Attendorn. Durch die verkürzte Schulzeit kommen viele Schüler erst nachmittags nach Hause. Auch Julien Borchert aus Attendorn. Die Zeit für Hobbys ist rar.

  • Julien Borchert ist begeisterter Mountainbike-Fahrer und Parkour-Läufer
  • Dienstags und donnerstags findet er kaum Zeit zum Durchatmen
  • Zeit für seine Freunde zu finden, fällt dem Attendorner sehr schwer

Wo bleibt noch Zeit für meine Hobbys? Diese Frage stellt sich nicht nur Julien Borchert aus Attendorn. Seitdem die Politik auf eine verkürzte Schulzeit (G8) setzt, kommen Jugendliche nicht selten erst spät am Nachmittag nach Hause. Und häufig ist dann noch nicht Schluss: Hausaufgaben, Vokabeln, für die nächste Klassenarbeit lernen. Von Freizeit kann da kaum die Rede sein.

Viel Zeit geht für die Schule drauf

Julien Borchert kennt das zu genüge. Vor allem, seitdem er von der Realschule auf das St.-Ursula-Gymnasium in Attendorn gewechselt ist. „Früher“, sagt er, „als ich noch auf der Realschule war, habe ich nach der Schule sofort meinen PC angemacht und bis spät abends gezockt.“ Das geht heute nicht mehr.

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Was zum einen daran liegt, dass er nicht mehr zu den „Zockern“ gehört; und zum anderen, dass er mittlerweile viel mehr Zeit in die Schule investieren muss. „Mein Notenschnitt ist gesunken“, betont Julien, „Mathe ist komplexer geworden, da brauche ich viel Zeit für. Wenn ich das nicht tue, hinke ich den anderen hinterher.“

Dabei wüsste Julien seine spärlich vorhandene Freizeit durchaus sinnvoll zu nutzen. Parkour ist eine seiner Leidenschaften, seit er 13 Jahre alt ist. Durch die Gegend laufen und dabei über Hindernisse, wie zum Beispiel kleinere Mauern, springen – für den Gymnasiasten eine Genugtuung. Auch das Skateboard gehört zu seinen Begleitern.

Freetime: Julian Borchert braucht den Adrelanin-Kick

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    Wenn er die Zeit findet, dann fährt er an die Bigge oder in den neu gebauten Skaterpark nach Ennest. Nicht zu vergessen: Fahrradfahren zählt Julien Borchert ebenso zu seinen Hobbys. Mit einem extrem gefederten und dick bereiften Mountainbike, das weniger zum Fahren als viel mehr zum Springen geeignet ist, „baller ich durch die Wälder“, erzählt der Schüler.

    Essen, helfen, lernen hat Vorrang

    Adrenalin pur! Genau das, was Julien als Ausgleich benötigt. „Ich brauche einfach diese Abwechslung“, sagt er, „ ich kann nicht einfach nur rumsitzen, dann wird mir langweilig. Wenn gutes Wetter ist, dann gehe ich raus.“

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    Von Von Flemming Krause

    Es gab sogar Zeiten, da übertrieb es der Attendorner, der bei seinem vollen Terminkalender kaum noch Zeit für seine Freunde findet, mit den mitunter gefährlichen Fahrrad-Touren – „Ich bin auch Treppen heruntergefahren. Wenn ich mir die Knie blutig geschlagen hatte, war mir das egal“ –, dass ihm seine Eltern Fahrradverbot erteilten. Fünf Jahre durfte er nicht auf sein geliebtes Rad. Das Verbot haben seine Eltern längst wieder aufgehoben, doch an der Tatsache, dass ihm trotzdem die Zeit für seine Hobbys fehlt, ändert es nichts.

    Montags und mittwochs geht es noch am ehesten, da sitzt der 19-Jährige nur bis 13 Uhr (mittwochs bis 15 Uhr) in der Schule. Essen, ein bisschen im Haushalt mithelfen, ein Stündchen lernen – da bleibt noch ein wenig Zeit fürs Hobby. Wenn, und das passiere häufig, seine Eltern ihm nicht noch andere Aufgaben an die Hand gäben. Mitunter nervt ihn das: „Das kann mir schon den Tag vermiesen, ich will meine freie Zeit für mich nutzen.“ Sein Wunsch ist, dass ihm seine Eltern künftig rechtzeitig Bescheid geben, wenn ihm Aufgaben zuteil werden, „dann kann ich das auch planen.“

    Training mit der Parkour-Gruppe

    Julien Borchert und sein Bike sind unzertrennlich.
    Julien Borchert und sein Bike sind unzertrennlich. © Flemming Krause

    Dienstags sieht das schon wieder anders aus. Vor 16 Uhr ist Julien nicht zuhause. Und um 16.30 Uhr steht schon das Training an. Seit Oktober 2014 trainiert er seine eigene, kleine Parkour-Gruppe. „Wenn ich aus der Schule komme, esse ich nichts, sondern nehme mir nur eben was auf die Hand und bin dann sofort wieder weg.“ Bis 18.30 Uhr hat er Training. Wenn es gut läuft, ist er um viertel vor sieben Uhr zuhause. Dann hat er kurz Zeit, das Mittagessen nachzuholen. Und für die Schule hat er auch noch nichts getan...

    Donnerstags das gleiche Bild: Schule bis 15 Uhr, ab 16.30 Uhr Training, abends noch lernen oder Hausaufgaben. Und selbst am Freitag hockt Julien bis 15 Uhr in der Schule. Immerhin muss er dann keine Hausaufgaben mehr machen, die kann er notfalls noch am Wochenende erledigen.