Kreis Olpe. Ein Brandbrief des Arnsberger Regierungspräsidenten befeuert die Diskussion im Kreistag Olpe: Windkraftgegnern dürfte es mulmig werden.

Den zahlreichen Gegnern der Windenergie im Kreis Olpe dürfte die Wortwahl des Arnsberger Regierungspräsidenten Hans-Josef Vogel (CDU) sauer aufstoßen: „Der Ausbau Erneuerbarer Energien liegt im überragenden öffentlichen Interesse und dient - das ist durch den Angriffskrieg auf die Ukraine allen deutlich geworden - der öffentlichen Sicherheit.“ Alle Handlungs- und Entscheidungsspielräume sollten genutzt werden, die kurzfristige Realisierung sämtlicher Formen Erneuerbarer Energien kommunal zu ermöglichen. Projekte, die bereits auf dem Gleis stünden, sollten prioritär zum Abschluss kommen, „damit die Anlagen schnellstmöglich errichtet werden können.“

Vogel: „Wir brauchen wirklich alles“

Einen Absatz weiter legt der Christdemokrat nach: „Wichtig ist (...), dass die unterschiedlichen Formen der Erneuerbaren Energien nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen wirklich alles.“ Kaum zufällig die danach aufgelistete Reihenfolge. Auf Rang 1 steht: „Windkraftanlagen auch im Wald, auch in Landschaftsschutzgebieten.“

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Der Brief, den Vogel an alle Landräte und Bürgermeister im Regierungsbezirk Arnsberg geschickt hat, geriet mitten in die Haushaltsdiskussion des Olper Kreistages, weil Grünen-Sprecher Fred Hansen ihn dazu nutzte, die Kreisverwaltung heftig für deren aus seiner Sicht windenergiefeindliche Strategie der vergangenen Jahrzehnte zu brandmarken.

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Als ob er die Hansen-Attacke vorausgeahnt hätte, nutzte Landrat Theo Melcher gleich den Beginn der Sitzung, sich als Verfechter Erneuerbarer Energien zu präsentieren, insbesondere aufgrund der Abhängigkeit bei Gas, Öl und Kohle von Russland. Melcher: „Neben den dringenden Erfordernissen aufgrund des Klimawandels ist es diese Abhängigkeit, die ein Umdenken nunmehr zwingend erforderlich macht. Der Ausbau der Erneuerbaren Energie liegt im öffentlichen Interesse und muss forciert werden. Auch hier bei uns.“

Fred Josef Hansen (Grüne) attackiert den Kreis Olpe. 
Fred Josef Hansen (Grüne) attackiert den Kreis Olpe.  © WP | Josef Schmidt

Fred Hansen (Grüne) nahm die Vorlage aus Arnsberg gerne an, um mit dem Kreis abzurechnen. So habe der Leiter des Fachdienstes Umwelt vor einigen Jahren noch zum Ausdruck gebracht, man lasse sich nicht nicht in die Energiedebatte ziehen. Hansen: „Das zeigt, wie wenig Verständnis in dieser Kreisverwaltung für die energetischen Probleme vorhanden war und möglicherweise auch noch ist, was den Ausbau von regenerativen Energien im Kreis Olpe angeht.“ Wenn Landrat Melcher jetzt den Eindruck erwecke, dass die Energiekrise unerwartet hereingebrochen sei, habe er sich seit Jahren mit den Rahmenbedingungen für Energiebereitstellung nicht beschäftigt. Allen Fachleuten sei klar gewesen, dass Deutschland in dieser Hinsicht auf „ausgesprochen wackeligen Füßen“ stehe.

Hansen: „Postkartenblick darf keine Rolle mehr spielen“

Es erscheine aus heutiger Sicht als „irrsinnig“, dass auch im Kreis Olpe nicht auf Energie gesetzt worden sei, die es „vor der Haustüre“ gebe. Die Frage des Postkartenblickes dürfe mit Blick auf die Windenergie keine Rolle mehr spielen. Hansen erinnerte an den Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge Klimaschutz ein verfassungsrechtlich gebotenes Staatsziel sei. Hansen wörtlich zur Situation im Kreis Olpe: „Die Verfahrensdauer im Kreis Olpe bei der Genehmigung von Windkraftanlagen ist eine der höchsten im ganzen Land Nordrhein Westfalen.“ Er fordere den Kreis deshalb an dieser Stelle auf, „nicht weiter alles zu tun, um im Kreis Olpe Windkraftanlagen zu verunmöglichen.“ Auch der Kreis Olpe brauche Windenergie, unter anderem für Industrie und Wirtschaft, Heizung und E-Mobilität: „Legen sie ihre restriktive Handhabe gegen Windenergieanlagen ab!“ Es kein Wunder, dass es im Kreis Olpe die wenigsten Windräder bezogen auf die Bevölkerung in NRW gebe.

Melcher: „Genehmigungsbehörde ist unparteiisch“

Theo Melcher wollte die Hansen-Attacken nicht auf sich und seinem Fachdienstleiter sitzen lassen. Der angesprochene Mitarbeiter habe das so formulieren müssen, weil er Teil der Genehmigungsbehörde sei. Melcher: „Und eine Genehmigungsbehörde ist unparteiisch. Sie hat einen Antrag zu bewerten und muss diesen Antrag nach Recht und Gesetz bescheiden.“ Die Kfz-Zulassungsbehörde des Kreises Olpe lasse auch Sprit fressende Pickup-Fahrzeuges zu und nicht nur Elektrofahrzeuge, wenn es denn rechtens sei. Dem Kreis zu unterstellen, er könne sozusagen eine moralische Abwägung treffen, sei falsch. Das müsse Hansen als ehemaliger Landesbeamter wissen. Melcher bat Hansen abschließend darum, ihm die statistischen Fakten zur Verfügung zu stellen, laut derer die Verfahrensdauer für Windenergieanlagen im Kreis Olpe die längsten in ganz NRW sein sollen.