Finnentrop. Günter Linn, Vorsitzender der UWG Finnentrop, stellt zunehmende Politikverdrossenheit fest. Die Stimmung in der Gemeinde: angespannt.
Erstmals in ihrer 26-jährigen Vereinsgeschichte zieht sich die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) Finnentrop aus dem politischen Geschehen zurück. Günter Linn, Vorsitzender der UWG Finnentrop, erklärt, warum die Fraktionsspitze sich für diesen Schritt entschieden hat, obwohl es zunächst ganz anders aussah, und warum sich in der Gemeinde Finnentrop mittlerweile eine große Politikverdrossenheit eingestellt hat.
Herr Linn, die UWG ist zwar noch auf Kreisebene aktiv, aber nicht mehr in Finnentrop. Wie kam es dazu?
Günter Linn: Wir haben keinen Nachwuchs, die Jugendlichen lassen sich nicht motivieren. Wir arbeiten im Prinzip mit dem ersten Team, das vor 26 Jahren an der Gründung beteiligt war. Und nach 26 Jahren muss man auch irgendwann sagen: Es reicht.
Heißt das, Sie hatten zu wenig Leute, die sich für ein Ratsmandat begeistern konnten?
Wir hatten Anfang des Jahres Mitgliederversammlung und da getestet, wie die Bereitschaft ist, ein Mandat zu übernehmen. Wir haben auf dieser Mitgliederversammlung sogar noch Neueintritte gehabt. Das heißt, wir waren eigentlich alle recht positiv eingestellt. Dann ging’s aber darum, wie die Bereitschaft ist, einen Wahlbezirk zu übernehmen. Rein zahlentechnisch wäre es überhaupt kein Thema gewesen, die 17 Wahlbezirke zu besetzen. Aber niemand wollte auf die vorderen Listenplätze. Den Leuten ist es momentan wichtiger, Freizeit zu haben als sich so ein Mandat ans Bein zu binden. Zumal es in Finnentrop momentan ja auch heftig zur Sache geht.
Wie meinen Sie das?
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Die Stimmung in den Sitzungen empfinde ich als sehr unangenehm. Es wird nur noch Wahlkampf gemacht. Die Politikverdrossenheit setzt sich konsequent durch.
Also spielen Sie auf Bürgermeister Heß an, der nun doch bei der kommenden Kommunalwahl antreten wird? Die Fronten zwischen ihm und der CDU scheinen tatsächlich verhärtet zu sein.
Es gab diese Situation schon mal 2004 in Wenden. Da hatte sich die CDU auch einen anderen Kandidaten auserkoren, der Bürgermeister werden sollte. Peter Brüser war damals noch Bürgermeister und hat sich aus dem Amt heraus aufstellen lassen – und damals dann auch das Mandat erreicht. Bürgermeister Heß ist der älteste Arbeitnehmer bei der Gemeinde Finnentrop. Ich weiß nicht, warum er nochmal antritt, denn scheinbar wollte die CDU ja auch einen Wechsel haben. Das Spannungsverhältnis, was dadurch entstanden ist, trägt sich durch die ganze politische Arbeit. Seine politische Meinung zu vertreten, ist nicht immer spaßig. Im Gegenteil: Das kann ganz schön an die Nerven gehen.
Wie enttäuscht sind Sie, dass es die UWG Finnentrop für die nächste Wahlperiode nicht mehr gibt?
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Da hängt Herzblut dran. Wir waren Gründungsmitglieder. Letztes Jahr haben wir unser 25-jähriges Bestehen gefeiert, da haben wir noch 40 Jubilare ehren können für 25 Jahre Mitgliedschaft. Da sah es so aus, als ob es nie ein Thema sein könnte, dass die UWG mal nicht antritt. Aber dann kam eben dieser Einbruch. Die Frage nach dem „Wer zieht mit in den Rat“? – Ab da wurde es immer weniger. Außerdem gibt es immer mal wieder Verwechslungen mit „Für Finnentrop“. „UWG“ – „Für Finnentrop“: Da fragen sich die Leute zum Teil, ob das jetzt eine Partei, eine Wählergemeinschaft ist. Das hat uns wehgetan. Wir sind von 14,2 bei der Wahl 2009 auf 9,8 Prozent bei der Wahl 2014 abgerutscht. Das waren fast 5 Prozent – und die hat uns die „Für Finnentrop“ genommen. Kleine Parteien machen sich gegenseitig leider kaputt.
Was muss passieren, damit es bei der Kommunalwahl 2025 wieder eine UWG Finnentrop geben wird?
Als wir uns damals gegründet haben, sollte in Frielentrop eine Sondermüllverbrennungsanlage gebaut werden. Anstatt eine Bürgerinitiative zu gründen, haben wir uns dann aber für eine UWG entschieden. Wenn also nochmal so ein tragendes Ereignis anstehen würde, dann denke ich, dass die UWG wieder aufersteht.
Das heißt, Sie sind abhängig von so einem tragenden Ereignis?
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Ja, im Grunde die ganze Politik. Wir haben gar nicht die Möglichkeit, uns so zu verkaufen wie die anderen großen Parteien. Sowas können wir uns nicht leisten. Wir bilden die nächsten Jahre dann eben die Opposition und passen auf, dass die Regierungsparteien in ihren Schranken bleiben. Wenn das mit Corona so weitergeht, die Gewerbesteuer weiter einbricht und trotzdem immer wieder neue Objekte aus dem Boden gestampft werden, wie es der Bürgermeister gerne möchte, dann bleibt natürlich die Frage, wo die Gemeinde Finnentrop irgendwann mal finanziell landet. Das könnte so ein Ereignis werden.
Was wünschen Sie sich denn für die Kreis UWG?
Auf der Kreisebene haben wir alle Bezirke belegt. Wir werden mal eine Wahlperiode in Finnentrop aussetzen, aber die UWG e.V. bleibt weiter bestehen. Wir haben nie über eine Auflösungsversammlung nachgedacht. Für die Kreis UWG wünsche ich mir, dass wir mindestens so stark bleiben wie aktuell im Kreistag – am liebsten noch stärker. Da haben wir jetzt vier Mandate. Damit kann man schon ein bisschen was erreichen.
Wem räumen Sie die größten Chancen ein bei der kommenden Kommunalwahl ein? Sowohl bei der Partei als auch bei den Bürgermeisterkandidaten?
Ich denke, dass „Für Finnentrop“ gut abschneiden wird. Weil die auch im Frettertal mit den Windkraftgegnern gut kooperiert haben. Es wird spannend werden. Bei den Bürgermeisterkandidaten wird es eine Stichwahl geben – auf die Personen würde ich mich aber nicht festlegen wollen.