Kreis Olpe. Strom, Gas und Öl ist so teuer wie nie, aber eine Preissenkungen sehen die beiden Geschäftsführer der Bigge Energie nicht. Ein Doppel-Interview.

Viele Immobilienbesitzer aus dem Kreis Olpe haben geschluckt, als sie vor wenigen Tagen das Schreiben ihres Energieversorgers in den Händen hielten. Aufgrund der immens gestiegenen Kosten für Strom, Gas und Öl flatterten Rechnungen mit dicken Nachschlagzahlungen ins Haus. Von einem historischen Ausmaß sprechen daher auch die beiden Geschäftsführer der Bigge Energie, Ingo Ehrhardt (55) und Roland Schwarzkopf (59), im gemeinsamen Interview mit dieser Redaktion.

Hand aufs Herz, was geht Ihnen beim Blick auf die Energiepreise im Jahr 2021 durch den Kopf?

Roland Schwarzkopf Die Energiemärkte spielen verrückt. Wir sind auf einem niedrigen Niveau in 2020/Anfang 2021 gestartet und dann sind die Preise rasant geklettert. Mit Preissprüngen, die wir so noch nicht gesehen haben.

Ingo Ehrhardt Die Volatilität der Energiepreise ist wirklich historisch, das haben wir in 20 Jahren noch nicht erlebt.

Woran liegt es denn, dass die Energiepreise durch die Decke gehen?

Ehrhardt Wir müssen zwischen Gas- und Strompreisen unterscheiden. Bei den Gaspreisen sind es verschiedene Faktoren. Zum Beispiel die gezielte Verknappung der Gaslieferungen durch die russische Regierung. Das ist ein bewusstes Druckmittel aus Moskau, weil das Genehmigungsverfahren für Nordstream 2 noch nicht auf den Weg gebracht wurde und die Pipeline nicht so in Betrieb genommen wird, wie Putin sich das wünscht. Zudem sind in Deutschland die Gasspeicher auf einem historisch niedrigen Niveau.

Schwarzkopf Zudem hat sich die Wirtschaft wieder langsam von Corona erholt und der Weltmarkt benötigt wieder mehr Energie.

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Und wie ist es beim Strom?

Ehrhardt Der Strompreis hängt vor allem von den CO2-Zertifikaten ab. Die sind ebenso nach oben gegangen, aus verschiedenen Gründen. Einer ist, dass die französischen Atomkraftwerke in die Jahre gekommen sind und unser Nachbarland seine Stromproduktion herunterfahren muss, so dass sich die Franzosen an unserem Strom, der aus Kohle produziert wird, bedienen. Das treibt dann sofort die CO2-Preise nach oben.

Schwarzkopf Ganz grundsätzlich gilt weiterhin das Prinzip Angebot und Nachfrage. Und die Nachfrage war eben sehr groß, nachdem die Corona-Maßnahmen gelockert wurden und die Industrie wieder anzog. Die Börsenpreise haben sich nach oben entwickelt, im Prinzip innerhalb weniger Monate verdreifacht, vervierfacht. Wir als regionaler Energieversorger haben keine andere Chance, als uns mit Strom und Gas über die Börsenpreise einzudecken. Und eigene Erzeugungskapazitäten wie das Biggekraftwerk mit einzubringen. Doch diese Kapazitäten sind begrenzt. Unterm Strich bemühen wir uns darum, eine vernünftige und seriöse Einkaufsstrategie zu fahren.

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Wann fallen die Preise wieder?

Ehrhardt Das ist wie beim Benzin. Wir können es zurzeit nicht absehen.

Aber können Sie Ihren Kunden irgendeine Hoffnung machen?

Schwarzkopf Eine Senkung der Preise sehen wir derzeit auf keinen Fall. Es sei denn, die Regierung schafft zum Sommer die EEG-Umlage für Strom ab, dann hätten wir eine Entlastung von wenigen Cents. Diese Entlastung könnte dann auch dazu genutzt werden, weitere Preissteigerungen zu kompensieren. Ich kann mich Ingo Ehrhardt nur anschließen: Der Blick auf die Entwicklung der Energiepreise gleicht dem Blick in die bekannte Glaskugel.

Ingo Ehrhardt

Ingo Ehrhardt ist 55 Jahre alt, verheiratet und hat fünf Kinder. Er wohnt in Drolshagen, kommt aber gebürtig aus Köln.

Nach einem Studium der Elektrotechnik an der RWTH in Aachen kam er im Jahr 2002 in die Kreisstadt zu den Stadtwerken Olpe. 2006 übernahm er dort die Geschäftsführung – diese Funktion hat er auch heute noch inne.

Ehrhardt Eins sollten wir nicht vergessen: Die Energie ist ein teures Gut und sie wurde bisher nie richtig bewertet. Unter dem Aspekt des Klimawandels und wenn wir sämtliche Umweltkosten einrechnen, dann war die Energie bislang nicht richtig bepreist. Zum Glück hat mittlerweile ein Umdenken stattgefunden und gerade die jüngeren Generationen scheinen dazu bereit, einen adäquaten Preis für saubere Energie zu bezahlen. Es muss ein Bewusstsein reifen, dass der Klimaschutz nicht für umsonst zu haben ist.

Wie viele verärgerte Hauseigentümer hatten Sie zuletzt am Telefon?

Schwarzkopf Böse Anrufe haben wir kaum bekommen, weil die Preise landauf, landab kommuniziert wurden und gefühlt täglich in den Medien darüber berichtet wurde. Den Kunden ist bewusst, dass die Energiepreise derzeit enorm hoch sind, wobei die Preise der Bigge Energie im direkten Vergleich noch relativ niedrig sind. So konnten wir zum Beispiel in diesem Jahr auf eine Strompreisanpassung bei unseren Sondertarifen verzichten, so dass sich hier zumindest keine Verteuerung ergeben hat.

Roland Schwarzkopf

Roland Schwarzkopf ist 59 Jahre, verheiratet und hat zwei Kinder. Er lebt in Attendorn.

Nach einem Studium der Versorgungstechnik in Burgsteinfurt ist er nach mehreren beruflichen Stationen im Jahr 2003 zu den Stadtwerken nach Attendorn gewechselt. Dort ist er heute noch Chef. In Hagen studierte er zwischenzeitlich noch Wirtschaftsingenieurwesen.

Zusammen sind Schwarzkopf und Ehrhardt seit 2013 Geschäftsführer der Bigge Energie.

Ehrhardt Viele Mieter merken diese Preisexplosion noch gar nicht. Sie bekommen das mit einem Jahr Versatz bei der Nebenkostenabrechnung vor die Nase gesetzt.

Mit welchen Tarifen statten Sie ihre Kunden aus?

Schwarzkopf Wir bieten Sondertarife und die Grundversorgung an. Die Sondertarife sind momentan geschlossen und gelten im Moment nur für unsere Bestandskunden. Neukunden können nur über die Grundversorgung beliefert werden, weil diese Mengen nachbestellt werden müssen und das geht nur zu den aktuellen Konditionen. Unsere Bestandskunden haben Sonderverträge unterschiedlichster Art, differenziert nach Jahresverbrauch, die auch als Ökotarife angeboten werden.