Kreis Olpe. Die Waldbauern fordern eine schnelle Entscheidung über das Wisentprojekt. Und: Ein finanzieller Ausgleich der Baumschäden reiche nicht aus.

Nach dem neuen Gutachten über die freilebende Wisentherde im Rothaargebirge fordern die betroffenen Waldbauern von den Entscheidungsträgern mehr Tempo, um endlich zu einer finalen Entscheidung zu kommen. Lucas von Fürstenberg, einer der größten Waldbauern im Bereich Rüspe (Gemeinde Kirchhundem): „Es kann nicht sein, dass das immer weiter in die Zukunft geschoben wird.“

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Das Gutachten, das vom Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover erarbeitet wurde, bescheinigt dem Artenschutzprojekt „Wisente am Rothaarsteig“ sowohl für den Erhalt der bedrohten Tierart als auch wegen seines Modell- und Vorbildcharakters eine besondere Bedeutung und empfiehlt, das Projekt fortzuführen.

Das Problem, dass die ausgewilderten 25 Wisente und ihre Nachkommen sich auf ihren sommerlichen Streifzügen wider Erwarten bis ins Südsauerland bewegen und auch dort die Baumrinden privater Waldbesitzer anknabbern und dadurch nicht geringe Schäden verursachen, haben die Gutachter erkannt. Es brauche ein besseres Herden- und Konfliktmanagement.

Geht nicht um finanziellen Ausgleich

Zudem müsse es jährlich mit mindestens einer halben Million Euro finanziert werden, um die berechtigten Forderungen von Waldbesitzern auf Ausgleich ihrer Schäden sicherzustellen. Ein Satz, der bei den nachhaltig wirtschaftenden Waldbauern alles andere als gut angekommen ist: „Man kann die Schäden nicht ausgleichen, sie können mir ja nicht eine 60-jährige Ersatzbuche dahin stellen, das ist nicht möglich“, so Lucas Fürstenberg. Es gehe hier nicht um einen finanziellen Schadensausgleich, „sondern ich will auf meinem Grundstück meine waldbaulichen Ziele verfolgen können und nicht durch die Wisent-Schäden wieder zur Fichtenmonokultur gezwungen werden.“

Der Forstwirt, der auch Sprecher vieler anderer betroffener Waldbauern ist, sieht den Tenor des Gutachtens auch nicht so positiv wie die Beteiligten des Projekts, insbesondere der Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein. Fürstenberg: Das Gutachten spreche von Fehlern des Projekt-Managements und es sei offensichtlich, dass das Projektgebiet in Wittgenstein nicht richtig ausgewählt wurde, weil die Herde die Hälfte des Jahres außerhalb des Gebietes unterwegs sei. Überhaupt müsse die Frage gestellt werden, wie freilebend die Herde ist. Immerhin müssten die Tiere gemanagt und regelmäßig im Winter gefüttert werden.

Schnelle Entscheidung

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser hatte bei der Vorstellung des Gutachtens kurz vor Weihnachten gesagt, dass es nun wichtig sei, den konstruktiven Austausch fortzusetzen und gemeinsam an einer einvernehmlichen Lösung in der Region zu arbeiten. Der weitere Fahrplan sieht vor, das Gutachten der Projekt-Koordinierungsgruppe vorzustellen und die Gespräche mit potenziellen Projektsteuerern fortzuführen. Eine abschließende Entscheidung über die Zukunft des Projekts soll dann so schnell wie möglich getroffen werden.

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Das fordern auch die Waldbauern: „Es wird immer wieder auf etwas gewartet, zum Beispiel auf das nächste Gerichtsurteil, und gemacht wird nichts. Das kann es nicht sein. Man muss irgendwann zu einem Punkt kommen, an dem man sagt, das ist der Plan. Wir brauchen eine Perspektive, mit der man langfristig arbeiten kann“, sagt Lucas von Fürstenberg. Er glaubt nicht, dass es vor der NRW-Landtagswahl im Mai noch eine Entscheidung geben wird.

An dem heiklen Thema wolle sich niemand die Finger verbrennen, deshalb werde die Politik den Wisentstreit ausblenden. „Dann gibt es vielleicht eine neue Landesregierung, die sich erst einarbeiten muss. Ich glaube nicht, dass 2022 noch etwas substanziell vorangehen wird.“