Altenhundem/Olpe. Mirjam Ettlich ist Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie hat auf der Intensivstation in Olpe freiwillig während der Corona-Hochphase geholfen.

Sie liegen oft viele Wochen auf der Intensivstation. Maschinell beatmet, bangend um das eigene Leben, abgeschirmt von den Angehörigen. Ärzte und Krankenpfleger sind oft die einzigen, die die Patienten mit besonders schweren Covid-19-Verläufen in dieser Zeit sehen konnten. Eine davon ist Mirjam Ettlich. Die Gesundheits- und Krankenpflegerin hat in der Hochzeit der Corona-Pandemie für eine Woche auf der Intensivstation des St.-Martinus-Hospitals in Olpe ausgeholfen. Sie ist eine der Pflegekräfte, die freiwillig die Hand gehoben haben, um zu helfen. „Es herrschte ja akuter Personalmangel“, erzählt Mirjam Ettlich. „Für mich war das selbstverständlich, dass ich meine Kollegen unterstütze.“

Mirjam Ettlich ist 33 Jahre alt und verheiratet. Seit zwei Jahren arbeitet die Schmallenbergerin, die gebürtig aus dem Kreis Marburg stammt, im St.-Josef-Hospital in Altenhundem. Die Arbeit auf der Intensivstation ist für sie nichts Neues. Im Gegenteil. Ganz bewusst hatte sich die junge Frau, die damals ihre Ausbildung in Wetzlar absolviert hatte, für die Notfallmedizin entschieden. Und dennoch: Die Trauer und die Verzweiflung gehen ihr nah. Wenn Menschen sterben. Wenn die Angehörigen vor dem Bett zusammenbrechen. Wenn Paare, die jahrzehntelang gemeinsam durchs Leben gegangen sind, plötzlich getrennt werden – wenn Kinder vor dem Bett des Verstorbenen weinen. „Das geht nicht spurlos an mir vorbei“, sagt Mirjam Ettlich. „Es gibt immer wieder Momente, die mich sehr prägen.“

Plötzlich stiegen die Infektionszahlen

Im Frühjahr schlägt das Coronavirus plötzlich mit aller Kraft zu. Das Virus, das viele Menschen zu Beginn kaum ernstgenommen haben. Das Virus, das einst in Wuhan seinen Ursprung nahm. Ganz weit weg. Doch auch im Kreis Olpe änderte sich die Situation. Plötzlich stiegen die Infektionszahlen. Und auch die Intensivstation des St.-Martinus-Hospitals in Olpe musste immer mehr Covid-19-Patienten aufnehmen. Mirjam Ettlich hat eigentlich ein paar Tage frei. Doch sie entscheidet sich angesichts der Lage dafür, ihre Kollegen zu unterstützen. Schließlich ist jetzt jede helfende Hand gefragt.

Jeden Tag sieht sie nach den Patienten, kontrolliert Puls, Atmung und ihre Temperatur. Immer in voller Schutzmontur. In einer Art Schleuse kleidet sie sich mit FFP2/FFP3-Maske, Schutzbrille, Haube, einem wasserdichten Schutzkittel und Handschuhe ein, bevor es zum Patienten geht. „Das war sehr zeit- und arbeitsaufwendig“, erzählt Mirjam Ettlich. „Deswegen war es auch so wichtig, dass wir in einem großen Team gearbeitet haben.“ Aber auch eine Art „Baby-Phone“ wird genutzt, um die Patienten kontinuierlich im Auge zu behalten.

Für einige ist die Intubation, also die maschinelle Beatmung, die letzte Hoffnung. Doch nicht alle haben es überlebt. Ein paar der Menschen sind in der Woche gestorben, als Mirjam Ettlich dort war. Ein Gefühl der Machtlosigkeit, wenn sich trotz aller Bemühungen der Zustand einfach nicht bessern will. „Ich habe ja immer mit kranken Menschen zu tun“, sagt die 33-Jährige. „Aber diesen Patienten ging es besonders schlecht.“

Die Menschen sind dankbar

Es waren acht, vielleicht neun Covid-19-Patienten, die Mirjam Ettlich in der Zeit gepflegt hat. Viele waren älter, hatten Vorerkrankungen – doch eine Patientin nicht. Die junge Frau hatte sich im Ski-Urlaub infiziert, musste zeitweise maschinell beatmet werden. „Ihr ging es richtig schlecht“, erzählt die Gesundheits- und Krankenpflegerin. „Nach wochenlanger Beatmung musste sie erstmal wieder mobilisiert werden. Den Menschen fehlt danach die Kraft. Stehen und Laufen ist problematisch.“

Doch die junge Frau hat es geschafft – das sind die glücklichen Momente, die Mirjam Ettlich erlebt. Diese Momente, wenn sich Menschen wider Erwarten plötzlich doch noch erholen. „Die Leute sind sehr dankbar. Auch von den Angehörigen erlebe ich viel Zuspruch“, sagt Mirjam Ettlich. Und so meldeten sich auch in der Hochphase der Corona-Epidemie die Menschen im Krankenhaus, die versichert haben, dass sie wüssten, dass ihre Liebsten in guten Händen seien.

Applaus-Stürme längst verhallt

Dankbarkeit, Anerkennung – das haben die Menschen in den Pflegeberufen während der Corona-Zeit besonders gespürt. Menschen, die auf dem Balkon standen und klatschten. „Vielleicht hat es ja tatsächlich dazu beigetragen, dass unser Beruf ein bisschen mehr Anerkennung bekommt“, sagt Mirjam Ettlich. Auch, wenn die Applaus-Stürme längst verhallt sind. Doch – ganz unabhängig von gesellschaftlicher Aufmerksamkeit – die junge Frau liebt ihren Job. Und auch rückblickend auf die Corona-Hochzeit hat sie nur lobende Worte für ihre Kollegen, für die Teamarbeit, für die gesamte Unterstützung übrig – auch jetzt noch. Schließlich ist die Gefahr noch nicht gebannt. Nach wie vor gelten hohe Sicherheitsmaßnahmen. Mirjam Ettlich ist eine von denen, die sagen können, an vorderster Front im Kampf gegen das Virus dabei gewesen zu sein. „Ob ich Angst hatte?“, wiederholt Mirjam Ettlich die Frage. „Den Gedanken hatte ich schon. Aber man ist ja jeden Tag dem Risiko ausgesetzt. Das vergisst man schnell.“