Wenden. Großes Interesse gab es an der Ratssitzung zur künftigen Nutzung des elf Hektar großen Areals in Rothemühle. Die Beratung dauerte drei Stunden.
Das Interesse an der künftigen Nutzung des ehemaligen Balcke-Dürr-Geländes in Rothemühle ist groß. Bei der Sondersitzung des Rates zum integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) am Mittwochabend waren in der Gesamtschule alle Zuschauerplätze besetzt. In den vergangenen Tagen hatte die Verwaltung zahlreichen weiteren Interessenten absagen müssen. „Jetzt sind 90 Leute hier. Die Raumkapazität ist ausgeschöpft“, sagte Bürgermeister Bernd Clemens. Nach dreistündiger Debatte gab es am Ende noch keine Entscheidung über die Folgenutzung der Industriebrache.
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Den von der Verwaltung vorgeschlagenen Beschluss, das ISEK schon zu beschließen lehnte der Rat ab. Stattdessen wurde es zur Kenntnis genommen. Eine Mehrheit fand ein CDU-Antrag mit den Stimmen der UWG: Danach wurde die Verwaltung beauftragt, eine Konzeptvergabe spätestens bis zur Ratssitzung am 17. November vorzubereiten, die sich an den Zielen des ISEK orientiert. Wie berichtet gibt es zwei konträre Konzepte: Die beiden Investoren Stefan Müller und Alexander Czenkusch wollen die kompletten elf Hektar von der Gemeinde kaufen und dort den Gewerbepark Rothemühle errichten. Dagegen wehren sich die Anlieger mit Kunibert Solbach an der Spitze. Sie wollen keine Spedition und Lagerflächen, sondern einen Mix aus kleinteiligem Gewerbe, Wohnen, Gastronomie und offengelegter Bigge.
Hohe Nachfrage der Firmen
Unisono hatten die Fraktionen dafür plädiert, dass die Vorstellung des Konzeptes der beiden Investoren aus dem nicht-öffentlichen in den öffentlichen Teil verlegt wurde. Ganz viele Firmen hätten Bedarf angemeldet, berichtet Stefan Müller über das Ergebnis seiner Marktanalyse: „Ich hätte nicht gedacht, dass so ein Feedback kommt. Zur Zeit haben wir Anfragen, dass wir noch 4000 Quadratmeter an Hallen anbauen müssten.“ Es handele sich unter anderem um drei Garten- und Landschaftsbauer, einen Schreiner, Dachdecker und Logistiker. Etwa 165 Arbeitsplätze würden insgesamt geschaffen.
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Auf dem ehemaligen Mitarbeiter-Parkplatz seien Stellplätze geplant, die Bigge werde „nicht angefasst“, so Müller. Vom Kreis Olpe habe es positive Signale gegeben, dass der Brandschutz machbar sei. Neben dem Firmenpark soll es noch einen Lagerpark geben und einen Eventpark. Letzterer soll aber erst geschaffen werden, wenn mit den beiden anderen Bereichen entsprechende Umsätze erzielt werden. „Wir haben ein Gesamtkonzept für die ganze Immobilie. Unser Päckchen ist gepackt“, sagte Müller und überreichte ein Paket mit seinem Konzept an Bürgermeister Bernd Clemens.
Dr. Fabian Schubert vom Büro „Stadt + Handel“ erläuterte das Ergebnis des ISEK, das sich mit den Vorstellungen der Anlieger um Kunibert Solbach deckt. Danach sollen Hallen abgerissen, die Bigge freigelegt werden und auf dem ehemaligen Mitarbeiter-Parkplatz Wohnraum entstehen, was nach einem Gutachten wegen eventueller Bodenbelastungen auch möglich ist. Im nördlichen Bereich sind laut Dr. Schubert nicht störendes Kleingewerbe mit dazugehörigen Stellplätzen geplant. „Industriecharme soll in Teilen erhalten und mit Renaturierung verbunden werden“, so der Gutachter.
Im südlichen Bereich empfiehlt Dr. Schubert, die Halle 4 als Kunst- und Kulturstandort zu entwickeln, kombiniert mit einem Gastronomiebetrieb mit Anbindung an den Radweg. Hier solle ein Naherholungsgebiet entstehen. „Dies ist ein grobes Konzept mit Ideen und Vorschlägen, wo die Reise hingehen soll“, sagte Dr. Schubert zum ISEK.
Grundlage für Fördermittel
Das Konzept sei die Grundlage, um Fördermittel zu bekommen, betonte der Bürgermeister. Zentral sei dabei die Freilegung der auf 250 Meter kanalisierten Bigge, für die 1,5 Millionen Euro Zuschuss winken: „Das ist ein Riesengewinn für die Natur.“ Zudem gebe es weitere Fördertöpfe. Die Hallen 2, 3 und 5 sollen laut Clemens abgerissen und die Hallen 4 und 6 erhalten bleiben. 2,5 Millionen Euro hat die Gemeinde für die Abrisskosten einkalkuliert.
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„Ziel ist der Abriss der Hallen und die Ansiedlung von Kleingewerbe“, sagte Bernd Clemens. Vier bis sechs Jahre soll die Umsetzung dauern. Es solle alles getan werden, um die Halle 1, den prägenden roten Backsteinbau, zu erhalten, so der Bürgermeister: „Das Herz würde bluten, wenn das abgerissen würde, aber das ist am Ende eine wirtschaftliche Frage.“ Doch auch hier hat man Fördermöglichkeiten im Visier.
Der Antrag der Grünen, das ISEK bereits zu beschließen, fand keine Mehrheit, ebenso wie der SPD-Antrag, eine Entwicklungsgesellschaft zu gründen. „Seriöse Entscheidungen müssen auf Grundlage ausreichender Informationen getroffen werden. Dazu sehen wir uns heute nicht in der Lage“, unterstützte Thorsten Scheen (UWG) den CDU-Antrag für eine Konzeptvergabe. „Es gibt überhaupt keinen Zeitdruck. Wir haben das Gelände zum größten Teil verpachtet. Wir müssen das heute Abend nicht übers Knie brechen“, sagte Bürgermeister Clemens. Es reiche, wenn der ISEK-Beschluss bis 30. September dieses Jahres vorliege: „Mit der Konzeptausschreibung haben wir dann Leute, die sich bewerben. Wir behalten das Heft des Handelns in der Hand.“