Fahlenscheid. Tageausflügler sorgten im Skigebiet Fahlenscheid für Chaos, blockierten Straßen und nutzten Gärten als Toilette. Eine Anwohnerin berichtet.
- Zahlreiche Ski-Touristen sind am Wochenende zum Rodeln nach Fahlenscheid gekommen - und haben für Chaos gesorgt.
- Anwohner beschweren sich über Stau auf den Straßen, zugeparkte Wiesen und Menschen, die ihre Gärten als Toilette benutzten.
- Am Dienstag einigten sich Stadt, Kreis und Polizei Olpe darauf, die Ski-Hänge zu sperren und ein Betretungsverbot zu verhängen.
Am Montag ist das Skigebiet Fahlenscheid schon fast ausgestorben. Zumindest im Vergleich zum Wochenende. Denn am Samstag, 2. Januar, spitzte sich die Situation zu (unsere Redaktion berichtete). Zahlreiche Menschen zog es auf die schneebedeckten Pisten, etliche Autos stauten sich auf der Kreisstraße, Fahrzeuge parkten auf den Wiesen.
Doch auch am Montag trudeln nach und nach wieder die ersten Ski-Touristen ein. Bernadette Greiten beobachtet das Treiben vor ihrer Haustür mit Sorge. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt sie. „Als Anwohnerin bin ich in Fahlenscheid viel gewohnt, wenn es um Veranstaltungen geht. Aber die jetzige Situation übertrifft alles.“
Überall Autos, Straßen über Stunden blockiert
Bernadette Greiten ist 36 Jahre alt. Ihr gehört das Ferienappartement in Fahlenscheid. Weihnachten und Neujahr kommt sie gern mit ihrer Familie hier her. Doch diesen hohen Besucheransturm auf die Ski- und Rodelpisten hatte sie nicht erwartet. Überall stehen Autos. Auf Feldern, in Straßengräben, auf privaten Grundstücken. Straßen sind über Stunden blockiert - eine Situation, die die Anwohnerin verzweifeln lässt
„Es kann nicht sein, dass unzählige Menschen mein Grundstück als Toilette und Abfalleimer nutzen und sich in meinem Garten mit einer Selbstverständlichkeit aufhalten als wäre es ihrer“, ist Bernadette Greiten entrüstet. „Es kann nicht sein, dass hier scheinbar kein Lockdown herrscht, Corona kein Thema ist und sich hier Menschenmassen tummeln. Es kann nicht sein, dass das Ordnungsamt, dass die Stadt Olpe sich nicht in der Lage sieht, hier irgendwas zu regeln.“
Olpes Bürgermeister: Schwierig, eine Lösung zu finden
Rund um das Skigebiet Fahlenscheid haben Ordnungsamt und Polizei Kontrollen durchgeführt, temporär wurden Zufahrtstraßen gesperrt, der Verkehr umgeleitet, um den Stau aufzulösen. Die Bilanz des Wochenendes: Mehr als 200 Verwarnungen, überwiegend aber Parkverstöße. Peter Weber, Bürgermeister der Stadt Olpe, erklärt, dass es schwierig sei, eine Lösung zu finden.
Zunächst einmal ist es nicht verboten, Schlitten zu fahren. So lange dabei die Coronaschutzverordnung - das heißt Abstand halten - eingehalten wird, gibt es keine Rechtsgrundlage, dagegen vorzugehen. Außerdem: Riegelt man das Skigebiet ab, löst sich das Problem nicht - es verlagert sich lediglich.
„Es finden etliche Gespräche statt zwischen Stadt, Polizei und Ordnungsamt, wie wir der Situation Herr werden können“, so Peter Weber. „Wir werden das natürlich nicht akzeptieren. Aber das ist nicht so einfach. Durch das Verbot an einer Stelle, schaffen wir ein Problem an anderer Stelle.“
Probleme mit Ski-Touristen auch in Oberveischede
Was er damit meint, zeigte sich am Wochenende in Oberveischede. Denn dort sammelten sich auch die Ski-Touristen. „Es war ein großer Fehler der Politik, die Skigebiete fürs Skifahren zu sperren, aber Schlitten fahren dabei außen vor zu lassen. So dumm können nur Städter sein“, schimpfte Ortsvorsteher Lothar Epe im Gespräch mit unserer Redaktion am Montagvormittag.
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In den Knochen steckte dem Ortsvorsteher noch der Sonntag, an dem Tausende Ausflugsgäste offenbar vorwiegend aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet das Sauerland überflutet und das Skigebiet Fahlenscheid angesteuert hatten. Epe: „Ich war selbst unterwegs und habe teilweise versucht, die Leute dazu zu bewegen, hier im Ort bei der Kirche zu parken, oftmals aber vergebens. Autokennzeichen mit OE habe ich so gut wie keine gesehen. Die allermeisten kamen aus dem Rhein-Ruhrgebiet.“
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Als gegen Mittag die Kreisstraße zum Fahlenscheid gesperrt worden sei, sei das Chaos vorprogrammiert gewesen: „Offenbar haben die Navis die Ortsfremden in alle möglichen Richtungen und auf ungeeignete Ausweichwege geschickt, was im Ort für reichlich Unmut gesorgt hat. Einige Landwirte waren stinksauer, weil die Leute auf deren Wiesen fuhren.“
„Am Sengeberg“, „Im Eck“, „An den Hässeln“, aber auch an der B 55 bis weit nach Neuenwald hinein seien die Schlitten-Fans parktechnisch fündig geworden, offenbar ohne zu wissen, wie weit es bis zum Fahlenscheid sei. „Es war überall rund um Oberveischede richtig Betrieb“, sagte Epe.
