Kreis Olpe. Die Rechtsprechung hat sich durch ein BGH-Urteil geändert: Fahrzeughalter können sich nicht unwissend stellen.
Schlechte Zeiten für Parksünder auf privaten Parkplätzen: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe raten auch heimische Rechtsanwälte ihren betroffenen Mandanten nicht dazu, die Angelegenheit sozusagen auszusitzen. So zum Beispiel Ludger Stracke (70) aus Olpe, seit 40 Jahren als Rechtsanwalt tätig und mit vielen solcher Fälle befasst. Er redet Klartext: „Da gilt jetzt: Zahlemann und Söhne. Alles andere wäre eine Falschberatung.“
Auch Klaus Hesse, Olper Fachanwalt für Verkehrsrecht, sieht eine ganz neue Situation und argumentiert ähnlich wie sein Kollege: „Die Beweislast ist umgekehrt worden. Bestreitet der Fahrzeughalter, selbst geparkt zu haben, muss er sagen, wer gefahren ist. Das war vorher anders.“
Worum es geht - abseits juristischer Fallstricke und kaum zu verstehender Juristensprache? Jeder Otto-Normal-Verbraucher hat es schon erlebt. Parkscheibe vergessen oder in aller Eile keinen Parkschein gelöst: Ein Knöllchen der städtischen Politessen ist die logische Folge. Entrinnen oder Widerspruch zwecklos. Das war so, ist so und bleibt auch so.
Zahlreiche Privatparkplätze
Anders lag die kompliziertere Rechtslage bei privaten Parkplätzen. In Olpe beispielsweise vor dem Kreishaus, bei Lebensmittel-Discountern wie dem Frischemarkt Dornseifer, rund um die Kreissporthalle und so weiter. Diese Parkflächen sind private, keine öffentlichen, die von der Kommune überwacht werden. Blick in die Nachbarstadt Siegen: Auch hier gibt es direkt neben der City-Galerie einen viel frequentierten Privat-Parkplatz, der von der Firma Contipark überwacht wird. In Olpe ist das Stuttgarter Unternehmen Park & Control tätig.
Angstmache durch Inkassobriefe
Was die Anwälte bisher ihren Mandanten raten konnten: Im privaten Bereich gibt es keine sogenannte Halterhaftung. Im Klartext: Bekommt der Fahrzeughalter eine solche private Knolle, kann er bestreiten, selbst vor Ort gewesen zu sein und den Parkverstoß begangen zu haben. Das Überwachungsunternehmen hatte die Beweispflicht, musste also nachweisen, wer tatsächlich geparkt hatte. Fast immer unmöglich.
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Was blieb, waren harsche Drohungen mit Inkassounternehmen, aus 30 Euro wurden schnell 60 oder mehr. Ziel: Dem Fahrzeughalter so viel Angst einjagen, dass er weich wurde. Wer jedoch hart blieb und nicht zahlte, kam fast immer damit durch. Und musste auch nicht mitteilen, wer statt des Fahrzeughalters der Schuldige war.
Anwalt Klaus Hesse: „Die Rechtsauffassung der Amts- und Landgerichte führte in der Regel dazu, dass die Fahrzeughalter nicht zahlen mussten, meist verlief die Angelegenheit im Sande.“ Ludger Stracke machte dieselbe Erfahrung: „Die Amtsgerichte haben im Sinne der Fahrzeughalter entschieden, die nicht zahlen und auch nicht angeben mussten, wer den Parkverstoß begangen hatte.“ Berufungen zu den Landgerichten seien am meist zu niedrigen Gegenstandswert gescheitert.
Beweislast umgekehrt
Auch der Fall, der jetzt vom Bundesgerichtshof (12. Senat) in Karlsruhe beurteilt wurde, war zuvor vom Amts- und Landgericht Arnsberg zu Gunsten des Fahrzeughalters und gegen die Überwachungsfirma entschieden worden.
Doch die Bundesrichter waren anderer Auffassung: Sie kehrten die Beweislast um, so dass ein Fahrzeughalter, wenn er bestreitet, selbst gefahren zu sein, sagen muss, wer gefahren ist. Tut er das nicht, muss er selbst zahlen.