Kirchhundem/Kreis Olpe. Kirchhundem hat die geringste Bevölkerungsdichte im Kreis Olpe und laut Heimat-Check das schlechteste Gemeinschaftsgefühl. Aber stimmt das auch?

Es hat vielleicht ein paar Jahre länger gedauert als in anderen Kommunen, bis die Bürgerinnen und Bürger in der Gemeinde Kirchhundem erkannten, dass innerörtliche Zusammenarbeit mehr bringt als Kirchturmdenken. Auch wenn die Waldgemeinde bei der Frage nach dem Gemeinschaftsgefühl mit einer 2 minus (Durchschnitt: 2,82) das Schlusslicht Kreis Olpe bildet, ist in den vergangenen Jahren auf vielen Ebenen zusammengewachsen, was zusammengehören soll oder muss.

Georg Kaiser, gebürtiger Hofolper mit Wohnsitz in Kirchhundem, stellte zu Beginn unserer Heimatcheck-Serie, als es um die Benotung von Politik und Verwaltung ging, bei Nennung mehrerer Beispiele folgende These auf: „Die Zusammenarbeit in der Gemeinde ist besser, als es durch die Berichterstattung über die politische Arbeit suggeriert wird. Bei aller dörflicher Identität ist die Verbundenheit an einer gemeinsamen Sache sehr ausgeprägt.“ Wir gingen dieser These auf den Grund:

Schützenwesen

Die 14 Schützenvereine pflegen seit Jahren ein gutes Miteinander. Es gibt regelmäßige Vorstandstreffen, zum Beispiel zur Terminabsprache, damit sich die Vereine bei Veranstaltungen nicht in die Quere kommen. Sogar die Preisgestaltung bei den Festen wird untereinander abgestimmt. Obligatorisch sind gegenseitige Besuche bei Schützenfesten. Man hilft sich bei Jubiläen und größeren Veranstaltungen, zum Beispiel durch die Ausleihe von Tischen und Stühlen. Die Vorstände kommunizieren über eine eigene Whats-App-Gruppe.

Nicht zuletzt feiern alle Vereine beim jährlichen Gemeindeschützenball zusammen. „Die Zusammenarbeit ist prima, wir arbeiten freundschaftlich und auf Augenhöhe zusammen“, so Andreas Rinscheid, seit 18 Jahren Vorsitzender des Schützenvereins Benolpe.

Kirchliches Leben

„Die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden im Pastoralen Raum Kirchhundem hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt“, sagt Ansgar Kaufmann, Mitglied des Pastoralverbundsrat in Kirchhundem. Das Gremium mit Vertretern aus allen Gemeinden übernimmt mit dem Pastoralteam gemeinsam Verantwortung für das kirchliche Leben. „Mit größeren Veranstaltungen wie ,Bedenkenswertes bei Bier und Brezeln’ mit Prof. Thomas Sternberg in der Schützenhalle Kirchhundem im April 2019 oder ,Butter bei die Fische’ im letzten November haben wir versucht, den Zusammenhalt zu stärken und gemeinsam Ideen für die Zukunft der Kirche zu entwickeln. Uns ist bewusst, dass die kirchliche Bindung auch in unserem Raum weiter zurückgehen wird und dass wir neue Ideen und Projekte brauchen. Ein schönes Beispiel dafür war die andere Form, in der wir das Fronleichnamsfest gefeiert haben. In allen Gemeinden gab es Altäre und Stationen zu einem gemeinsamen Oberthema, deren Standorte über einen Flyer und das Internet bekannt gemacht wurden. So haben viele die Möglichkeit genutzt, auch die Stationen in den Nachbarorten zu besuchen“, so Ansgar Kaufmann.

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Diese Aktion stehe beispielhaft für viel Engagement in den Dörfern und 12 Kirchengemeinden in der Gemeinde. „Nicht nur in der Corona-Zeit gilt: In Kirchhundem halten wir (trotz des gebotenen Abstands) zusammen. Eine gute Zusammenarbeit gibt es auch in der Ökumene mit der evangelischen Kirchengemeinde“, fasst Kaufmann zusammen.

Sportvereine

Ähnlich sieht es bei den Sportlern aus „Die Zusammenarbeit der Sportvereine in der Gemeinde möchte ich als gut bewerten. Aber es gibt in manchen Punkten natürlich noch deutlich Luft nach oben“, sagt Stephan Ochsenfeld, Vorsitzender des Gemeindesportverbandes. „Die demographischen und gesellschaftlichen Veränderungen hätten fast alle Vereine in vielen Bereichen bereits aufeinander zugehen lassen. Man stehe heute bei vielen Themen in einem ständigen Austausch. So gibt es inzwischen Spielgemeinschaften in vielen Altersklassen, sogar über die Gemeindegrenzen hinaus. „Das lange überfällige Sportentwicklungskonzept der Verwaltung – die Vorlage hat sich aktuell mal wieder verzögert, dieses Mal wegen Corona – wird die Zusammenarbeit weiter fördern.“

„Absehbar stehen zukünftig begrenztere Mittel als in der Vergangenheit zur Verfügung. Die zur Verfügung stehenden Mittel gilt es in unserer Flächengemeinde möglichst effektiv einzusetzen“, blickt Ochsenfeld nach vorn. Der neu formierte Vorstand des Gemeindesportverbandes werde die Aufgabe haben, die Sportförderung insgesamt zusammen mit Politik und Verwaltung zu moderieren und in Entscheidungen umzusetzen. „Veränderungen werden kaum vermeidbar sein.“

Die Beispiele zeigen, dass Kirchhundem besser ist als sein Ruf. Zwar wird sich ein Oberhundemer, Rahrbacher oder Brachthauser nicht als Kirchhundemer bezeichnen, sollte er danach gefragt werden, aber das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nicht zuletzt durch die Kooperation im Ehrenamt gewachsen.

Was wäre wohl aus der Gemeinde geworden, wenn die NRW-Landesregierung bei der Kommunalen Neugliederung 1969 die Striche auf der Landkarte des Kreises Olpe anders gezogen hätte und die Orte im Lennetal, neben Langenei und Kickenbach vor allem Altenhundem, in der Gemeinde Kirchhundem verblieben wäre.

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Diese Frage stellt sich Tobias Mettbach aus Oberhundem: „Dass „unser Einkaufsort“ Altenhundem nach der kommunalen Neugliederung zur Stadt Lennestadt kam, erklärt, warum sich die Einkaufsmöglichkeiten innerhalb von Kirchhundem in Grenzen halten. Warum sollten innerhalb von Kirchhundem nach 1969 Haushalts- und Lederwaren-, Modegeschäfte- und Baumärkte eröffnen, wenn im Hundemtaler Nachbardorf Altenhundem alle Einkaufsmöglichkeiten vorhanden sind.“

Dann hätte die Gemeinde heute womöglich einen echten Zentralort mit vielfältigen Einzelhandel, Dienstleistern, überregionalen Bahnanschluss etc. statt eines Nebeneinanders mehrerer gleichgroßer Orte. Und vielleicht hätte die Gemeinde bei vielen Fragen dieses „Heimatchecks“ wesentlich besser abgeschnitten.

Georg Kaiser ist jedenfalls überzeugt, dass die Zusammenarbeit noch besser werden kann und wird: „Dank digitaler Medien und persönlicher Kommunikation sollte es uns gelingen, diese Gemeinsamkeiten zusammen mit der Verwaltung und politisch Verantwortlichen stärker in den Vordergrund zu rücken. Gerade in diesen Zeiten sind die Selbstheilungskräfte ländlicher strukturierter Regionen ein Wert an sich.“