Attendorn. Stadt Attendorn hat eine Machbarkeitsstudie zur fußläufigen Querung der Bigge an der Waldenburger Bucht in Auftrag gegeben. Hier die Ergebnisse:
Die längste Hängebrücke der Welt bei Zermatt in der Schweiz ist knapp 500 Meter lang. Sie wäre damit 150 Meter kürzer als jene Hängebrücke, die möglicherweise eines Tages vor der Vogelinsel in der Waldenburger Bucht über die Bigge führen wird – sofern der Naturschutz mitspielt. „Das klingt natürlich bombastisch“, weiß Christian Pospischil um das touristische Potenzial eines solchen Bauwerks.
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Allerdings nahm der Bürgermeister im Planungs- und Umweltausschuss am Montagabend gleich den Fuß vom Gaspedal. Denn die Ergebnisse, die das Landschaftsarchitekturbüro Greenbox in einer Machbarkeitsstudie zur fußläufigen Querung der Bigge in der Waldenburger Bucht ausgearbeitet hat, befassen sich zunächst einmal, wie das Wort schon sagt, nur mit dem grundsätzlich Machbaren. In Stein gemeißelt ist also noch gar nichts.
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In Zukunft gehe es deshalb zunächst darum, das „Ob“, das „Wann“ und das „Wie“ zu klären. Auch vor dem Hintergrund der Coronakrise und den finanziellen Folgen für den städtischen Haushalt. „Denn so ein Projekt gehört nicht zu den grundlegenden Aufgaben einer Kommune“, so Pospischil.
Der Hintergrund
Die Machbarkeitsstudie hatte die Stadt als Reaktion auf einen SPD-Antrag aus dem Jahr 2018 in Auftrag gegeben. Die Sozialdemokraten aus der Hansestadt wünschen sich einen möglichst kurzen, etwa vier bis fünf Kilometer langen Rundweg für Spaziergänger und Radfahrer um den Biggesee in Attendorn. Wer heute einmal um den See herum möchte, muss ambitionierte 16,5 Kilometer in Kauf nehmen und kann erst an der Sonderner Talbrücke die Talsperre queren.
Die Ergebnisse
Insgesamt fünf Querungsvarianten haben die Landschaftsarchitekten mit Sitz in Köln ausgearbeitet – nach vorheriger Absprache mit dem Betreiber des Biggesees, dem Ruhrverband, mit der Personenschifffahrt Biggesee und der Unteren Wasserbehörde des Kreises Olpe.
Variante eins sieht eine Schrägseilbrücke in Kombination mit einer Steglösung in einer Länge von rund 1250 Metern vor. Laut David Theidel, Projektbeauftragter bei Greenbox, würde diese Variante keinen Eingriff in den Naturschutz sowie einen vertretbaren Eingriff in das Landschaftsbild darstellen. Eine Herausforderung bei der Schrägseilbrücke: Sie muss mindestens zwölf Meter hoch und rund 40 Meter breit sein, damit sie beispielsweise die MS Westfalen durchfahren kann. Die Kosten für den Bau: etwa 4,2 Millionen Euro brutto.
Zweite Möglichkeit: Eine Kombination aus Brücke, Steg und Hängebrücke. Sie wäre rund 1,7 Kilometer lang und vermutlich schon deshalb nicht genehmigungsfähig, weil hierbei in den Bestand der unter Naturschutz stehenden Vogelinsel mit ihren geschützten Arten eingegriffen würde. Die Kosten beliefen sich auf rund 6,6 Millionen Euro.
Variante drei sieht eine klassische Hängebrücke zwischen zwei Pfeilern vor. Sie wäre 650 Meter lang und damit die längste Hängebrücke der Welt. So attraktiv und tourismusbereichernd diese Idee auch klingt, auch hier könnte es an den naturschutzrechtlichen Auflagen scheitern. Nicht zu vergessen die technischen Herausforderungen. So muss eine solche Hängebrücke etwa vor stärkeren Stürmen gewappnet sein. Die Bruttobaukosten: etwa 5,3 Millionen Euro.
Die vierte Option sieht die Nutzung einer Fähre vor, die zwischen den beiden Uferbereichen im Norden und Süden pendelt. Hier sehen die Landschaftsarchitekten die geringsten Konflikte mit dem Naturschutz und dem Landschaftsbild, allerdings wäre eine ganzjährige Nutzbarkeit nicht garantiert. Der Kostenansatz beläuft sich auf drei Millionen Euro brutto, hinzu kämen die laufenden Betriebskosten etwa für Personal und Instandhaltung. David Theidel schätzt diese auf rund 150.000 Euro jährlich.
Am teuersten wäre Variante fünf: die Tunnellösung, die rund 9,5 Millionen Euro kosten würde. Sie ist die unwahrscheinlichste Option, weil auch technisch extrem aufwändig. „Und dann muss man sich die Frage stellen: Wer möchte bei einem schönen Samstagsspaziergang in ein dunkles Loch hinabsteigen“, kann sich selbst David Theidel nicht so recht mit einem 650 Meter langen Tunnel anfreunden.
Unabhängig davon, welche Variante die Politik in Attendorn eines Tages präferieren wird – wenn sie es überhaupt tut –, ist klar, dass ein neues Brückenbauwerk die bestehende Infrastruktur weiter belasten würde. Etwa bei den Parkplätzen, die für eine solche Attraktion nicht ausreichend zur Verfügung stehen würden, so Theidel. Ungeklärt sind auch noch Themen wie die Barrierefreiheit oder auch die Zuwegung. Zudem würde ein solches Projekt nur mit Hilfe von Fördermitteln umgesetzt werden.
Der Betreiber
Immerhin: Der Ruhrverband als Betreiber des Biggesees ist grundsätzlich offen für dieses Thema. „Solange die Rahmenbedingungen eingehalten werden, also die Boote unter einer Brücke herkommen und genügend Abstand zum Vogelschutzgebiet gewährleistet ist“, erklärt Ralf Stötzel vom Ruhrverband, der den Biggesee verantwortet. Und auch Nicole Keseberg von der Personenschifffahrt Biggesee ist nicht abgeneigt: „Jede Attraktion mehr am Biggesee ist eine Bereicherung für den Tourismus“. So sieht es die Attendorner SPD auch.