Kreis Olpe. Die Tochter einer an Covid-19 verstorbenen Frau und ein ehemaliger Patient des Olper Krankenhauses üben Kritik am Corona-Management.
Manuela Gaube (43) aus Olpe ist eines wichtig im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich will nicht das Krankenhaus an den Pranger stellen. Mit geht es nur darum, dass die Verantwortlichen dort den Ursachen nachgehen und dass andere dadurch vielleicht verschont bleiben.“ Manuela Gaube hat im St.-Martinus-Hospital ihre Mutter verloren, sie starb am 19. April an der Corona-Infektion, wie es auf dem Totenschein vermerkt gewesen sei. Und Manuela Gaube ist sicher: „Sie hat sich im Krankenhaus angesteckt.“ Und es sei nicht auszuschließen, dass es durch Nachlässigkeiten im Kontrollsystem des Hospitales begünstigt worden sei.
Fast zeitgleich mit Manuela Gaube meldet sich ein Kirchveischeder Rentner bei unserer Redaktion, der wegen einer „Herzgeschichte“, wie er sagt, vom 23. April bis 1. Mai im Martinus-Hospital behandelt worden sei. Auch er ist absolut sicher: „Ich habe mich dort mit dem Virus infiziert, und nach meinem Aufenthalt wundert mich das nicht.“ Auch er sieht durch Nachlässigkeiten im Corona-Management des Krankenhauses Lücken, die Infektionsausbrüche begünstigten: „Patienten, auch aus meinem Zimmer, konnten das Krankenhaus ohne Kontrolle verlassen, in der Stadt einkaufen und wieder zurückkehren.“
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Auch die Raucherkabine im Außenbereich des Krankenhauses, in der sich zeitgleich mehrere Personen aufhalten und unkontrolliert in die Klinik zurückkehren könnten, sei aus seiner Sicht ein Schwachpunkt. Gerade die Ein- und Ausgangssituation müsse mit einem externen Sicherheitsdienst besetzt werden. Anders als Manuela Gaube möchte er seinen Namen, der Mann ist der Redaktion aber persönlich bekannt, nicht öffentlich machen. Er habe während seines Aufenthaltes keinen Besuch bekommen, die Infektion sei am 27. April diagnostiziert worden, die Quarantäne laufe noch bis zum 18. Mai.
Verstorben mit 71 Jahren
Zurück zur Geschichte der verstorbenen Mutter Manuela Gaubes, Rosemarie Gaube, die im Alter von 71 Jahren am 19. April verstarb. Laut der Schilderung von Manuela Gaube wurde die Mutter, die an Diabetes litt, wegen Kreislaufproblemen und Schmerzen im Arm am 21. März ins Krankenhaus eingeliefert und noch am selben Tag auf Corona getestet. Ergebnis: negativ.
Nach einer Operation kommt sie auf eine Normalstation, wo Manuela Gaube sie alle fünf Tage besucht, mit vorheriger Terminanmeldung und Schnelltest. Am 6. April wird die Mutter auf eine andere Station verlegt, wo die Tochter sie am 8. April, wieder mit Schnelltest, besucht. Als sie ihre Mutter dann am 10. April wieder besucht habe, sei sie verwundert gewesen: „Eine Pflegekraft sagte mir, einen erneuten Test brauche ich nicht, der vom 8. April habe fünf Tage Gültigkeit.“ Auf dem Zimmer ihrer Mutter hätten zwei weitere Seniorinnen gelegen, 85 und 81 Jahre alt, die Betten keine eineinhalb Meter auseinander.
Am 12. April sei sie dann vom Gesundheitsamt informiert worden, ihre Mutter sei positiv getestet worden, sie selbst solle sich bis zum 24. April in Quarantäne begeben. Ein Test am 14. April habe aber ergeben, dass sie sich nicht infiziert habe.
