Kreis Olpe. In den Kliniken der KHS gibt es jetzt Demenz-Coaches. Das ist bislang einzigartig im Kreis Olpe. Warum sie im Krankenhaus besonders gefragt sind.

Es geht um Zeit. Ums Zuhören. Darum, dass jemand da ist. Etwas, das im Kranken- und Pflegesystem leider oft zu kurz kommt. „Es ist so schön zu sehen, dass wir die Patienten beruhigen können und sie dadurch insgesamt zufriedener sind. Und dadurch gehen auch wir zufrieden nach Hause“, sagt Katharina Sperzel. Die 28-Jährige arbeitet seit Anfang des Jahres als Demenz-Coach im St.-Martinus-Hospital Olpe. Genau wie ihre Kolleginnen Gaby Poggel und Janine Ninse hat sie sich für diese Weiterbildung entschieden, um bestmöglich auf die Bedürfnisse der Demenzpatienten im Krankenhaus eingehen zu können. Es ist ein bislang einzigartiges Angebot im Kreis Olpe.

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Demenzerkrankte passen nicht ins System „Krankenhaus“

„Der Demenzerkrankte passt leider nicht ins System. Die Erkrankung bringt aber ganz viele Herausforderungen mit sich. Und das eben auch im Krankenhaus“, sagt Tobias Quast, Pflegedirektor bei der Katholischen Hospitalgesellschaft (KHS). Die Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei es, die Demenzpatienten durch den Alltag in der fremden Umgebung zu lotsen und gleichzeitig für andere Patienten pflegerisch tätig zu sein. Es ist ein Spagat, den die Gesundheits- und Krankenpfleger in der Klinik täglich leisten müssen. Und genau hier sollen die Demenz-Coaches eingreifen. „Es sind Pflege-Experten, die zusätzlich zum Stationspersonal arbeiten. Das heißt, sie widmen sich voll und ganz dem Umgang mit Demenzpatienten“, so Quast.

Auch den Angehörigen des Demenzerkrankten könne so ein Gefühl vermittelt werden, dass der Patient gut aufgehoben sei. „Das ist sehr wichtig. Gerade in der Corona-Zeit mit den Besuchsverboten hatten viele Angehörige den Eindruck, den Erkrankten im Krankenhaus abgegeben zu haben. Mit den Demenz-Coaches gibt es aber immer einen direkten Ansprechpartner. Niemand wird allein gelassen“, betont Quast. Im Grunde gehört dieser persönliche Austausch, die Begegnung auf Augenhöhe, auch zum Pflegealltag. „Dieser Bereich ist aber in dem System oft in den Hintergrund gerückt. Obwohl wir bereits in unserer Ausbildung viele Berührungspunkte mit dieser Thematik hatten“, erklärt Katharina Sperzel. Umso schöner sei es, dass sie mit der Weiterbildung und Freistellung nun diese Möglichkeit bekomme, den Patienten auch emotional zu unterstützen.

Fachliche und persönliche Voraussetzungen für Demenz-Coaches

Kommunikation ist ein zentraler Baustein. „Wir sprechen sehr viel, über die eigene Biografie, was der Patient mag und vor allem nicht mag“, erzählt Gaby Poggel und lacht. Die 54-Jährige befindet sich derzeit noch in der Weiterbildung, darf mittlerweile auch wieder Präsenzveranstaltungen im Blockunterricht an der Zentralen Akademie für Berufe im Gesundheitswesen (ZAB) in Gütersloh besuchen. „Das ist besonders wertvoll, weil die Weiterbildung vom Austausch mit anderen Kollegen lebt. So nimmt man viel mehr mit als im Online-Unterricht.“

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Um Demenz-Coach zu werden, müssen aber nicht nur fachliche, sondern auch persönliche Voraussetzungen gegeben sein. „Man braucht vor allem Empathie und Geduld. Und das Hintergrundwissen, um die Krankheit einschätzen zu können. Dass man herausforderndes Verhalten nicht persönlich nimmt“, weiß Katharina Sperzel. Durch den intensiveren Kontakt mit den Patienten lerne man diese aber auch besser zu verstehen. Und selbst im späten Alzheimer-Stadium, wenn Gespräche nicht mehr möglich sind, könne man den Patienten immer noch vermitteln, dass sie nicht allein sind. „Dann können wir uns ans Bett setzen, etwas vorlesen, die Hand halten oder sie massieren. Das löst Angst und beruhigt.“

Das größte Geschenk sei Zeit. Für die Patienten, aber auch für die Demenz-Coaches selbst. „Weil ich keinen Zeitdruck mehr habe, habe ich auch kein schlechtes Gewissen mehr. Das hat sich früher hin und wieder eingeschlichen, wenn ich bei einem Patienten mehr Zeit verbracht habe, weil er mehr Zuwendung brauchte. Zeit, die einem anderen Patienten dann fehlte“, erklärt Gaby Poggel. Jetzt gebe es weniger Druck, dafür mehr Zufriedenheit. „Und wenn man sich erstmal darauf einlässt, merkt man, wie viel Humor noch in dem Demenzpatient steckt. Wir lachen oft zusammen.“ Mehr Gefühl, mehr Freude, mehr Glück.

>>> WEITERBILDUNG AN DER AKADEMIE IN GÜTERSLOH

  • Seit 2012 bietet die ZAB in Gütersloh die praxisorientierte Weiterbildung zum Demenz-Coach an, die mit dem Deutschen Weiterbildungspreis für innovative Weiterbildungen mit wissenschaftlichem Anspruch ausgezeichnet wurde.
  • Die Weiterbildung umfasst verschiedene Module, darunter das Krankheitsbild Demenz und Umgang mit demenzkranken Menschen, Kommunikationsmanagement sowie zusätzliche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dabei fallen 18 Seminartage zu je 8 Unterrichtsstunden sowie 40 Unterrichtsstunden in Form von Selbstlernzeit an.
  • Am Ende der theoretischen Lerneinheiten wird eine Projektarbeit zu einem praxisorientierten Thema erarbeitet. Ziel ist es, ein demenzsensibles Angebot für eine Einrichtung zu formulieren und wenn möglich auch zu initiieren. Im Abschlusskolloquium wird das Projekt präsentiert.