Lennestadt/Kirchhundem. Der bekannteste Wanderweg des Sauerlands ist 20 Jahre alt geworden. Warum er immer noch so viele Menschen anzieht.

Die Idee, den ersten Premiumwanderweg Deutschlands im Sauerländischen Mittelgebirge zu etablieren – und das mit einem enormen Aufwand, war vor 20 Jahren nicht risikolos. Das „Neue Wandern“ als aktive Freizeitbeschäftigung in der Natur stand damals noch in den Kinderschuhen. Aber die Idee hat gezündet, das Geburtstagskind hat seine Erfolgsgeschichte geschrieben. Auch im Kreis Olpe, den er auf knapp 20 Kilometer von der Oberndorfer Höhe bei Heinsberg bis zum Härdler bei Milchenbach durchquert.

Aushängeschild

Längst gehört der 154 Kilometer Wanderweg zu den touristischen Aushängeschilder der Region. Nicht von ungefähr wirbt die Gemeinde Kirchhundem in ihrem Logo mit dem Claim „Mitten am Rothaarsteig“. „Der Weg hat für uns nach wie vor eine hohe Bedeutung. Es war damals die Initialzündung für die Gemeinde, sich auf den Weg zu einer Qualitäts-Wanderregion zu machen und hat unseren Bekanntheitsgrad sicherlich gesteigert“, sagt Susanne Kues-Gertz, Tourismus-Expertin der Gemeinde Kirchhundem.

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Kein Frage: Der Weg, zu erkennen an dem roten „R“, mit seinen 300 Waldbänken, Waldsofas, Vesperinseln und Hängematten sowie 11.300 Wegezeichen, 800 Wegweiser-Pfosten, Aussichtplattformen, Stegen und Brücken und nicht zuletzt seinen hochwertigen Einkehrmöglichkeiten übt auch heute noch eine große Anziehungskraft auf das Wanderschuh-schnürende Publikum aus. 1,7 Millionen Besucher pro Jahr sprechen eine deutliche Sprache. 30 Prozent der Gäste, das ergab ein Gutachten der Fachhochschule Südwestfalen im Auftrag des Rothaarsteigvereins vor ein paar Jahren, kommen wegen der guten Infrastruktur auf den Rothaarkamm. Aber fast immer trifft man auch Einheimische, die sich dem Reiz des Weges nicht entziehen können.

Bernhard Schwermer vor dem Rhein-Weser-Turm:
Bernhard Schwermer vor dem Rhein-Weser-Turm: © WP | Thorsten Streber

Viele „Stammkunden“

Ein „überzeugter Rothaarsteig-Fan“, wie er selber sagt, ist Reinhard Hesse aus Welschen Ennest. „Dutzende Male sind wir in den 20 Jahren Teilstücke des Weges gelaufen, uns fehlen nur noch letzten Kilometer bei Dillenburg“, sagt er. Von einer unvergesslichen Wanderung mit einem Rothaarsteig-Ranger von Jagdhaus zum Rhein-Weser-Turm würden Freunde aus München noch heute erzählen.

Aber der Weg der Sinne ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Der Umsatz des Gastgewerbes in den 26 Kommunen durch die Rothaarsteig-Besucher wird auf 33, Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Bernhard Schwermer, Wirt im Rhein-Weser-Turm, eines der größten und bekanntesten Wanderportale direkt am Rothaarsteig, weiß um die Bedeutung. „Der Rothaarsteig ist für uns in der Wandersaison von April bis Oktober unverzichtbar.“ Die Übernachtungszimmer sind oft ausgebucht. ,Auch heute noch fahren wir zwischen 500 und 800 Wanderer pro Jahr nach Heinsberg in unser Stammhaus, wenn hier oben alle Zimmer belegt sind.“ Hinzu kommen die Tageswanderer, die zum Essen oder zu Kaffee und Kuchen einkehren.

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Traumwerte

58 Prozent der Übernachtungsgäste waren schon mehrmals im Jahr auf dem Rothaarsteig, 17 Prozent sogar mehr als fünf mal. Auch unter den Tageswanderern gibt es jede Menge Wiederholungswanderer, 58 Prozent kommen bis zu sechs mal pro Jahr auf dem Rothaarkamm. Das sind Traumwerte.

Mit touristischen Aushängeschildern ist das so eine Sache. Werden Sie nicht ständig gepflegt und auf einem top-Nieveau gehalten, kann der strahlendste Stern schnell verblassen. Der Rothaarsteig-Verein weiß das und machte aus der Not eine Tugend. Als zum Beispiel der Sturm Kyrill 2018 über das Rothaargebirge fegte und viele Hektar Wald infolge des Windbruchs verschwanden, pachtete der Rothaarsteigverein viele Flächen an, um die „neue Aussicht“ zu erhalten. Viele sagen, die natürliche Entfichtung habe auch dem Rothaarsteig gut getan.

Die Landschaft am Wanderweg wird sich weiter verändern: „Der Zukunftswald nimmt schon erste Formen an. Nach einem weitergehenden Kahlschlag infolge der Borkenkäferkalamität wird die Naturverjüngung bis zum 30. Geburtstag einen anderen Wald hervorgebracht haben, sagte Harald Knoche, Vorsitzender des Rothaarsteigvereins.