Kreis Olpe. Landrat Theo Melcher und Kämmerer Klaus Müller stellen den Haushalt für den Kreis Olpe vor. Kritik gibt’s an der Förderpraxis von Bund und Land.

Die Corona-Pandemie bremst die Wirtschaft an mehreren Fronten. Hohe Energiekosten, Lieferkettenprobleme und fehlende Rohstoffe knüpfen daran an. Gleichzeitig erwarten Konjunkturoptimisten für das kommende Jahr Nachholeffekte, eine steigende Nachfrage, eventuell sogar eine Entfesselung der Wirtschaftskraft. „Damit wird erkennbar, dass die Aufstellung des Kreishaushalts 2022 unter diesen Rahmenbedingungen eine große Herausforderung für alle Beteiligten, sei es Verwaltung, Politik oder Bürger darstellt“, so Klaus Müller, Kämmerer des Kreises Olpe.

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Im Rahmen der Kreistagssitzung am Montagabend verwies Landrat Theo Melcher auf die schriftlichen Haushaltsreden, die aufgrund ihrer Länge und der angespannten Corona-Situation nicht in der Olper Stadthalle vorgetragen wurden. In dem Haushaltsplanentwurf wird jedoch deutlich: Der Kreishaushalt für 2022 kann nur durch den Verbrauch von Eigenkapital ausgeglichen werden. 7,3 Millionen Euro werden dafür aus der Ausgleichsrücklage entnommen. Das Volumen des Ergebnisplans steigt um 4 Prozent auf insgesamt 265,9 Millionen Euro. Zuzüglich der Investitionsauszahlungen in Höhe von 38,8 Millionen Euro durchbricht der Kreishaushalt im kommenden Jahr erstmals die 300-Millionen-Euro-Marke (304,1 Millionen Euro). „Wer hätte sich das vor einigen Jahren träumen lassen“, so Kämmerer Klaus Müller.

Investitionen

Breitband: Der mit Abstand größte Betrag fließt in den Breitbandausbau: 20 Millionen Euro wird der Kreis Olpe im kommenden Jahr investieren, um die weißen Flecken im Kreisgebiet zu beseitigen. Dazu kommen noch mal mehr als 83 Millionen Euro von Bund, Land und Kommunen. „Das sind alles gewaltige Investitionen und ein enormer administrativer Aufwand“, räumt Landrat Theo Melcher ein. „Beides ist aber in meinen Augen unausweichlich. Denn ohne eine flächendeckende Glasfaserversorgung würden wir als ländliche Region auf Dauer vom gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolg abgehängt.“

Kindertageseinrichtungen: 9 Millionen Euro sollen in die Förderung von Kindertageseinrichtungen fließen. Durch die Schaffung neuer Kindergartenplätze fallen zusätzliche Betriebskostenzuschüsse an, aber auch die notwendigen sozialpädagogische Hilfen schrauben die Kosten in die Höhe. Der über die Jugendamtszulage zu finanzierende Bedarf gegenüber 2021 steigt um 3,1 Millionen Euro.

Finanzierung

Die beim Kreis vorhandene Liquidität sowie Fördermittel – vor allem aus der Schulpauschale, dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz und dem Digitalpakt – sollen die Investitionen sicherstellen. Allerdings findet Kämmerer Klaus Müller beim Thema Förderpraxis auch kritische Worte: „Bei den staatlichen Förderungen von kommunalen Investitionen ist ein Paradigmenwechsel erforderlich.“ Es stehe außer Frage, dass die Förderprogramme viele Maßnahmen zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur umsetzen konnten. Allerdings seien die anfallenden Unterhaltungs- und Betriebskosten nicht berücksichtigt. „Auf diesen Kosten bleiben die Kommunen derzeit überwiegend sitzen. Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext, wie kompliziert und aufwändig inzwischen der Mittelabruf und die Erstellung der Verwendungsnachweise geworden sind.“

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Die NRW-Kommunen seien – unabhängig von den Corona-Folgen – strukturell unterfinanziert, betont Landrat Theo Melcher. „Alle bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, um den Kommunen eine auskömmliche und eigenverantwortbare Finanzierung zu sichern.“ Die kommunalen Sozialkosten stiegen Jahr für Jahr und würden die Situation zusätzlich verschärfen. So wird bei der Pflege und Förderung von Pflegeeinrichtungen mit einem Mehraufwand in Höhe von einer Million Euro gerechnet, bei der Eingliederungshilfe – insbesondere für die Schulbegleitung – von 600.000 Euro. Gleichzeitig befinde sich der Kreis Olpe in der ungünstigen Lage, dass er weniger Schlüsselzuweisungen erhält (-1,8 Millionen Euro im Vergleich zu 2021), gleichzeitig aber mehr Landschaftsumlage (+2,7 Millionen Euro) zahlen muss. Hintergrund ist die überdurchschnittlich gestiegene Steuerkraft der Kommunen im Kreis Olpe, die bei +8 Prozent liegt (Landesdurchschnitt: +6,2 Prozent).

Haushaltsausgleich

Der Gesamthebesatz der Kreisumlage soll sich 2022 nicht erhöhen (53,59 Prozent). Es verbleibt ein ungedeckter Finanzbedarf von 4,6 Millionen Euro, der aus der Ausgleichsrücklage gedeckt werden soll. Laut Melcher könne der Kreis bei einer notwendigen Mindestrücklage von 3 Millionen Euro in 2023 noch einmal 1,8 Millionen Euro einsetzen, um die Zahllast der Städte und Gemeinden zu reduzieren. Dann werde es aber eng. Melcher: „Das strukturelle Defizit ist also nur noch über eine Erhöhung der Kreisumlage zu decken.“