Anruf des Gesundheitsamtes
Manuela Gaube: „Meine Mutter ist dann auf die Corona-Station verlegt worden, und ich habe täglich morgens und abends in der Station angerufen.“ Von ernsthaften Corona-Symptomen bei der Mutter sei nicht die Rede gewesen, lediglich von Geschmacksverlust. Dann am 18. April die für sie überraschende Schock-Nachricht, die Mutter liege im Sterben, habe eine schwere Lungenentzündung, Wasseransammlungen, die Funktionen von Leber und Nieren versagten zunehmend. Am 19. April folgte die Todesnachricht. Der Bestatter habe ihrem Sohn dann erklärt, Covid-19 sei dort als Todesursache vermerkt.
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Manuela Gaube: „Die Ärzte waren bemüht und freundlich, die meisten Pflegekräfte auch.“ Aber sie habe den Eindruck, dass Corona offenbar jede Nachlässigkeit auch auf nur einer Station bestrafe, so dass das Netz noch enger gespannt werden müsse. Leider sei das Virus offenbar so gefährlich, dass jedes Leck tödliche Folgen haben könne.
Stellungnahme von Dr. Gereon Blum
Dr. Gereon Blum, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen (KHS), nimmt, von uns mit der Kritik zur Corona-Situation im Olper Krankenhaus konfrontiert, wie folgt Stellung: „Aus Datenschutzgründen dürfen wir zu konkreten Patienten keine Information liefern. Richtig ist, dass, wie von uns berichtet, einige Patienten während ihres stationären Aufenthaltes positiv getestet wurden und wir davon ausgehen, dass die Ansteckung im Krankenhaus erfolgte. Auf welchem Wege die Ansteckung allerdings erfolgt ist, ist trotz ausführlicher Recherche nicht eindeutig nachvollziehbar.
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden seit vielen Monaten engmaschig getestet. Ebenso werden auch die Patienten bei Aufnahme und während des Aufenthaltes regelmäßig getestet. Ein grundsätzliches Besuchsverbot besteht seit November vergangenen Jahres. Besuche sind nur in medizinisch notwendigen Ausnahmesituationen zulässig. Wenn von den wenigen Besuchern die FFP2-Maske gerade im Zimmer konsequent getragen und der Abstand eingehalten wird (auch keine kurze Berührung), ist eine Übertragung sehr unwahrscheinlich.
Diskussionen mit Besuchern
Leider wird unser Personal immer wieder in Diskussionen verwickelt mit Besuchern, die diese Regeln nicht einhalten wollen. Wir treffen also nahezu alle möglichen Sicherheitsmaßnahmen. Eine 100-prozentige Sicherheit kann man damit aber leider nicht erreichen, auch, wenn wir uns das alle wünschen würden. Der Tod von Frau Gaubes Mutter tut uns sehr leid. Wir hätten uns gewünscht, Frau Gaube hätte mit ihren Hinweisen Kontakt zu uns aufgenommen. Gerne hätten wir diese entgegen genommen.
Bezug nehmend auf die Aussage des anderen Patienten, der sich an Sie gewandt hat: Sicher ist es richtig, dass es Patienten gibt, die sich ungeachtet unseres Besuchsverbots vor dem Haus mit Angehörigen treffen. Hier können wir nur an die Vernunft appellieren – mehr aber leider nicht. Wir dürfen keinem Patienten das Recht auf Freiheit verwehren, daher wird es weiterhin Personen geben, die sich so verhalten, wie es der Patient beschrieben hat.
Zum Tag der Pflege möchten wir uns den Hinweis erlauben, dass unser Personal, und hier vor allem die Pflege, seit über 14 Monaten im Dauereinsatz steht und unter Höchstleistung arbeitet. Hier appellieren wir noch einmal dringend an alle Besucher und Patienten, sich ebenso korrekt zu verhalten und alle Regeln einzuhalten. Leider erleben wir, wie geschildert, zunehmend das Gegenteil. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Wir stehen weiter bereit, unseren Anteil zur Bekämpfung beizutragen.“