Heggen. Der Verein „Strahlemaennchen“ von Eric und Joanna Junge aus Heggen baut ein Ferienhaus für Familien mit schwerkranken Kindern. Das ist ihr Plan.

Einfach mal abschalten. Ab an die Nordsee oder in die Berge. Diesen Wunsch erfüllen sich jedes Jahr unzählige Familien, wenn sie völlig unbeschwert der Heimat für ein paar Tage Lebewohl sagen – und Corona keinen Strich durch die Rechnung macht. Doch es gibt leider auch viele Familien, die können das nicht mal eben so machen. Weil sie es finanziell nicht stemmen können oder aber, weil sie ein schwer erkranktes Kind haben, dessen Bedürfnisse eine unbeschwerte Reise in den Urlaub unmöglich macht.

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Für genau solche Familien sind Eric (55) und Joanna Junge (50) mit ihrem gemeinnützigen Verein „Strahlemaennchen“ aus Heggen da. Krebs- und schwererkrankten Kindern erfüllt das Ehepaar ihre großen Wünsche – sei es ein Besuch im Fußballstadion, ein Helikopterflug oder der Besuch im Disneyland. Ohne die vielen Zuwendungen und Spenden, die der Verein bekommt und auf deren Füßen er steht, würde es nicht gehen. „Wir sind aber nicht der Geschenke-Onkel, der dem Kind Lego schenkt“, erklärt Eric Junge und ergänzt: „Uns geht es um nachhaltige Erlebnisse und Erfahrungen, die die Kinder und Jugendlichen mit unsere Hilfe machen dürfen.“ Ganz wichtig dabei: „Wir nehmen die gesamte Familie in den Fokus und wollen deren Lebensqualität steigern“, sagt Frau Joanna.

Bis Herbst soll das Haus fertig sein

Aus dieser Grundeinstellung heraus hat der Verein, der vor über 15 Jahren gegründet wurde, mittlerweile fünf Ferienhäuser in Wörmge oberhalb der Lister erworben. Gedacht für Familien, die durch eine schwere Erkrankung der Tochter oder des Sohnes einfach mal ein paar unbeschwerte Tage erleben können – komplett kostenfrei für die Urlauber. „Wir sehen aber, dass die Bedarfe immer größer werden“, erklärt Eric Junge, warum der Verein im Jahr 2019 ein Grundstück am Dahlienweg in Heggen erworben hat.

Eric und Joanna Junge stehen vor ihrem Krankenwagen. Im Hintergrund entsteht das neue Ferienhaus in Heggen.
Eric und Joanna Junge stehen vor ihrem Krankenwagen. Im Hintergrund entsteht das neue Ferienhaus in Heggen. © Flemming Krause

Idealerweise bis Herbst dieses Jahres entsteht hier für gut eine Million Euro ein weiteres Ferienhaus, komplett barrierefrei, mit zwei Wohnungen und einem Aufzug. Im Erdgeschoss entstehen ein Empfangsbereich, ein Besprechungsraum für den Verein und ein Hotelzimmer, das zum Beispiel für eine begleitende Pflegekraft gedacht ist. Oder aber für die Großeltern, die den Urlaub begleiten. Die beiden Wohnungen, jeweils über 100 Quadratmeter groß, verfügen über große Schlafräume, Wohnzimmer, Küche und ein großes Bad – alles mit entsprechender Ausstattung. Für die Familie, die in der Wohnung im ersten Obergeschoss Urlaub macht, besteht die Möglichkeit, barrierefrei in den Garten zu gelangen.

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Familien im zweiten Obergeschoss verfügen über einen großen, teils überdachten Balkon – samt wunderschönem Panoramablick. Neben dem Gebäude gibt es noch zwei überdachte Stellplätze (auf diesem Dach entsteht eine weitere Terrasse), auch für den vereinseigenen Krankenwagen, der ausgestattet ist mit Fernseher, Radio, großem Fenster und einem Sternenhimmel. Damit die Kinder und Jugendliche etwa auf dem Weg zu einem schönen Abenteuer die Fahrt genießen können. Finanziert wird der Bau komplett durch Spenden.

+++ Wie alles begann +++

Es war eine Fahrt, die das Leben von Eric Junge komplett verändern sollte. Vor mehr als 20 Jahren übernahm er für einen ihm bekannten Jungunternehmer einen Krankentransport. Er brachte einen kleinen, krebskranken Jungen zur Bestrahlung in ein Kölner Krankenhaus. Der Junge war unheilbar krank.

Mit der Zeit und weiteren Fahrten entwickelte sich eine besondere Beziehung, die beiden flogen nach Disneyland oder machten einen Segelflug. Hinzu kam, dass Eric Junge auch mentales Training mit dem Jungen machte. „Wir haben die Tage damals mit Leben gefüllt, der Kleine war auch nie ein Pflegefall“, erinnert sich der Mann aus Heggen heute zurück. Kurz bevor der kleine Junge verstarb, äußerte er einen letzten Wunsch: Wenn er nicht mehr da sei, sollten auch andere Kinder und Jugendliche mit ähnlich schweren Schicksalsschlägen die Möglichkeit bekommen, ihre Herzenswünsche erfüllt zu bekommen. Das Treffen eines Stars, der Fallschirmsprung, der Besuch im Stadion – völlig egal, was es ist.

Ein Auftrag, den die Familie Junge an sich nahm. Eric und Joanna Junge putzten Klinke um Klinke, um Spenden zu sammeln und damit schwerkranken Kindern einen unvergesslichen Tag zu bescheren. Sie ermöglichten unter anderem einem kleinen Mädchen eine Audienz beim Papst – mit dem Privatflugzeug ging es damals nach Rom. „Dort bekam das Mädchen dann ihren Segen, nach dem sie sich so sehr sehnte“, erzählt Joanna Junge. Etlichen anderen Kindern ermöglichten sie ähnliche Erlebnisse.

Mit der Zeit wurde der Verein bekannter. Und dank der Spenden, die von überall kommen, wuchsen auch die Möglichkeiten. An der Ausbildung von vier Kinderpalliativmedizinern in Siegen war der Verein aus Heggen finanziell maßgeblich beteiligt. Den Kinderpalliativteams aus Siegen und Erlangen spendierte der Verein voll ausgestattete Autos, damit die schwerkranken Kinder und Jugendliche nicht ins Krankenhaus fahren müssen, sondern die Fachkräfte zu ihnen nach Hause kommen. Kostenfreie Urlaube an der Lister (und bald in Heggen) gehören ebenso dazu.

Und mehr noch: „Wir helfen bei Problemen mit der Krankenkasse, begleiten Eltern zu verschiedenen Terminen und stellen den kranken Kindern und deren Familien Gesprächspartner zur Verfügung, mildern soziale und finanzielle Benachteiligung über den ganzen Krankheitsverlauf ab“, wirbt der Verein auf seiner Internetseite.

Der Name „Strahlemaennchen“ entstand im Übrigen auch durch den Kontakt mit dem krebskranken Jungen. Denn immer, wenn er aus der Klinik kam, habe er gesagt: „Achtung, ich strahle“. Offenbar hatte der tapfere Junge nie seinen Humor verloren.

Mehr Informationen zum Verein auf www.strahlemaennchen.de, auf Facebook und Instagram