Fürs nächste Wochenende wünsche er sich deshalb eine vorausschauende Strategie von Ordnungsämtern und Polizei, wenn es erneut zu starkem Schneefall kommen sollte: „Ich kann die Menschen in den Städten ja verstehen. Die wollen raus, vor allem mit ihren Kindern. Wenn jetzt noch die Schulen länger geschlossen bleiben, wird sich das Problem noch verschärfen.“
Treffen aller Betroffenen aus Fahlenscheid und Oberveischede geplant
Schon an den entsprechenden Autobahnauffahrten im Rhein- und Ruhrgebiet müsse ausgeschildert sein, dass die Skigebiete im Sauerland, auch der Fahlenscheid, gesperrt seien. Darüber hinaus müssten vor Ort die Parkplätze, die verfügbar seien, besser ausgewiesen werden.
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Wenn allerdings die Masse an Autos einmal da sei, sei nur noch wenig auszurichten. Am Sonntagnachmittag bis etwa 16.30 Uhr, so Epe, sei das der Fall gewesen: „Die Polizisten waren machtlos, haben gesagt, das sei wie Ameisen einsammeln.“
Michael Klein, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Olpe, teilt auf Anfrage mit, dass es an dem Wochenende keine andere Möglichkeit gab, als die Straße zeitweise zu sperren. „An der K18 ging gar nichts mehr“, sagt er. „Es gab für uns zu dem Zeitpunkt keine Alternative.“ Er teilt mit, dass am Dienstag ein Treffen aller Beteiligter und Betroffener aus Fahlenscheid/Oberveischede stattfindet, um sich auf eine Strategie fürs nächste Wochenende zu verständigen.
Riesen-Andrang auch am Rhein-Weser-Turm
Auch Bernhard Schwermer, Besitzer und Betreiber der Rhein-Weser-Turms, rieb sich am vergangenen Wochenende ob des riesigen Andrangs die Augen. „Am Sonntag war es ganz extrem. Die Autos kamen aus dem gesamten Rhein-und Ruhrgebiet und sogar aus Hessen, von dort sind es ja auch nur 30 Kilometer bis zu uns.“ Somit wurde der Rhein Weser Turm von zwei Seiten belagert, mit Kind und Kegel, vielen Hunden teilweise Gruppen mit mehr als 10 Leuten.
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Auch an der L 553 und in den Waldwegen wurde geparkt. Die Hinterlassenschaften vom kaputten Plastikbob bis zum Müll aller Art blieben am Abend zurück. Beim Kampf um die Parkplätze gab es den ein oder anderen Lackschaden. „Die haben unsere Begrenzungssteine teilweise bis in die Wiese reingeschoben“, so Schwermer. Auch auf der Oberndorf Höhe zwischen Heinsberg und Hilchenbach gab es wegen der vielen Fahrzeuge ein Park- und Verkehrschaos
Touristen parken auf Wiese eines Landwirtes - Ordnungsamt greift ein
Offiziell eingreifen musste das Ordnungsamt aber nur bei Kruberg. Viele Tageausflügler, die im Skigebiet Fahlenscheid keinen Platz mehr fanden, waren in Richtung Kruberg weitergefahren und hatten eigenmächtig eine private Wiese an der K 18 zur Rodelbahn umfunktioniert.
Rüdiger Henrichs, Leiter des Ordnungsamts: „Der Landwirt hat sich darüber geärgert, weil die Leute die Wiese kaputt fahren. Denen ist nicht bewusst, dass dadurch die Futterpflanzen geschädigt werden.“ Platzverweise und anderen Maßnahmen des Ordnungsamtes gab es aber nicht.
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Auf der Hohen Bracht war am Wochenende wiederum „extrem viel los“, so Sarah Bertram vom Ordnungsbereich der Stadt Lennestadt. Aber es sei dort noch einigermaßen vernünftig zugegangen. Anders sah es in der 18-Einwohner-Siedlung Schmellenberg zwischen Bruchhausen und Oberveischede aus.
„Wenn es wieder schneien sollte, dann geht es am Wochenende sicher wieder los“
„Wie haben von Anwohnern Hinweise bekommen, dass Schmellenberg überrannt wird“, so Bertram. Vermutlich waren es auch hier Touristen, die wegen des überfüllten Fahlenscheids über die B 55 weiter in Richtung Lennestadt und dann nach Schmellenberg gefahren sind, um dort Schlitten und Picknickkorb auszupacken. Nur gibt es dort so gut wie keine Parkplätze.
In dieser Woche rechnen die Behörden mit weniger Andrang, „aber wenn es wieder schneien sollte, dann geht es am Wochenende sicher wieder los“, vermutet Sarah Bertram.