Kreis Olpe. In den Hochwassergebieten in Hagen und Swisttal erleben DRK-Helfer Bilder wie in einem Katastrophenfilm.

Die Sandsäcke an der Landstraße 880 in Serkenrode erinnerten am Freitag an die Einsätze der Feuerwehr und der vielen Helferinnen und Helfer im Kampf gegen vollgelaufene Keller und überflutete Grundstücke. Die Fretter hat sich längst wieder in ihr Bett zurückgezogen. Auch für viele Anwohner des Fretter- und Lennetals sind die Folgen des Hochwassers noch lange nicht ausgestanden. Doch viel schlimmere Auswirkungen der Jahrhundertflut hat Julian Halbe vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes erlebt, der mit ehrenamtlichen Kräften des DRK und heimischen Feuerwehren in den Katastrophengebieten in Hagen und in Swisttal im äußeren Süden von Nordrhein-Westfalen im Einsatz war.

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Überall stapeln sich Autos

„Auf dem Weg nach Swisttal lagen überall Autos im Graben, die Straßen waren voll Schlamm, Bundeswehrfahrzeuge sind uns entgegengekommen. Das waren Bilder, die man nur aus Katastrophenfilmen kannte“, wird der Attendorner Julian Halbe die nächtliche Fahrt in den Rhein-Sieg-Kreis nicht so schnell vergessen. Halbe, Pressesprecher des DRK-Kreisverbandes und dort hauptamtlich für die IT verantwortlich, lag erst ein paar Stunden im Bett, als am Freitagmorgen gegen 1.20 Uhr die digitale Alarmierung für den sogenannten Patiententransportzug 10 des Kreises Olpe ausgelöst wurde. Dazu gehören jeweils vier Rettungs- und Krankenwagen sowie ein Führungsfahrzeug der DRK-Ortsvereine und ein Krankenwagen des Malteser Hilfsdienstes.

Lage- und Einsatzbesprechung der heimischen Helfer beim Hochwasser in Fröndenberg, rechts Rotkreuzleiter Marco Steinrode. Foto: Privat
Lage- und Einsatzbesprechung der heimischen Helfer beim Hochwasser in Fröndenberg, rechts Rotkreuzleiter Marco Steinrode. Foto: Privat

Einsatzort für die 19 Helferinnen und Helfer des DRK, bis auf Julian Halbe alles Ehrenamtliche, war die vom Hochwasser besonders betroffene Gemeinde Swisttal. Zwei Tage zuvor war Halbe mit Kräften des DRK und der heimischen Feuerwehren im Hotspot Hagen gewesen und hatte daher eine Ahnung, was die Rotkreuzler jetzt erwartete. Zwar blieb den heimischen Rettern in Hagen und Swisttal der Anblick und die Bergung von Toten und Verletzten erspart. Aber die Bedingungen waren gespenstisch. Ganze Ortschaften mussten evakuiert werden, Talsperren drohten überzulaufen, Dämme zu brechen. „Alle haben gesagt, dass sie so etwas noch nicht gesehen haben“, berichtet der junge Attendorner.

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Seniorenheim evakuiert

Nach der Ankunft am Freitagmorgen gegen 4.30 Uhr erhielten die heimischen DRK-Helfer eine erste Einweisung. Zunächst musste ein Seniorenheim evakuiert werden. „Die größte Herausforderung für uns war es, die Menschen gut unterzubringen und medizinisch zu versorgen“, blickt Julian Halbe zurück. Und das alles unter Corona-Bedingungen. Die Touren der Olper DRK-Fahrzeuge mit den Patienten führten ins gesamte Bonner Umland. Am Mittwoch stand das Wasser hier noch zwei Meter hoch. Zum Glück konnten die Senioren in obere Etagen gebracht werden.

Nach einer Erholungsphase und einem Großeinkauf in einem nahen Discounter, der für die Einsatzkräfte extra eine Kasse aufgemacht hatte, ging es für Halbe und Co. weiter zu einem Heim für Betreutes Wohnen. Flächendeckend gab es keinen Strom und kaum Handyempfang, auch das Funknetz der Rettungsdienste fiel zum Teil aus. Jetzt drohte auch noch das Notstromaggregat des Wohnheims auszufallen. Aber mit vereinten Kräften und vielen Helfern gelang die Räumung. „Die Einsätze haben gut geklappt, der Zusammenhalt war groß“, lobt Julian Halbe die Arbeit in Swisttal.

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300 Brötchen aus Attendorn

In Hagen waren zwei Tage zuvor DRK-Einsatzkräfte aus Finnentrop, Kirchhundem und Drolshagen Teil einer 100-köpfigen Feuerwehrbereitschaft der Bezirksregierung Arnsberg. In dieser Einheit des Katastrophenschutzes sind die Rotkreuzler für die Verpflegung der Brandschützer zuständig. Mit 300 frischen Brötchen eines Attendorner Bäckers und kühlen Getränken ging es nach der morgendlichen Alarmierung auf den Weg nach Hagen. Der Otto-Ackermann-Platz wurde dort zur Zentrale für die Verpflegung der heimischen Feuerwehrleute. Dort bauten die 13 Rotkreuzler, darunter zehn vom Ortsverein Attendorn, die mobile Küche auf, kauften Lebensmittel ein und belieferten die Kameraden an ihren Einsatzorten mit Warmhaltebehältern. In der Garage der örtlichen Feuerwehrwache wurde Suppe gekocht. Überall kamen die DRK-Versorger in den mit Schutt und Schlamm übersäten Straßen nicht durch. Teilweise stand das Wasser 30 bis 40 Zentimeter hoch. „Viel höher hätte es nicht sein dürfen“, weiß Julian Halbe.

Zentimeterhoch liegt der Schlamm auf den Straßen in der Hochwasser-geplagten Gemeinde Swisttal im äußersten Süden von Nordrhein-Westfalen. Foto: Privat
Zentimeterhoch liegt der Schlamm auf den Straßen in der Hochwasser-geplagten Gemeinde Swisttal im äußersten Süden von Nordrhein-Westfalen. Foto: Privat

Nach dem DRK fuhr am Mittwochabend auch der Rest der Feuerwehr-Bereitschaft mit den Kräften aus dem Kreis Olpe wieder nach Hause, die nächste Einheit aus dem Regierungsbezirk Arnsberg rückte nach. Im DRK-Haus Attendorn machten Julian Halbe, Rotkreuzleiter Marco Steinrode, der in Fröndenberg als Beauftragter des Kreises Olpe für den Katastrophenschutz dabei war (siehe Infobox), und Co. am Samstag die Fahrzeuge für den nächsten Einsatz startklar. Jetzt hofft der DRK-Pressesprecher auf ein paar ruhige Tage.