Finnentrop. Bigge-Lenne-Fretter-Tal: Bei den anstehenden Pfarrgemeinderats- und Kirchenvorstandswahlen bleiben einige Positionen vakant. Das sind die Folgen:

Es könnte so einfach sein: Wo sich viele Bürger engagieren, leben die Vereine – ob beim Sport, beim Karneval oder in der Theatergruppe. Doch die bittere Realität sieht vielerorts anders aus: Es finden sich kaum noch Ehrenamtler, die Lust und Zeit haben, Verantwortung für einen längeren Zeitraum zu übernehmen. Nicht wenige Vereine verschwinden deshalb von der Bildfläche oder sind zumindest in ihrer Existenz bedroht.

Die Institution Kirche macht hier keine Ausnahme, wie ein Blick in den Pastoralverbund Bigge-Lenne-Fretter-Tal in der Gemeinde Finnentrop zeigt. Wenn am 6. und 7. November im gesamten Erzbistum Paderborn die neuen Pfarrgemeinderäte und Teile der Kirchenvorstände neu gewählt werden, wird sich die Lage auch in der Gemeinde Finnentrop zuspitzen. Aus Mangel an Kandidaten fallen in gleich drei der zurzeit neun bestehenden Pfarrgemeinderäte – in Finnentrop (St. Johannes Nepomuk), Schönholthausen/Ostentrop (Maria Himmelfahrt/St. Lucia) sowie in Schliprüthen (St. Georg) – die Wahlen komplett aus. Das Gremium wird dann, zumindest vorerst, nicht mehr existieren.

Programm auf ein Minimum reduzieren

Die logische Konsequenz: In den betroffenen Gemeinden werden die pastoralen Projekte auf ein Minimum reduziert, wenn nicht gar komplett wegfallen. Die Pfarrgemeinderäte sind nämlich dafür da, das Leben in der gesamten Gemeinde zu überblicken und Aktionen anzustoßen – gerade in Zeiten, wo die hauptamtliche Arbeit immer mehr zurückgefahren wird. Von den Sternsingen bis zur Ausbildung von Messdienern: Ohne Pfarrgemeinderäte ist dies nicht zu bewerkstelligen. „Wir werden demnächst also vor Ort schauen müssen, welche Projekte wir noch weiterführen können, und welche nicht“, erklärt der leitenden Pfarrer Raimund Kinold auf Anfrage.

Heikel ist die personelle Ausgangslage vor den anstehenden Wahlen auch in den beiden Kirchenvorständen in Finnentrop (St. Johannes Nepomuk) und Lenhausen (St. Anna). In Finnentrop müssen vier neue Kandidaten für die Vorstandsarbeit gewählt werden, laut Kinold steht aber nur eine Person zur Verfügung. In Lenhausen braucht es drei neue Kandidaten, die sich für sechs Jahre aufstellen, auch hier ist eine Position vakant.

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Weil die Kirchenvorstände, die sich um die Finanzen und die Verwaltung kümmern, nicht so einfach wegbrechen können, bleiben die aktuellen Vorstände zunächst im Amt, um die Geschäftsfähigkeit zu wahren. Im Frühjahr kommenden Jahres würde dann erneut gewählt, übrigens nicht nur in den Kirchenvorständen, sondern auch in den Pfarrgemeinderäten. Voraussetzung: Bis dahin haben sich genügend Kandidaten gefunden.

Aufgaben immer komplexer

„Das Leben ist insgesamt komplexer geworden, viele Menschen wollen ihre Freizeit anders gestalten und sind in Beruf und Familie sehr gefordert“, sucht Pfarrer Raimund Kinold nach einer plausiblen Erklärung für den Ehrenamtsmangel. Hinzu komme bei der Kirche, dass die Verantwortung in Gremien wie dem Vorstand immer komplexer würde.

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Ähnlich äußert sich auch Vikar Stefan Schneider auf der Homepage des Pastoralverbundes: „Es gibt heute kaum Erwachsene im erwerbsfähigen Alter, die nicht auch tatsächlich mindestens in Teilzeit arbeiten. Viele Menschen sind bereit, sich in einem überschaubaren Bereich, vor allem aber auch in einem überschaubaren Zeitraum ehrenamtlich einzubringen, nicht aber kontinuierlich über mehrere Jahre hinweg.“ Hinzu komme, so Schneider: „Die Kirche steht (...) in einem zunehmend schlechten Ruf, oder anders gesagt: Das Vertrauen schwindet. Das fördert nicht die Motivation zum ehrenamtlichen Engagement.“ Im Pastoralverbund Bigge-Lenne-Fretter-Tal bekommen Schneider und Kinold diese Entwicklung mit aller Wucht zu spüren.