Olpe. Nach dem Corona-Lockdown ist es in der Olper Innenstadt weiter deutlich ruhiger als sonst. Die Einzelhändler erhalten Hilfe, aber Sorgen bleiben.
Morgens um 11 Uhr in Olpe. Es ist der Freitag vor Pfingsten. Seit fünf Wochen hat der Einzelhandel nach dem Corona-Lockdown geöffnet. Das Leben ist wieder bunter. Vor den Modeläden sind Ständer mit Sonderangeboten positioniert. Rund 30 Geschäfte für Bekleidung gibt es in der Kernstadt. Schuhe, Damen-, Herren- und Kinderoberbekleidung. Die meisten davon sind inhabergeführt mit einem breiten und individuellen Angebot. Dazu kommen viele weitere Spezialgeschäfte: Möbel, Brillen, Schmuck, Bücher, Dekoration, Haushaltswaren, Delikatessen, Spirituosen etc.
Tatsächlich hat die Kreisstadt eine hohe Einkaufsattraktivität für ihre Bürger und Bürgerinnen sowie die umliegenden Kommunen und auch darüber hinaus. Rein rechnerisch gelingt es dem Olper Einzelhandel, die vorhandene Kaufkraft vor Ort zu binden und sogar Kaufkraft zu gewinnen. Wie aber sieht es zu Corona-Zeiten aus? Märkte und Dienstleister aus Bau und Handwerk erleben gefühlt einen Boom. Die Menschen renovieren ihre Häuser, bringen Gärten und Terrassen in Schuss und machen es sich schön für einen Sommer, den sie zumeist zu Hause verbringen werden.
Umsatzstärkste Monate betroffen
Wie aber geht es den anderen, speziell der Textilbranche? Wenn Geburtstagsfeiern, Festivals, Hochzeiten und Schützenfeste ausfallen, braucht dann noch jemand Kleider, Anzug und Schuhe oder reicht das, was noch vom letzten Jahr im Schrank ist? Haben die Händler eine reelle Chance, ihre Kollektionen zu verkaufen und die entgangenen Einnahmen wieder aufzuholen? In drei Modeläden haben wir uns umgehört, um zu erfahren, wie die Stimmung ist.
Ramona Olberts führt „Stilsicher“ in der Kölner Straße. Schon seit jeher in der Textilbranche unterwegs, ist sie nun seit zehn Jahren mit ihrem Geschäft für Damenoberbekleidung am Ort. Früher war sie im Vorstand der Werbegemeinschaft aktiv. „Olpe ist eine charmante und offene Stadt mit einem tollen ausgewogenen und einzigartigen Angebot. Angefangen beim Preiseinstieg bis zu hochwertiger Kleidung. Viele Leute kommen auch von außerhalb“, lobt sie.
Was nun zu schaffen mache, sei nicht nur Corona an sich, sondern auch der Zeitpunkt. „Die Monate März bis Mai sind die umsatzstärksten im ganzen Jahr. Die fünf Wochen Lockdown sind einfach nicht mehr aufzuholen und die Waren ohne kräftige Rabatte nicht zu verkaufen.“ Was sie spürt, ist ein deutliches Zögern der Kunden. „Die, die kommen, kaufen, aber bummeln wollen die wenigsten.“
Georderte Ware storniert und Mieten erlassen
Freuen kann sich die Geschäftsfrau über ihre Lieferanten, die einen Teil der georderten Ware storniert haben. Und darüber, dass ihr eine Monatsmiete erlassen wurde. „Das hilft zumindest ein bisschen und ist ein solidarisches Zeichen. Wir sitzen schließlich alle im gleichen Boot.“
Ähnlich wie Ramona Olberts beurteilt Edeltraud Exner die derzeitige Situation. Ein paar Meter weiter hat sie ihr Schuhgeschäft „Tendenza“. Seit 28 Jahren ver
auft sie Mode für Herren- und Damenfüße, seit 20 Jahren in der Kölner Straße. „Wenn das so weitergeht, wird es schwierig zu überleben“, stellt sie klar. Corona-Hilfe hat sie beantragt, aber noch nicht bekommen. Und die Kunden lassen auf sich warten. Von ihren Vertretern hat sie gehört, dass es in anderen Städten ähnlich ist. Zwar hat auch sie einige Kollektionen stornieren können und ebenso eine Monatsmiete erlassen bekommen, aber das helfe letztendlich nicht wirklich weiter.
Aushilfe nicht mehr notwendig
Was noch oben drauf komme, seien nun wahre Rabattschlachten „Eigentlich müssten Vermieter in solchen Zeiten mehr entgegenkommen. Zumindest bis es wieder besser wird. Wenn wir kaputt gehen, ist keinem geholfen. Mit dieser Meinung bin ich nicht allein.“
In der Agathastraße hat Klaudia Schieritz seit 37 Jahren ihren „Jeans-Treff“. Als der Lockdown kam, hat sie einige Nächte nicht geschlafen. Dann ist sie aktiv geworden, hat verstärkt über die sozialen Medien für ihre Waren geworben und einen Auswahldienst angeboten. Ist zu Kunden gefahren mit Klamotten zum Probieren. „Ich bin Einzelkämpferin. Mir blieb nichts anderes übrig.“ Eine Monatsmiete ist ihr gestundet worden. Nun hofft sie, alles kompensieren zu können. Irgendwie. Denn auch bei ihr ist es sehr viel ruhiger geworden. Vor Corona hatte sie samstags mindestens noch eine Aushilfe mit im Laden, jetzt schafft sie das allein.
Den Mut will sie nicht verlieren. „Ich danke allen Kunden, die trotz der schweren Corona-Zeiten gekauft haben und zu mir kommen.“