Gerlingen. Im November hat Amazon das neue Verteilzentrum in Wenden eröffnet. Wegen Corona ist es für Besucher noch tabu. Für die WP gab es eine Ausnahme.

„Wir haben uns entschlossen, erst einmal gedrosselt zu beginnen, dass wir in die Technik hereinkommen. Die Planung ist, das Zentrum sukzessive auszubauen“, berichtet Maik Riefenstein. Er ist Standortleiter des neuen Amazon-Verteilzentrums in Gerlingen, das pünktlich zum Weihnachtsgeschäft am 17. November den Betrieb aufgenommen hat. Bei den Vans, die die Pakete am Ende zum Kunden bringen, liege die Auslastung derzeit bei 100 Fahrzeugen pro Tag. „Das sind 25 Prozent“, so Riefenstein.

Normalerweise ist das Verteilzentrum des Online-Versandriesen auf der Mark, wie alle anderen auch, aktuell wegen der Pandemie für die Öffentlichkeit tabu. „Besuchertouren sind bis auf Weiteres nicht möglich, nur virtuell“, sagt Steffen Adler. Für unsere Zeitung haben der Amazon-Pressesprecher für Logistik und der Gerlinger Standortleiter aber einen Rundgang unter strengen Corona-Regeln möglich gemacht. Der Termin wurde zudem bewusst auf 14 Uhr festgesetzt, die riesige Halle ist fast leer. „Der Großteil unserer Arbeit ist zwischen 2 Uhr nachts und 13 Uhr erledigt“, so Maik Riefenstein.

Gutachten ist Basis

Steffen Adler ist sich bewusst, dass die Amazon-Ansiedlung in Gerlingen hohe Wellen geschlagen hat: „Es gab hier viele Diskussionen. Es sollte aber schon vor 20 Jahren eine Ortsumgehung gebaut werden. Die Bürger wollten das nicht. Aus unserer Perspektive ist nicht Amazon der Anlass für das Problem. Wir sind hier eine von mehreren Firmen.“ Das Verkehrsgutachten, das von einem Extremfall von 4200 Fahrten ausgegangen sei, habe grünes Licht für Amazon gegeben: „Die Basis für unsere Ansiedlung ist das Gutachten. Es hat ergeben, dass wir unseren Verkehr über die vorhandene Infrastruktur abwickeln können. Alle Knotenpunkte sind leistungsfähig.“

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Zur Frage, ob sich etwas durch die endgültige Absage für eine zusätzliche Auffahrt zur A 4 geändert habe, meinte Steffen Adler: „Eine Autobahnauffahrt wäre sicher schneller und schöner, aber das hat keine Auswirkungen.“ Man sei mit der Gemeinde Wenden im Dialog.

„Wir arbeiten im Drei-Schicht-System“, erläutert Maik Riefenstein beim Rundgang durch das neue Verteilzentrum. In der Nacht bringen Lkw die fertigen Päckchen. Diese werden dann von der Nachtschicht in die verschiedenen Gänge und Boxen sortiert. Orientierung sind gelbe Aufkleber. Beim Scannen leuchtet das passende Fach auf. Schließich bereitet die Frühschicht die sogenannten Pick Carts (Wagen) für die Vans vor. Drei passen in ein Fahrzeug.

In vier Wellen

Dann schwärmt die Amazon-Flotte am späten Vormittag aus. „Wir arbeiten aktuell in vier Wellen. Nach und nach werden 25 Vans beladen“, sagt Maik Riefenstein. Um 11.25 Uhr startet die erste Tour, danach geht es alle 25 Minuten weiter. „Wir sind immer dann unterwegs, wenn wenig los ist“, betont Adler.

Man liefere von Gerlingen aus in einem Umkreis von 70 Kilometern, berichtet Riefenstein: „Das sind Olpe und Wenden und Richtung Wuppertal.“ Maximal könnten täglich 400 Vans aus dem Gerlinger Verteilzentrum zu den Kunden rollen. Dies sei aber ein absolutes Spitzenvolumen, so Adler: „Das ist ständig schwankend.“ Die Spätschicht wartet dann auf die Rückkehr der Fahrer. Pakete, die nicht zugestellt werden konnten, werden dann noch einmal für den nächsten Tag einsortiert.

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Aktuell arbeiten im Amazon-Verteilzentrum in Gerlingen 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 120 Fahrer aus 20 Nationen. Dies kann laut Adler bis zu 200 Mitarbeiter und 450 Fahrer ausgebaut werden. Zur Frage, wann der Standort denn komplett hochgefahren sein soll, meinte der Logistik-Sprecher: „Da gibt es noch keine feste Prognose. Wir müssen hier erst einmal sehen, wie sich das Volumen entwickelt.“

1500 Euro fürs Dorffest

Bleibt natürlich die Frage, ob es schon Kritik oder Anfeindungen gegeben hat. Dazu Maik Riefenstein: „Es gab hier bisher vielleicht drei Beschwerden, dass ein Fahrer geklingelt habe und zu schnell wieder weg gewesen sei. In puncto Verkehr gab es aber nichts. Die Fahrer fahren ja auch antizyklisch und nicht im Berufsverkehr.“

„Wir sind gerne ein Teil der Lösung, wenn eine Gesamtlösung für das Gewerbegebiet gefunden wird. Die Gemeinde kann uns ansprechen“, betont Steffen Adler. Amazon wolle zum Dorf dazugehören.

Auch mit Gerlingens Ortsvorsteher Benjamin Hacke stehe man in Kontakt. Und zweimal hat Amazon auch schon die Geldschatulle aufgemacht. Jeweils 1500 Euro erhielten die Olper Caritas für ein Projekt mit Migranten und die Gerlinger für ihr Dorffest.