Kreis Olpe. Beim Heimat-Check fragen wir: Wie bewerten die Menschen den öffentlichen Nahverkehr im Kreis Olpe? Ein Selbstversuch zeigt Schwachstellen auf.

„Viel Spaß und eine gute Reise!“ – was sich wie eine Floskel für den anstehenden Urlaub anhört sind in Wirklichkeit die motivierenden Worte der Kollegen, die wissen, dass ich mich ins Abenteuer „ÖPNV“ stürze. Die Aufgabe: von Kirchhundem-Heinsberg nach Attendorn. Und das nur mit Bus und Bahn. Meine Reise durch den Kreis Olpe soll um kurz nach 11 Uhr beginnen; tatsächlich geht sie aber schon sehr viel früher los.

8.35 Uhr: Am Frühstückstisch checke ich schon mal die Verbindungen. Um 11.13 Uhr möchte ich den Bus „R 93“ ab „Heinsberg Alter Bahnhof“ nehmen. Bis zu meinem Ziel – Attendorn ZOB – muss ich laut Online-Plan zwei Mal umsteigen: am ZOB in Altenhundem und am Bahnhof in Finnentrop. Allerdings werde ich schon an meiner ersten Station in Heinsberg mit einem Problem konfrontiert: „Linie R 93: TaxiBus fährt nur nach 45-minütiger Voranmeldung, die von 8 bis 20 Uhr sowie für Fahrten am selben Abend bis 22 Uhr unter MeinTaxiBus.de möglich ist.“ Ich muss also vorab einen Taxibus buchen. Das mache ich schließlich über die Homepage der ZWS. Allerdings muss ich mir dafür zunächst einen Account anlegen. Ganz schön viel organisatorischer Aufwand, bevor ich überhaupt in die Nähe eines Busses gekommen bin.

11.37 Uhr: Weil ich nicht aus Heinsberg komme, sondern – Asche über mein Haupt – aus Siegen, muss ich erst mal mit dem Auto zum Startpunkt kommen. Laut Navi soll ich kurz nach 11 Uhr in Heinsberg sein. Allerdings haben weder ich noch mein Navi damit gerechnet, dass der Straßenabschnitt zwischen Hilchenbach und Heinsberg vorübergehend wegen Baumschnittarbeiten gesperrt ist. Ich muss einen riesigen Umweg fahren und verpasse damit meinen vorbestellten Bus. Der nächste soll um 12.13 Uhr kommen. Doch auch der ist wieder nur ein Taxibus und muss dementsprechend früh vorbestellt werden. Die nächste reguläre Verbindung: 12.38 Uhr. Ich darf also eine Stunde warten. Die Laune ist im Keller.

Service-Hotline der ZWS verbindet mich mit dem falschen Ansprechpartner

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11.46 Uhr: Ich rufe trotzdem mal bei der Service-Hotline der ZWS an, die auf dem Fahrplan der Bushaltestelle angegeben ist. Eine weibliche Computerstimme fragt mich nach der Stadt, für die ich eine Auskunft haben möchte. Offensichtlich versteht sie „Heinsberg, Kirchhundem“ nicht und verbindet mich fälschlicherweise mit einem Mitarbeiter, der sich nur mit den Bus- und Bahnverbindungen in Hessen auskennt. Ob ich nicht vielleicht „Kirchheim“ statt „Kirchhundem“ meine? Nein, ich bin mir ganz sicher, dass ich in Kirchhundem stehe. Ich verstehe nur noch bruchstückhaft, dass ich dann wohl mit dem falschen Ansprechpartner verbunden bin. Dann bricht die Verbindung zusammen. Naja, das ist ein anderes Thema.

12.39 Uhr: Endlich, der Bus ist da! Für die Strecke bis Altenhundem ZOB bezahle ich 4 Euro. Tatsächlich bin ich der einzige Fahrgast. Das ändert sich auch nicht auf der 20-minütigen Fahrstrecke. Ich komme pünktlich um 12.59 Uhr in Altenhundem an. Im Bahnhofsgebäude kaufe ich ein Zugticket für den nächsten Streckenabschnitt bis zum Finnentroper Bahnhof. Kosten: nochmal 4 Euro.

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13.17 Uhr: Von Gleis 2 geht‘s mit der Regionalbahn 91 weiter. Im Zug treffe ich Felicitas (16) aus Lennestadt, die ihre Freundin in Finnentrop besuchen möchte. Ein bisschen „chillen“ im Lennepark. „Die Verbindung mit dem Zug ist voll okay, aber das Busfahren nervt schon manchmal“, findet Felicitas. Gerade abends oder am Wochenende seien die Verbindungen nicht so gut, da müsse man schon mal die Eltern fragen, ob man hingebracht oder abgeholt werden könne. Nach zwölf Minuten erreichen Felicitas und ich unser Ziel Finnentrop und verabschieden uns. Für mich geht die Reise allerdings weiter.

13.24 Uhr: Die Qual der Wahl. Vom Finnentroper Bahnhof kann ich entweder den Bus „R 98“ bis Attendorn ZOB nehmen oder aber den Bigge-Lenne-Express. Ich entscheide mich für den Bus, der laut Fahrplan um 13.35 Uhr kommen soll. Der braucht zwar deutlich länger als der Zug (38 statt 10 Minuten), dafür muss ich aber nicht so lange warten, denn: Der Zug soll erst wieder um 14.16 Uhr fahren.

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13.46 Uhr: Tja, ich schätze mal, der Bus kommt nicht mehr. Mag sein, dass die Fahrpläne coronabedingt ausgedünnt wurden, aber ein kleiner Hinweis an der Bushaltestelle wäre schon ganz nett gewesen. Dann warte ich eben auf den nächsten Bus. Der soll um 13.54 Uhr kommen. Hoffentlich.

13.59 Uhr: Fünf Minuten später, aber besser als gar nicht. Für meinen nächsten und letzten Streckenabschnitt bezahle ich nochmal 4 Euro. Übrigens genauso viel wie mit der Bahn. Da kann jetzt jeder für sich selbst entscheiden, wo die jeweilige Prioritäten liegen: Entweder schneller vor Ort sein (Bahn) oder für sein Geld viel von der Umgebung sehen (Bus). Weil ich ja wusste, dass ich mich auf ein Abenteuer einlasse, nutze ich die Gelegenheit, um den nordöstlichen Teil des Kreises mal ein bisschen besser kennenzulernen. Altfinnentrop, Heggen, Ennest, Schwalbenohl – mir wird richtig viel für mein Geld geboten. Und endlich sehe ich das Ziel am Horizont: Attendorn.

14.29 Uhr: Endstation: „Attendorn Niederstes Tor“. Drei Minuten Fußweg und ich habe den Sauerländer Dom erreicht. 1 Stunde 50 Minuten habe ich gebraucht – rekordverdächtig! Mein Fazit: Nach nervenaufreibender Planung hat es doch irgendwie funktioniert. So einen Trip kann man mal machen, wenn man keinen Termindruck oder Langeweile hat. Im Alltag ist sowas aber völlig ungeeignet.