Olpe. Wegen Wuchers war ein 28-Jähriger am Amtsgericht Olpe angeklagt. Warum er nicht verurteilt werden konnte, lesen Sie hier.
Schamlos nutzen dreiste Täter Notlagen aus. Immer wieder gibt es Abzocke bei Schlüsseldiensten. Um eine völlig überteuerte Rohrreinigung ging es am Mittwoch im Olper Amtsgericht. Wegen Wuchers war ein 28-Jähriger angeklagt. Er habe am 11. Juni 2020 in Olpe die Zwangslage und Unerfahrenheit eines 32-Jährigen ausgebeutet, so Staatsanwalt Jan Philipp Lipka in der Anklage. Für die Reinigung eines verstopften Abflussrohres habe der Geschädigte übers Internet den Angeklagten gefunden und beauftragt. „Er löste das verstopfte Rohr in kurzer Zeit und verlangte dafür 844 Euro in bar. Der Zeuge war in einer Überrumpelungssituation“, sagte der Staatsanwalt.
Der 28-Jährige stritt die Vorwürfe vehement ab: „Das stimmt gar nicht. Ich habe diese Person noch nie gesehen. Ich war noch nie in Olpe und kenne mich mit Rohrreinigung gar nicht aus. Ich bin handwerklich nicht so begabt.“ In den Fokus der Ermittler war der 28-Jährige geraten, weil der Geschädigte ihn bei der Polizei „zu 80 Prozent“ bei der Vorlage von 20 Bildern wieder erkannt hatte. Dazu meinte der Angeklagte: „Das verstehe ich nicht. Ich habe noch nie im Leben mit ihm zu tun gehabt. Ich wohne seit Jahren in Gelsenkirchen.“ Zur Frage von Richter Peter Krumm, wo er denn am 11. Juni 2020 gewesen sei, meinte er: „Irgendwo in Gelsenkirchen.“
Dilemma an Fronleichnam
Der geschädigte Olper berichtete von seinem Dilemma am Fronleichnamstag im vergangenen Jahr: „Es kam in der Toilette und aus der Dusche gleichzeitig hoch. Ich habe Sanitärbetriebe im Kreis Olpe angerufen, aber keinen erreicht. Dadurch, dass wir nur eine Toilette haben, hat es unter den Fingernägeln gebrannt.“ Er habe dann nach Rohrreinigungsdiensten gegoogelt und bei einer Adresse angerufen: „Es gab einen Rückruf mit unterdrückter Nummer, dass zwei Stunden später zwei Männer kommen. Die haben das Rohr dann gereinigt.“
Richter Krumm stellte dem Zeugen die alles entscheidende Frage: „Ist der Angeklagte einer der beiden Männer?“ „Vom Bild her hätte ich damals eher dazu tendiert. Jetzt bin ich mir aber noch deutlich unsicherer. Ich kann nicht zu 100 Prozent sagen, dass er es ist.“ Damit war der Angeklagte aus dem Schneider. „Es ist sicher ein Wuchertatbestand, aber er kann dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden. Ich sehe mich nicht in der Lage, den Angeklagten wegen der Tat zu verurteilen“, sagte der Richter.
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Staatsanwalt Lipka forderte folglich auch einen Freispruch: „Der Zeuge ist auf einen Wucher hereingefallen, aber er kann nicht bestätigen, dass der Angeklagte der Täter ist.“ Dem schloss sich Verteidiger Ralf Bartmeier natürlich an: „Der Angeklagte war nicht einer der Beiden, die den Zeugen über den Tisch gezogen haben.“ So gab es am Ende auch von Richter Krumm einen Freispruch - auf Kosten der Landeskasse.