Oedingen. 90 Haushalte in Oedingen sind am TV-Kabelnetz angeschlossen, der Breitbandausbau ist schwierig. Das neue Telekommunikationsgesetz hilft kaum.

Im Ortskern von Oedingen stoßen Bund, Land und Kreis an die Grenzen ihrer Digitalisierungsstrategie. Wie bereits berichtet, haben etwa 90 Haushalte und rund zehn Gewerbetreibende keinen Zugang zum schnellen Internet. Heißt: Sie können gerade mal auf eine 16 Mbit-Leitung zurückgreifen. Im Rahmen des kreisweiten Breitbandausbaus zwischen 2017 und 2020 wurde dieses Gebiet nicht berücksichtigt, da es durch ein TV-Kabelnetz versorgt ist – und dadurch grundsätzlich nicht förderfähig ist. Sascha Pfaff, Geschäftsführer der SP Engineering und Beratung, ist darüber nicht nur verärgert und frustriert. Es hemmt den kompletten Arbeitsablauf in seiner Firma. Sein Team kommt auf bis zu vier Stunden reine Wartezeit pro Woche, um Daten hoch- und herunter zu laden.

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Zurzeit ist Sascha Pfaff Kunde bei der Telekom. Kabelnetzbetreiber ist jedoch Vodafone und wäre somit auch Ansprechpartner für einen direkten Anschluss an das Haus im Gladiolenweg. So geht es zumindest aus einer E-Mail hervor, die Wolfgang Schröder, Bereichsleiter der Technikunterstützten Informationsverarbeitung bei der Stadt Lennestadt, kürzlich an Pfaff gesendet hatte. Darin schreibt er: „Wer in einem TV-Netzgebiet wohnt, kann bei den bekannten TV-Kabelnetzbetreibern (zum Beispiel ehemals Unitymedia, heute Vodafone) über den Bauherren-Hausanschluss-Service einen kostenpflichtigen Hausanschluss bestellen. Dieser ist wie jeder andere Versorgungsanschluss vom Eigentümer der Immobilie zu bezahlen.“

Der Hauseigentümer habe bereits seine Unterstützung signalisiert. Zumal sich unterirdisch ein Glasfaser-Knotenpunkt befinde, der zum Gladiolenweg führe. „Jemanden bei Vodafone ans Telefon zu bekommen, der sich dafür verantwortlich fühlt, ist allerdings schwierig“, meint Pfaff.

Neues Gesetz hilft nicht weiter

Mit dem neuen Telekommunikationsgesetz, das am 1. Dezember in Kraft getreten ist, sollen die Verbraucherrechte stärker geschützt werden. Dazu gehört auch, dass Kunden bei einer zu geringen Internetgeschwindigkeit weniger zahlen müssen oder den Vertrag außerordentlich kündigen können. Voraussetzung dafür ist, dass die geminderte Leistung dokumentiert wird. Dafür hat die Bundesnetzagentur kürzlich die „Breitbandmessung Desktop-App“ zur Verfügung gestellt. Mit diesem Tool können die Verbraucher die tatsächlich erreichten Geschwindigkeiten ihres Internetanschlusses im Up- und Download ermitteln.

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Auch Sascha Pfaff hat diese App bereits auf zwei Arbeitsrechnern installiert. Das Problem: Das Tool kann keine Totalausfälle erfassen. „Wenn die Leitung ein oder zwei Minuten lang tot ist, kann ich das nicht messen. Und dementsprechend auch nicht dokumentieren, um am Ende einen Nachweis für eine geminderte Leistung zu haben.“ Bis zu acht Mal pro Tag habe das Netz Aussetzer. Dann funktioniere nichts mehr, auch kein Telefon, „weil wir eben über Kabel und nicht über das WLAN unser Internet beziehen“.

16 statt 50 Mbit

Da eine 16.000er-Leitung für das Aufkommen der sicherheitsrelevanten Datensätze in der Firma zu leistungsschwach ist, hat sich Sascha Pfaff für ein Hybrid-Modell mit LTE-Datenvolumen entschieden. Das wurde ihm von der Telekom angeboten und soll zu Spitzenzeiten eine Übertragungsrate von 50 Mbit pro Sekunde garantieren. „Das hatten wir aber noch nie. Wir sind weit davon entfernt“, sagt er. Seine bisherigen Messungen haben einen Wert zwischen 2 und 20 Mbits ergeben, der Durchschnitt lag bei etwa 12 Mbits. Vor allem die Download-Geschwindigkeit schwanke enorm.

Eine weitere Schwachstelle des Messungstools: Es ist überhaupt nicht auf das Hybrid-Modell ausgerichtet. „Ich kann in der App keinen Tarif auswählen, in dem das Hybrid-Modell inkludiert ist. Das muss ich dann später und separat darlegen.“ Demnach sei es wahrscheinlich, dass die App nach der Durchführung des Messkampagne gar keine Minderleistung hat festhalten können.

Unternehmen erwägt Umzug

„Mir geht es nicht darum, weniger als bisher für meinen Vertrag zu bezahlen. Ich möchte einfach die Leistung haben“, sagt Pfaff. Das Dokumentieren, das Verschicken des Messprotokolls an die Telekom sei nur der erste Schritt. Die Frage ist: Was passiert dann? „Das versuche ich aktuell herauszufinden. Fakt ist: So kann es dauerhaft nicht weitergehen, schon gar nicht, wenn wir expandieren wollen.“ Falls sich aufsehbare Zeit nicht ändere, müsse er den Standort wechseln. Vielleicht in den HSK ziehen.

>>> 30 MESSUNGEN FÜR DAS PROTOKOLL

  • Die Bundesnetzagentur weist Verbraucher an, 30 Messungen mit der Breitbandmessung Desktop-App durchzuführen.
  • Diese Messungen müssen an drei unterschiedlichen Kalendertagen erfolgen, wobei zwischen den einzelnen Messtagen mindestens ein Kalendertag liegen muss. An jedem Messtag werden zehn Messungen durchgeführt.
  • Bei allen Messungen müssen mindestens fünf Minuten Abstand eingehalten werden. Zwischen der fünften und sechsten Messung muss sogar ein Abstand von mindestens drei Stunden eingehalten werden.