit müssen wir über eine weitere Talsperre nachdenken“. In Sachen Verkehr plädiert er für einen Tunnel, der zwischen Gerlingen und Möllmicke in den Berg und unterhalb von Altenkleusheim wieder herausführe. Für die Landwirtschaft fordert er ein Direktvermarktungskonzept: „Anders kann die Landwirtschaft langfristig nicht überleben.“ Gerade die Direktvermarktung sei ein entscheidendes Erfolgsrezept für sein Unternehmen: „Wir haben immer direkt an unsere Kunden geliefert.“
Hesse sieht sich als Kontrapunkt zu den übrigen Kandidaten im Kreis, aber auch grundsätzlich zur politischen Elite in Nadelstreifen, die in ihrem Leben noch nichts Nennenswertes auf die Beine gestellt hätten. Unternehmerische Erfolge könne keiner seiner Gegenkandidaten vorweisen. Er habe sein Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut, ohne jede Subvention. Wenn von mittelständischer Wirtschaft die Rede sei, sei er Experte aus eigener Erfahrung. „1970 habe ich mit Null D-Mark Eigenkapital und zehn Leuten angefangen, heute arbeiten über 500 Menschen für mich.“
Halb Unternehmer, halb Politiker
Wie er denn als viel beschäftigter Unternehmer die Arbeit im Bundestag bewältigen wolle? „Wenn ich gewählt werde, bin ich zur Hälfte Abgeordneter, zur Hälfte Unternehmer.“ In Berlin könne er sich der Hilfe des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft gewiss sein: „Die haben alles, Fakten, Statistiken, wenn ich was brauche.“
„Fühle mich wie 45“
So etwas wie Angst vor Überlastung, versichert der gelernte Großhandelskaufmann, kenne er nicht. Und das, obwohl er vor einigen Jahren einen Schlaganfall und einen Herzinfarkt hat wegstecken müssen: „Ich war als junger Mann bei den Gebirgsjägern. Die haben in der Ausbildung alles aus mir herausgeholt und manchmal noch ein bisschen mehr. Seitdem habe ich vor Belastungen, egal welcher Art, keine Angst. Ich fühle mich wie 45.“