Kreis Olpe. Die erste Phase des Breitbandausbaus ist abgeschlossen. Jetzt geht es darum, die weißen Flecken abzubauen.

Die Benolper in der Gemeinde Kirchhundem sind ein geduldiges Völkchen. Beim Thema Breitband, bzw. schnelles Internet im Ort, ist bei vielen der Geduldsfaden gerissen. Während in vielen Ortschaften schnelles Internet so normal und alltäglich ist wie der Strom aus der Steckdose, warten viele Benolper seit nunmehr drei Jahren auf den Anschluss an das schnelle Breitbandnetz. „Erst sollte es letztes Jahr kommen, dann im Frühjahr und bis jetzt ist immer noch nichts passiert“, so Anlieger Hermann-Josef Beckmann. Bandbreiten bis maximal drei Mbit kommen in seinem Haus in der Straße Auf’m Bruch an, manchmal noch weniger. Das reicht noch nicht einmal, um einen Film aus einer TV-Mediathek runter zu laden, von Home-Office-Anwendungen etc. ganz zu schweigen.

Am Brückengeländer an der Eisenbahntrasse haben Unbekannte das Werbebanner der Deutschen Telekom vielsagend überklebt. Statt „Hier entsteht das flächendeckende Breitbandnetz der Zukunft“ ist jetzt zu lesen „Hier entsteht NICHTS...“

Hier entsteht „NICHTS“

Markus Luke, seit März neuer Gigabit-Koordinator des Kreises, kennt das Problem. Der Ort gehört zu den Ausbaugebieten, die seit 2017 an das Breitbandnetz angeschlossen werden. Aber in Benolpe muss die Telekom mit dem Glasfaserkabel, das von Welschen Ennest kommt, die Trasse der Ruhr-Sieg-Bahnstrecke unterqueren.

Dazu ist eine Spülbohrung nötig. Rein technisch kein Problem, genehmigungstechnisch schon. Denn die Deutsche Bahn verlangte zunächst ein Bodengutachten. „Die Bahn will sicherstellen, dass durch die Bohrung mit Druck und Wasser an der Trasse nichts passiert“, so Markus Luke, also das Gleisbett nicht absinkt.

Bahn fordert Gutachten

Das erste Bodengutachten, das die Telekom erstellen ließ, erkannte die Bahn nicht an, es musste nachgebessert werden. Mittlerweile soll das überarbeitete Gutachten nun vorliegen. Gibt die Bahn endlich grünes Licht, soll das Glasfaserkabel verlegt werden. Dann können die unterversorgten Haushalte in dem Ort angeschlossen werden und endlich auch höhere Bandbreiten ab 50 Mbit empfangen. Nach Auskunft des Netzbetreibers Deutsche Telekom soll dies ab Ende September 2020 möglich sein. Viele Bürger sind mittlerweile zu alternativen Lösungen, zum Beispiel über den Mobilfunk, übergegangen.

Als 2017 der sogenannte 1. Call, das heißt das erste Förderprogramm von Bund und Ländern für den Breitbandausbau ausgerufen wurde, war der Kreis mit seinen sieben Kommunen bundesweit einer der ersten Antragsteller. Seitdem wurden laut Kreisverwaltung mehr als 10.000 Haushalte, 27 Gewerbegebiete und 46 Schulen im Kreis Olpe an das schnelle Netz angeschlossen.

Ausbau kostet Millionen

Rund 98 Prozent der Haushalte in den Ausbaugebieten erhalten inzwischen Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s, die verbleibenden zwei Prozent der Haushalte werden zumindest mit 30 Mbit/s versorgt – bis auf Benolpe.

Der Netzausbau erfolgt in Kooperation mit der Deutschen Telekom, die einen zweistelligen Millionenbetrag investiert hat. Insgesamt wurden rund 140 Kilometer Tiefbau realisiert und fast 900 Kilometer Glasfaserkabel neu verlegt. In den Ortsbereichen, die bisher mit weniger als 30 Mbit/s versorgt waren, erfolgte in aller Regel ein Anschluss der vorhandenen Kabelverzweiger an das Glasfasernetz. Von dort aus werden die einzelnen Haushalte weiterhin über das vorhandene Kupferkabelnetz der Telekom angebunden, was je nach Länge der Kupferleitung zu einer Dämpfung der Bandbreite führt. In den Gewerbegebieten erfolgt ein FTTB/FTTH-Ausbau, das heißt die Glasfaseranbindung wird auf Wunsch kostenfrei direkt bis ins jeweilige Unternehmen verlegt. Das gleiche gilt für die Schulen, die mit einem Glasfaseranschluss zukünftig optimale Voraussetzungen für digitale Bildungsangebote an die Schülerinnen und Schüler erhalten.

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Den Netzausbau im 1. Call des Bundesprogramms fördert der Bund mit rund 5,14 Millionen Euro, das Land NRW gibt rund 4,45 Millionen Euro dazu. Die Städte und Gemeinden im Kreis Olpe zahlen einen Eigenanteil von insgesamt rund 690.000 Euro. Neben dem geförderten Breitbandausbau führt die Deutsche Telekom einen eigenwirtschaftlichen Ausbau in weiteren Bereichen des Kreises Olpe aus, aktuell in Wenden und Drolshagen.

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Der zweite Streich

Laut Markus Luke ist dieses erste Förder- und Ausbauprogramm bald Geschichte. Der Gigabit-Koordinator im Kreishaus beschäftigt sich bereits mit dem zweiten Ausbauprogramm, dem sogenannten 6. Call. Dabei geht es darum, die verbliebenen 1614 „weißen Flecken“ an das Breitbandnetz anzuschließen. Das sind Anschlüsse vorwiegend im Außenbereich, deren Internetanschluss derzeit eine Übertragungsrate von weniger als 30 Mbit/s im Download liefert. Diese sollen einen zukunftssicheren Glasfaseranschluss bis ins Gebäude bekommen, ebenso rund 500 Unternehmen in 39 Gewerbegebieten.

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„Wir sind in der Ausschreibungsphase. Wenn es gut läuft, könnte der Vertragsabschluss im Herbst sein“, so Luke. Wie schon im ersten Call fördert der Bund mit 90, das Land NRW mit 40 Prozent, bei den Kommunen verbleibt ein Eigenanteil von rund 10 Prozent. Sind die Aufträge vergeben – insgesamt sind acht Lose ausgeschrieben, je eins für die Gewerbegebiete in den sieben Kommunen und eins kreisweit für die 1614 Haushalte – könnte der Ausbau der weißen Flecken im Frühjahr 2021 beginnen.

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Markus Luke schätzt, dass es dann noch fünf bis sechs Jahre, also bis 2026/27, dauern wird, bis dieser 6. Call abgeschlossen und endlich alle Bürger im Kreis mit schnellem Internet versorgt sind.