Olpe. Christina Kleine (25) aus Olpe ist lesbisch, wurde dafür beleidigt und angefeindet. Sie hat sich dafür eingesetzt, dass der CSD nach Olpe kommt.

Christina Kleine hat früh gemerkt, dass sie „anders“ ist. „Ich bin schon immer herausgestochen. Ich habe Metal gehört, hing lieber mit Jungs ab und habe mich für den ganzen Mädchen-Kram wie Schminke, Mode und so weiter nie interessiert“, sagt die 25-Jährige aus Olpe. Auch, dass ihre Klassenkameradinnen ihre männlichen Lehrer nach Aussehen bewertet haben, fand sie doof. „Ich hab’ das nie verstanden.“ Bis sie bei einem Schulausflug selbst mal jemanden auf der Attraktivitätsskala bewertet. Keinen Lehrer, sondern eine Referendarin. „Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass ich lesbisch sein könnte.“ Da war Christina 15 Jahre alt.

Schulsozialarbeiter aus Olpe stempelt es zunächst als Phase ab

Ihren „Verdacht“ äußert sie zum ersten Mal einem Schulsozialarbeiter gegenüber. Und bekommt leider eine Reaktion, die sie verunsichert. „Er meinte damals zu mir, dass das auch nur eine Phase sein könnte, weil ich in der Pubertät bin und sich die Hormone überschlagen. Ich sollte mal abwarten, ob sich das in zwei Jahren nicht schon wieder verändert hätte“, erinnert sich Christina. Ihr Anliegen wird nicht ernst genommen. Sie fühlt sich nicht akzeptiert, schämt sich und verheimlicht, was wirklich in ihr vorgeht. Sie spricht mit niemanden darüber. Zwei Jahre lang nicht. Versucht ihre Zuneigung, einen Teil ihrer Persönlichkeit, zu unterdrücken. Sie weiß, dass es nicht einfach nur eine Phase ist. „Diese Zeit war eine innere Zerreißprobe“, erzählt Christina. Bis sie sich eines Tages endlich jemandem anvertraut.

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„Meine Oma wusste es als erstes. Und danach meine beste Freundin.“ Von ihnen bekommt sie das Feedback, dass sie sich erhofft und gewünscht hat. „Niemand hatte ein Problem damit, im Gegenteil: Beide meinten zu mir, dass sie das schon gewusst hätten. Es war so – normal. Nach dem Motto: ‘Ja und?’“ Ein befreiender Moment, zumal das Verstellen, das Verstecken, damit endlich ein Ende hat. Auch ihre Eltern und der Rest ihrer Familie stehen hinter ihr. Sie ist nicht mehr allein.

Freunde wenden sich nach dem Outing ab

Doch nicht alle akzeptieren Christinas Outing. Einige Freundinnen wenden sich von ihr ab. „Zum Teil haben sich auch die Eltern eingeschaltet und meinen Freundinnen verboten, mit mir Kontakt zu haben. Weil ich ihnen an die Wäsche gehen könnte.“ Auch bei ihrer damaligen Arbeitsstelle stößt sie plötzlich auf Ablehnung. „Das war, als das damals mit dem homosexuellen Jugendlichen in Wenden bekannt wurde, der seinen Mitschüler umgebracht hat, weil er seine Liebe nicht erwider hatte“, erinnert sich Christina. Sie hörte Sätze wie „Solche Menschen sollte man abschlachten“ oder „Die sollte man in die Gaskammer schicken“. In der Firma arbeiteten viele Männer, einige davon stammten ursprünglich aus Ländern, in denen auf Homosexualität die Todesstrafe steht.

Auch, wenn zu diesem Zeitpunkt viele Arbeitskollegen nicht wussten, dass Christina lesbisch ist – warum auch –, verletzte Christina die Intoleranz, der Hass gegenüber Menschen, die nicht der heterosexuellen Norm entsprechen. „Mir wurde dann gesagt, dass ich nur lesbisch sei, weil ich noch keinen richtigen Mann hatte“, sagt Christina und muss dabei grinsen. Für sie sind das „Standardsprüche“, denen sie nicht mehr so viel Beachtung schenkt. Gegen die sie sich ein „dickes Fell“ zugelegt hat, wie sie selbst sagt. Mittlerweile arbeitet sie in einer anderen Firma, in der sie so akzeptiert wird, wie sie ist.

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CSD in Olpe soll Berührungsängste abbauen

Seit gut einem Jahr geht Christina zu den Treffen der Selbsthilfegruppe „Vielfalt Olpe“, um sich mit anderen Menschen aus der Queer-Szene auszutauschen. Gleichzeitig ist sie Mitglied beim „CSD Verein Olpe“, hat sich mit dafür eingesetzt, dass am Sonntag zum ersten Mal ein Christopher Street Day in Olpe (ab 13 Uhr) stattfinden wird. „Ein Dorf wie Olpe braucht den CSD“, sagt sie. „Wir möchten damit aufklären, auf die Berührungsängste hinweisen und sie abbauen.“ Ein Großteil habe sich bisher nicht damit auseinandergesetzt, was es bedeutet, queer zu sein. Und eben aus dieser Unwissenheit können Angst und Ablehnung entstehen. „Dabei sind wir nur Menschen“, sagt Christina. Menschen wie alle.