Finnentrop. Der Hauptausschuss lehnt den Vorschlag von Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß ab, 100 Geflüchtete freiwillig aufzunehmen.

Angesichts der dramatischen humanitären Situation im Grenzgebiet zwischen Griechenland und der Türkei sowie auf den griechischen Inseln hatte Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß vor wenigen Tagen öffentlich seine Bereitschaft signalisiert, zusätzlich und auf freiwilliger Basis bis zu 100 Bürgerkriegsflüchtlinge im Gemeindegebiet aufzunehmen.

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Als Unterkunft stünde dafür die ehemalige Jugendherberge in Heggen, die ab Ende 2015 zunächst als Notunterkunft des Landes und dann als Flüchtlingsunterkunft in Verantwortung der Gemeinde genutzt wurde, zur Verfügung. Trotz der grundsätzlichen Übereinstimmung, dass sich die Gemeinde ihrer Verpflichtung, humanitäre Hilfe zu leisten, nicht entziehen könne und wolle, konnten sich nicht ausreichend viele Mitglieder des Hauptausschusses mit dem Vorschlag anfreunden. Er wurde abgelehnt.

Quoten noch nicht erfüllt

Im Flüchtlingsaufnahmegesetz ist geregelt, dass die Gemeinde Finnentrop 73 Geflohene aufnehmen muss. Sie hat 64 aufgenommen und damit noch eine Kapazität von neun.

Laut Wohnsitzauflage muss die Gemeinde zudem 282 weitere Flüchtlinge aufnehmen, bislang sind es 209, macht einen Rest von 73.

Die Zahlen stammen von der Bezirksregierung Arnsberg, Stand 8. März 2020

Ralf Helmig, Fraktionschef der CDU, betonte, dass seine Fraktion zwar um die prekäre Lage wisse und grundsätzlich auch bereit sei, neue Flüchtlinge aufzunehmen. Es sei allerdings Aufgabe der EU und des Bundes, einen schnellen Ausweg aus der humanitären Katastrophe zu finden – und nicht die Aufgabe einer Kommune.

Rechtliche Bedenken

„Weder für uns noch für jeden anderen ist absehbar, wie sich die Situation im Nahen Osten in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt und ob es nicht wieder zu einem Flüchtlingsstrom wie 2015 kommen wird“, erklärte der CDU-Fraktionschef und ergänzte: „Es genügt nicht nur, den Menschen ein Dach über den Kopf zu bieten, sondern für eine optimale medizinische und menschliche Betreuung der besonders betroffenen Kinder, Jugendliche und Kranken zu sorgen. Diese Voraussetzungen sehen wir in der Gemeinde Finnentrop derzeit für zusätzliche 100 Personen nicht gegeben.“

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Das einseitige kommunale Vorpreschen stöße somit nicht nur auf rechtliche, sondern auch auf tatsächliche Bedenken, so Helmig.

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Heß wiederum verteidigte sein Vorhaben mit der Begründung, dass man aufgrund der freien Kapazitäten in der Heggener Jugendherberge, dort gibt es Platz für rund 200 Geflüchtete und eine Unterbringung sei ohne großen Aufwand machbar. Heß: „Kinder an der türkisch-griechischen Grenze müssen ohne ein Dach über dem Kopf leben. Als ich diese Bilder gesehen habe, ist mir schlecht geworden.“

Noch Kontingente offen

Natürlich, so Heß, müssten Bund und Land die Rahmenbedingungen schaffen, finanzielle Unterstützung leisten und eine ordnungsgemäße Identifizierung der einreisenden Personen gewährleisten. Der erste Beigeordnete Ludwig Rasche ergänzte, dass nach den gesetzlich geregelten Verteil-Quoten noch mehr als 80 Flüchtlingsplätze in der Gemeinde Finnentrop unbesetzt seien.

Allerdings würde diese Zahl auch dann bestehen bleiben, wenn die Gemeinde auf freiwilliger Basis Flüchtlinge aufnimmt, setzte Helmig entgegen. Er nutze die Gelegenheit auch dazu, den Bürgermeister daran zu erinnern, dass dieser in der Vergangenheit schon erklärt habe, dass eine Kommune nicht über die Aufnahme von Flüchtlingen zu entscheiden habe.

Hinter den Vorschlag der Verwaltung stellte sich SPD-Fraktionschef Jens Nagel. Er betonte: „Wir könnten das stemmen und wären sicherlich auch nicht überfordert.“ Markus Baumhoff von den Freien Wählern erklärte, vor einer solchen Entscheidung müssten zunächst zentrale Fragen wie Kosten und Integration geklärt werden. Dazu kommt es vorerst nicht, nachdem der Vorschlag abgelehnt wurde.