Eindhoven/Oberhundem. Marc Kleffmann aus Kirchhundem ist kurz vor Corona nach Holland gezogen. Kontakt in die Heimat und zur Freundin in Brüssel zu halten, war schwer.

Da reibt sich so mancher die Augen. Trotz rund zweimal so hohem Inzidenzwert lockern die Niederländer die Corona-Beschränkungen und kehren zum „normalen Alltag“ zurück. Einer, der die Corona-Pandemie in unserem Nachbarland hautnah miterlebt hat, ist Marc Kleffmann aus Oberhundem.

Der 32-Jährige, der von 2009 bis 2014 als jüngstes Ratsmitglied für die CDU im Gemeinderat von Kirchhundem saß, arbeitet seit März 2020 als General Manager und Qualitätsleiter bei Shibata-Fender-Team in Eindhoven. „Bis Anfang 2020 habe ich für die Firma in Malaysia gearbeitet. Nach mehreren Jahren in Asien wollten meine Freundin und ich gerne wieder näher in Richtung Heimat ziehen. Sie kommt aus Paris – also sind die Niederlande ungefähr in der Mitte“, lacht der Oberhundemer. „Pünktlich zum Beginn der Pandemie bin ich daher in die holländische Tochtergesellschaft der gleichen Firma in der Nähe von Eindhoven gewechselt“, erzählt Marc Kleffmann.

Regeln entspannter als in Deutschland

Doch dann kam Corona: „Es ging so ähnlich los, wie woanders auch. Anfangs wurde Corona unterschätzt, dann wurde es ernst. Im Sommer war es ruhig, fast normal, und seit Herbst waren die Zahlen dann durchgehend zu hoch, um über Lockerungen nachzudenken. Insgesamt waren die Regeln hier meist entspannter als in Deutschland, aber dafür waren die Infektionszahlen je Einwohner auch höher.“

Auch im Privat- und Berufsleben machten sich die Auswirkungen der Pandemie mehr und mehr bemerkbar. „Das war sehr einschneidend“, erzählt Marc Kleffmann. „Wir sind gerade zurück nach Europa gekommen, aber waren trotzdem in einem fremden Land. Neue Kontakte zu knüpfen, war eine echte Herausforderung. Wir wollten näher bei Freunden und Familie sein, aber die konnten wir trotzdem nicht öfter besuchen, als zuvor von Asien aus. Beruflich war ich vor der Pandemie fast jede Woche auf Reisen. Dann kam der Lockdown. Daraufhin habe ich die IT-Abteilung des Unternehmens übernommen, um die Firma weltweit krisenfest für Home-Office und Co. zu machen.“

Marc Kleffmann pendelt zwischen seinem Arbeitsort Eindhoven, seiner Heimat Oberhundem und Brüssel, dem Wohnort seiner Freundin.
Marc Kleffmann pendelt zwischen seinem Arbeitsort Eindhoven, seiner Heimat Oberhundem und Brüssel, dem Wohnort seiner Freundin. © Diana Leboch

Ende 2020 kam dann der zweite Lockdown. Das bedeutete auch für Marc Kleffmann Ungemach im Privatleben: „Meine Freundin wohnt und arbeitet seit Oktober in Brüssel. Für Paare in unserer Situation gibt es zum Glück einige Sonderrechte im Hinblick auf grenzübergreifende Mobilität. Aber wir mussten Anfang des Jahres wöchentlich prüfen, welche Regeln gerade gelten, um uns gegenseitig zu besuchen. Die Regeln in Belgien sind, seitdem die Zahlen im letzten Jahr so schlecht waren, strenger – überall Maske, auch draußen, abends Sperrstunde, die meisten Läden geschlossen. Seit einigen Monaten sind die Infektionszahlen aber niedriger und es gibt bald erheblich Lockerungen.“

Doch plötzlich vor wenigen Wochen die Wende. Trotz hoher Inzidenzwerte gab es Lockerungen, von denen die Deutschen in Zeiten der „Notbremse“ nur träumen können. Marc Kleffmann sieht Unterschiede in der „Corona-Politik“ in den Niederlanden und in Deutschland: „Die Maßnahmen waren hier meist lockerer. Strengere Maßnahmen wurden immer etwas später durchgesetzt. Der Hauptgrund dafür ist meines Erachtens der Druck aus der Bevölkerung und die geringe Toleranz gegenüber Freiheitseinschränkungen. Daher gab es vor einigen Wochen Unruhen in Eindhoven, als erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine Sperrstunde verhängt wurde. Andererseits sind die Maßnahmen viel einheitlicher als in Deutschland.“

Marc Kleffmann freut sich natürlich über ein paar mehr Freiheiten, aber er hält sich derzeit noch zurück: „Der Ansturm auf die Gastronomie ist mir aktuell zu groß. Wenn die Aufregung der ersten Wochen abgeflacht ist, dann freue ich mich auf ein frisch gezapftes Bier auf der Terrasse.“

Weihnachten zuletzt in der Heimat

Der 32-Jährige hofft, dass es trotz der Lockerungen bald aufwärts geht, auch wenn er zunächst das Gegenteil befürchtet: „Vielleicht nochmal etwas schlimmer, aber ich hoffe, dass die Zahlen durchs Impfen relativ stabil bleiben und in ein paar Wochen endlich weiter nach unten gehen.“

Ein Grund, dass er zunächst steigende Inzidenzwerte befürchtet, liegt auch an seinen Landsleuten. „Unverantwortlich“ findet er es, dass viele Deutsche nun die Chance nutzen, um zum Shoppen oder auf ein Bier nach Holland, zu kommen. Er könne verstehen, wenn man sich mal über Empfehlungen hinwegsetze, um in der Isolation nicht völlig verrückt zu werden. Aber eine gewisse Dringlichkeit solle schon gegeben sein. „Aber wenn die Leute sich derart rücksichtslos verhalten, dann werden die Maßnahmen wieder verschärft und Leute wie ich dürfen wieder nicht von Holland nach Deutschland reisen für den längst überfälligen Besuch bei Familien und Freunden in der Heimat. Ich zum Beispiel war zuletzt zur Weihnachtszeit in der Heimat“, erzählt Marc Kleffmann

Die Corona-Einschränkungen sieht der 32-Jährige trotz Bedenken insgesamt positiv: „An vielen Maßnahmen kann man leicht Kritik üben, wenn man sie alleinstehend betrachtet. Eine Maske auf einer menschenleeren Straße zu tragen, ist Unsinn. Aber die Maßnahmen sind nicht für Einzelsituationen gemacht, sondern müssen möglichst viele Alltagssituationen abdecken. Die Regeln müssen überschaubar bleiben für die Politik und für uns Bürger. Zudem ignorieren viele Leute die Regeln sowieso. Um dem entgegenzuwirken, brauchen wir also noch mehr Maßnahmen. Daher finde ich die Regeln insgesamt zwar nervig, aber trotzdem zielführend und gerechtfertigt.“

Er selbst könne der Pandemie persönlich sogar einen positiven Aspekt abgewinnen: „Gesundheitlich bin ich besser als sonst durchgekommen. Wenn man überwiegend zu Hause ist, ist man keinen Erkältungsviren ausgesetzt und hat viel Zeit für Sport…“