Wenden/Siegen. . In einer schriftlichen Erklärung spricht der angeklagte Schüler von Liebe. Der Konflikt mit einem Mitschüler eskalierte in der grauenvoller Tat.

Aus der Jugendstrafanstalt Wuppertal-Ronsdorf fährt der Gefangenen-Transport am Donnerstagmorgen auf den Parkplatz des Siegener Landgerichtes. Er steuert die Hintertür an. Aus dem Klein-Bus wird ein 15-Jähriger von Justizbeamten ins Gerichtsgebäude geführt in die Zelle. Von dort bringen sie ihn später die Treppe hinauf in den Saal 183 des Siegener Landgerichtes. Hinter verschlossener Tür geht es hier um das grauenvolle Verbrechen, das Ende Oktober 2018 die Menschen fassungslos und bestürzt gemacht hat. Justizbeamte schirmen auch den Bereich vor dem Gerichtssaal ab. Für Öffentlichkeit und Presse ist er absolut tabu. Es bleibt alles ruhig, Schaulustige sind nicht erschienen. Um 9.06 Uhr beginnt der Prozess.

Eine sehr kurze Anklage

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Nach Informationen der ­WESTFALENPOST ist es eine sehr kurze Anklage, die Staatsanwalt Rainer Hoppmann in dem Totschlag-Prozess vor dem Jugendschwurgericht verliest. Der damals noch 14-jährige Angeklagte habe als Jugendlicher mit Verantwortungsreife in Wenden einen Menschen getötet, ohne Mörder zu sein. Angeklagter und Opfer waren Schüler der Gesamtschule Wenden. Der Angeklagte, der bereits mit 13 Jahren seine homosexuelle Neigung offenbart hatte, sei in den 16-jährigen Mitschüler verliebt gewesen. In den Tagen vor dem 30. Oktober hätten die beiden verabredet, die Schule zu schwänzen und sich beim Schulgebäude zu treffen. Dann seien sie in den Wald gegangen, wo es zum Streit kam. Der Angeklagte habe solange gewürgt, bis der 16-Jährige tot war und die Leiche etwas weiter in einem Waldstück abgelegt.

Nach der Anklage verliest Verteidiger Martin Kretschmer eine ausführliche Erklärung des Angeklagten, die dieser handschriftlich in der Zelle verfasst hatte. Dabei handelt es sich nach Informationen unserer Zeitung um über 20 Seiten. Nach einer Stunde gibt es eine Verhandlungspause, in der Kretschmer einigen Kamerateams vor dem Gerichtsgebäude ein kurzes Statement gibt: „Ich habe eine Erklärung meines Mandanten verlesen. Zu den Inhalten sage ich nichts. Das Verfahren ist aus guten Gründen nicht-öffentlich. Mein Mandant hat aber erneut zugegeben, für den Tod des Mitschülers verantwortlich zu sein. Es geht ihm nicht gut. Er sieht sich einem gewaltigen Justiz-Apparat gegenüber.“

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Recherchen unserer Zeitung ergaben, dass der 15-Jährige in der Erklärung mitteilt, dass er eine Beziehung mit seinem Mitschüler wollte. Doch dieser sei nicht homosexuell gewesen und nur zu einer normalen Freundschaft bereit gewesen. Beide hätten nicht gewusst, wie sie mit diesem Liebeskonflikt umgehen sollen. Die nicht erwiderte Liebe war wohl das Motiv für die schreckliche Tat. Wie schon beim Haftrichter räumt der von der Statur her wie ein 18-Jähriger wirkende Angeklagte in der Erklärung ein, den schmächtigen Mitschüler erwürgt zu haben.

Unter besonderer Beobachtung

Wie aus dem Umfeld der JVA zu erfahren war, gilt der 15-Jährige als suizidgefährdet. Er wird als labil beschrieben und steht in der Zelle in Wuppertal unter besondererer Beobachtung.

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Die Eltern des Opfers erschienen nicht zum Prozessauftakt. Sie werden voraussichtlich nur kommen, wenn sie als Zeugen aussagen, so Anwalt Dominik Petereit, Nebenklage-Vertreter der Eltern, auf Anfrage. Und: „Es bleibt dabei. Wir haben vereinbart, noch keine Stellungnahme abzugeben.“

Noch bis kurz nach 13 Uhr dauert der erste Verhandlungstag. Der Angeklagte macht keine weiteren Aussagen. Dann fährt der Gefangenen-Transport den 15-Jährigen zurück nach Wuppertal-Ronsdorf. Noch fünf Mal wird er den Jungen nach Siegen bringen. Am 11. Juni soll das Urteil gegen ihn gesprochen werden. Ihm drohen bis zu zehn Jahren Haft.