Olpe/Attendorn. Nezahat Baradari aus Attendorn will ihr Bundestagsmandat verteidigen. Einfach wird das nicht. Was die SPD-Politikerin aber optimistisch stimmt.

Ein Kinderbuch greift Nezahat Baradari aus dem öffentlichen Bücherschrank im Weierhohl in Olpe. Auf dem Titelbild sieht man ein Mädchen, das in Anlehnung an Pippi Langstrumpf zwei hilflos dreinblickende Männer mit sich schleppt. „Das passt ja“, lacht Nezahat Baradari. Mit Alpha-Männern legt sich auch die Bundestagsabgeordnete aus Attendorn gerne an.

Bei der Wahl am 26. September geht es ihr darum, sich (auch) gegen solche Männer durchzusetzen und ihr Mandat zu verteidigen. Einfach wird das nicht, denn im strukturell konservativen Wahlkreis landete die SPD-Politikerin schon beim letzten Mal abgeschlagen nur auf dem zweiten Platz und auf der Landesliste ist sie deutlich schlechter platziert als 2017.

+++ Wer soll für den Kreis Olpe in den Bundestag: Jetzt für Podiumsdiskussion anmelden +++

Im Gespräch zeigt sie sich dennoch optimistisch. „Wenn Sie die Landesliste genau analysieren, denke ich, dass ich sogar besser gestellt bin als vor vier Jahren.“ Denn anders als bei der letzten Wahl hätten dieses Mal auch aussichtsreiche Direktkandidaten obere Listenplätze erhalten. Holen sie in ihren Wahlkreisen eine Erststimmen-Mehrheit, rutscht die Attendornerin nach oben, so ihre Rechnung.

Solide Finanzierung für Kliniken

Hoffnung machen ihr auch die aktuellen Umfragewerte für die SPD und ihren Kanzlerkandidaten. „Auch Konservative trauen Olaf Scholz die Führung unseres Landes zu.“ Die CDU hingegen habe die Bedürfnisse der Unter- und Mittelschicht aus den Augen verloren.

Als Nachrückerin zog die 56-Jährige vor zwei Jahren in den Bundestag ein. „Und ich konnte seitdem einiges für den Kreis bewegen“, zählt sie Fördermittel etwa für den Breitbandausbau, aus dem Digitalpakt Schule und für die Sanierung von Bahnhöfen auf. „Das sind Sachen, die nicht vom Himmel fallen, sondern für die es eine starke Stimme in Berlin braucht.“

+++ Lesen Sie auch: Villa Höffken kommt unter den Hammer +++

Als niedergelassene Kinderärztin liegt ihr die Gesundheitspolitik besonders am Herzen. „Kleine Krankenhäuser und Kinderkliniken brauchen eine solide Grundfinanzierung“, fordert sie und kritisiert Pläne, das Krankenhaus-Netz weiter auszudünnen. „Stellen Sie sich vor, wir hätten die Kinderklinik in Siegen nicht oder keine Geburtsstationen im Kreis Olpe.“ Statt Fallpauschalen für bestimmte Eingriffe zu zahlen, müsse wieder jeder Mensch individuell betrachtet werden. „Die Rationalisierung in Gesundheit und Pflege ist eine andere Form des Heuschrecken-Kapitalismus.“

Corona-Politik und Klimaschutz

Mit Sorge blickt Nezahat Baradari auf eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Corona-Leugner seien verblendet und Argumenten kaum noch zugänglich. „Kritisches Denken ist wichtig“, sagt sie, „aber Verblendung zerstört die Demokratie.“ Ähnliche Muster erkennt die Politikerin bei Klimawandel-Leugnern. Dabei sei der Klimaschutz ein bedeutendes Thema für die nächste Wahlperiode. „Da machen die Grünen viele gute und richtige Vorschläge“, sagt sie, „aber die müssen auch umgesetzt werden.“ Durch die Kompetenz der SPD im Bereich Industriepolitik könne ihre Partei widerstreitende Interessen am besten vereinen.

Um Klimaschutz und andere Zukunftsthemen geht es im Übrigen auch in dem Buch, das bei Nezahat Baradari derzeit auf dem Nachttisch liegt. Der berühmte Autor: Bill Gates. Doch manchmal, so verrät sie zum Abschluss noch, darf es auch ein Krimi sein. „Der Roman von Simon Beckett bleibt im Wahlkampf aber leider zu oft liegen...“