Attendorn. Beim IHK-Wirtschaftsgespräch in Attendorn geht es ums Wall-Center. Unternehmer sorgen sich um die Innenstadt, die Stadt verteidigt das Projekt.
Das Wall-Center war das bestimmende Thema beim Wirtschaftsgespräch der IHK in Attendorn mit mehr als 80 Vertretern aus Wirtschaft und Politik. Deutlich wurde der Wunsch einiger Anwesender, auch Alternativen zu der derzeit verfolgten Ansiedlung eines großflächigen Vollsortimenters, eines weiteren Drogeriemarktes sowie einer Apotheke und eines Textil-Discounters in den Blick zu nehmen. Ein Grundstückskauf im Plangebiet macht derzeit eine Neuplanung erforderlich.
IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Wenn die Planungen ohnehin auf ‚Null‘ gesetzt werden und es keine Zusagen an den Investor gibt, wäre es doch zu kurz gesprungen, nur marginale Änderungen vorzunehmen. Ziel sollte sein, bestehende gesunde Strukturen nicht zu ersetzen, sondern zu ergänzen.“
Für Maik Rosenberg (Aquatherm) sind die zahlreichen Einwendungen im Zuge des Beteiligungsverfahrens ein Beleg dafür, dass ganz viele Menschen offensichtlich bereit sind, sich in die Überlegungen einzubringen. „Mein großer Wunsch ist, dass die Interessen der Betroffenen aktiv aufgegriffen werden!“ Christian Pospischil zeigte Verständnis für das Anliegen, verwies aber auch auf den bestehenden politischen Auftrag für die vorliegende Planung, hinter die man dann zurück gehen müsse.
Kaufkraft soll nicht mehr in Nachbarstädte abfließen
„Die Besucher des Wall-Centers werden ihren Kofferraum vollladen und wieder wegfahren, ganz sicher aber nicht in die Innenstadt gehen, um weiter einzukaufen“, kritisierte Walter Viegener. „Das zarte Pflänzchen der Hoffnung des vielfältigen Einzelhandels in der Innenstadt wird gefährdet.“ Bürgermeister Pospischil verwies dagegen auf die bisherigen Erfahrungen mit der Ansiedlung des Allee-Centers, des Hanse-Hotels und des Kinos, die allesamt mehr Frequenz auch für den Bereich innerhalb der Wälle gebracht hätten.
Der Attendorner Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt und Notar Sascha Koch (HTR) bezweifelte, dass die vorgesehenen Sortimente im prognostizierten Maß Kaufkraft binden. Die größten Abflüsse gebe es in den Randgebieten der Stadt. Von dort werde aber niemand für Produkte des täglichen Bedarfs das Wall-Center besuchen. „Der Kunde nimmt den bequemsten Weg, um seinen täglichen Lebensbedarf zu decken!“
Bürgermeister Pospischil und Beigeordneter Carsten Graumann verwiesen demgegenüber auf die hohe Attraktivität der Attendorner Innenstadt, welche Besucher von weit her anlocke. Das Angebot mit nur je einem Anbieter im Bereich Vollsortimenter und Drogerieartikel sei jedoch so gering, dass viele Attendorner selbst zum Einkauf von Drogerieartikeln nach Olpe und Bamenohl auswichen.
Standort gilt als geeignet für großflächigen Einzelhandel
Rainer Eiden (Atta Drogerie Willy Krapohl Nachf. KG) zeigte sich überzeugt, dass das Wall-Center den erwarteten Umsatz mache. Allerdings zu großem Teil auf Kosten des bestehenden Einzelhandels: „Leerstände sind wahrscheinlich, zahlreiche Arbeitsplätze in der Innenstadt gehen verloren, ein Handelssterben ist zu erwarten.“
Dagegen verwies Bürgermeister Pospischil darauf, dass der bestehende Handel vor allem durch Untätigkeit gefährdet werde. „Der steigende Internet-Handel setzt den Handel vor Ort unter Druck. Wenn durch eine breitere Auswahl mehr Menschen nach Attendorn gezogen werden, profitiert nicht nur das Wall-Center, sondern die ganze Stadt. Natürlich setzen wir daneben auch die Förderung des inhabergeführten Einzelhandels fort.“
Die IHK selbst sieht den Standort für großflächigen Einzelhandel grundsätzlich als geeignet, äußert sich jedoch kritisch zu möglichen Auswirkungen auf den bestehenden Einzelhandel. IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer: „Insbesondere die prognostizierten Umsatzumverteilungsquoten sind für uns gravierend, weil sie einer Stärkung des Zentralen Versorgungsbereiches entgegenwirken.“ Baudezernent Graumann widersprach: „Unsere Stadt ist so eng bebaut, dass kaum eine Möglichkeit zur Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel besteht. Wenn wir die wenigen Chancen dazu nicht nutzen, schaden wir der Entwicklung der Stadt.“
Abschließend warb Klaus Gräbener dafür, die weiteren Schritte im Konsens zu unternehmen. „Je stärker kritische Stimmen eingebunden werden, desto breiter ist am Ende das Fundament.“