Fahlenscheid. Die Skiliftbetreiber sind von den Corona-Beschränkungen besonders hart getroffen. Auch auf dem Fahlenscheid müssen die Lifte still stehen.
Dort, wo normalerweise Kinder herumtollen, sich ihre Eltern einen Glühwein schmecken lassen und sich auf die nächste Abfahrt auf gut gewachsten Kufen freuen, ist nichts als menschenleere Weite. Der erste Schnee hat sich auf dem Grün niedergelegt. ,Eine schöne Aussicht’, denkt der Naturfreund. Sebastian Stinn, der das kleine Unternehmen „Skigebiet Fahlenscheid GbR“ gemeinsam mit seinem Bruder Christoph betreibt, geht anderes durch den Kopf: „Es bringt natürlich nichts, zu jammern, viele andere müssen auch damit zurecht kommen.“
Aber wer sich die Fakten anhört, die Sebastian und seine Frau Elisabeth auflisten können, erkennt: Gerade die Skiliftbetreiber sind aus vielerlei Gründen durch die neuerlichen Corona-Beschränkungen besonders hart ins geschäftliche Mark getroffen. Und nicht nur das: „Wirklich ärgerlich ist die Perspektivlosigkeit“, zieht Stinn die Schultern hoch. „Ich weiß ja nicht einmal, ob und wann es Sinn machen könnte, die Schneekanonen noch einmal in Betrieb zu nehmen. Habe ich den Skihang gerade fertig, kommt der nächste Rückschlag, und alles war umsonst.“
Ansteckung kaum möglich
Stinn hat Recht: Würden die Corona-Beschränkungen beispielsweise Mitte Januar wieder gelockert, könnte ein Superspreader-Ereignis, vielleicht sogar am anderen Ende des Kreises, die Infektionszahlen und den Inzidenzwert in die Höhe treiben, und die nächste Schließungsverordnung auch für Skihänge erneut einleiten. Dabei sind die Stinns davon überzeugt, dass eine Ansteckungsgefahr auf ihrem Fahlenscheid nahezu unmöglich sei.
Wer auf dem zugigen Berg steht, auf dem immer eine frische Brise pfeift und an dessen Hängen die Skipisten und die Liftanlagen sowie der Zauberteppich für die Schlittenkinder eigentlich auf die ersten Gäste wartet, kann das nachvollziehen. Nirgendwo ein Hauch von Enge und Liftbügel, die, mindestens 16 Meter voneinander entfernt, Skifahrer den Hang herauf transportieren sollen. Wenn sie denn dürfen.
„Dass hier keine Apres-Ski-Events mit ‘zig Leuten stattfinden können, ist doch jedem klar“, sagt Elisabeth Stinn, „aber auf unserem Hang hier draußen, wo die Fahrer von sich aus schon vermummt bis unter die Nase sind, hat ein Virus keine Chance.“ Selbst der Skiverleih sei nichts anderes als eine Verkaufssituation im Einzelhandel.
Bis zum Sonntag, 10. Januar, steht erst einmal alles still. Und ob danach noch etwas läuft, weiß niemand. Sebastian Stinn: „Wenn es kaum Naturschnee gibt, wie in den vergangenen Jahren, brauche ich mehrere Tage, um die Piste mit Kunstschnee zu präparieren, das kostet an Strom und Personal einige tausend Euro und kann dann doch für die Katz’ sein.“
75 Prozent von Null Euro
Ärgerlich sei in dem Zusammenhang die Diskussion, Unternehmen erhielten 75 Prozent des Vorjahresumsatzes. „Da hatten wir fast Null Euro Umsatz am Skihang. Und 75 Prozent davon bleiben Null Euro“, sagt Stinn. Dazu kommt, dass die Familie vor zwei Jahren erheblich in die neue Gastro-Skihütte investiert hatte und auch diese bis auf wenige Sommermonate in diesem Jahr schließen musste. Zins und Tilgung würden ja nicht übernommen, und eine Aussetzung der Tilgung bringe letztlich wenig: „Irgendwann müssen wir es ja doch zurückzahlen“, sagt Elisabeth Stinn, „oder die Kinder“. Von der großen Investition der Vorjahre für acht Schneekanonen, von denen eine neue rund 40.000 Euro kostet, spricht die Familie erst gar nicht. Im wahrsten Sinn des Wortes „Schnee von gestern“.
Dass einem dann und wann der Gedanke komme, mit dem Skiliftbetrieb ganz aufzugeben, sei zwar verständlich, komme aber nicht in Frage. Der Skihang sei ein Lebenswerk des erst in diesem Jahr verstorbenen Seniorchefs Josef Stinn gewesen. „Das wollen auch unsere Kinder nicht“, sagt Elisabeth Stinn, vierfache Mutter der Kinder im Altern von vier bis elf. Richtig kurios, lacht sie, wäre es, „wenn es ausgerechnet in diesem Winter Massen von Naturschnee gäbe: Dann kommen die Leute auch ohne Liftbetrieb und fahren Schlitten. Die können wir ja nicht wegjagen.“
Einige Reservierungen für 2021
Dass die Sehnsucht nach normalen Feierverhältnissen bei den Menschen groß sei, habe man schon an den Skihütten-Buchungen für 2021 bemerkt: „Da ist schon einiges reserviert. Was daraus wird, weiß natürlich niemand.“ Von den üblicherweise 20 Tischen im Gastraum stehen nur noch zehn. Mindestabstand zwei Meter. An der Eingangstüre der obligatorische Spender mit Desinfektionsflüssigkeit. Aber auch das nützt den Stinns gerade nichts. „Wir müssen abwarten und dann kurzfristig entscheiden, was wir wann tun“, macht sich Sebastian Stinn wenig Hoffnung auf eine ungetrübte Winterzeit.
Auf dem ansonsten idyllischen, wunderschönen Fahlenscheid.