Lennestadt. . Der Schauspieler Sebastian Kolb erfüllt sich einen Kindheitstraum. Als Junge saß er in Elspe aufgeregt im Publikum. Nun ist er der „Kleine Bär“.
Der „Kleine Bär“ hechtet pfeilschnell über das Deck des Raddampfers, der gerade mit einer spektakulären Explosion in den Fluten versinkt. In letzter Minute rettet der junge Indianer das Mädchen Ellen vor dem sicheren Tod. Eine Heldentat in „Der Schatz im Silbersee“. Und ein Job, der alles abverlangt. Denn der „Kleine Bär“ heißt hinter den Kulissen Sebastian Kolb. Beim Elspe-Festival muss der Schauspieler eine Bühne im Breitwand-Format mit Action ausfüllen. Im Theater Hagen feiert das Publikum den Schauspieler hingegen gerade für seine Interpretation leiser, komplexer Rollen, bei denen es um das Sterben geht oder um das Überleben in der Nachkriegszeit.
Genau diese Vielfalt liebt der gebürtige Siegener an seinem Beruf. Zwischen Karl May und Wolfgang Borchert gestaltet er Charaktere, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf Europas größter Freilichtbühne erfüllt der 31-Jährige sich nun einen Kindheitstraum. „Ich habe als Junge immer Cowboy und Indianer gespielt. Einmal im Jahr ging es nach Elspe, danach war man besonders entzündet.“ Dass sich dieser Spieltrieb in einen Beruf verwandelt, der gleichzeitig Berufung ist, konnte Sebastian Kolb damals noch nicht wissen.
Höchste Professionalität
Karl May ist kein Zuckerschlecken. Hinter der zauberischen Parallelwelt des Festivals stecken knallharte Arbeit und höchste Professionalität. „Elspe ist wie eine große Familie. Das funktioniert nur im Team hier. Der Statist, der das Pferd hält, ist genauso wichtig wie Winnetou.“ In seiner klassischen Schauspielausbildung hat der junge Künstler Reiten, Fechten und Kampfsport gelernt, körperlich ist er topfit. Mit den Stuntmännern in Elspe trainiert er atemberaubende Szenen, bis sie sitzen: „Sicherheit geht immer vor.“
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Bei Werner Hahn an der Jungen Bühne Lutz des Theaters Hagen hat Sebastian Kolb 2008 seine Profilaufbahn begonnen. Das Lutz ist ein intimer kleiner Spielort, Zuschauer und Darsteller sind sich hier nahe, schwierigste Stoffe müssen mit Konzentration und vielen Zwischentönen behandelt werden. „Das Lutz ist eine tolle Bühne“, lobt Sebastian Kolb und beschreibt die Unterschiede zwischen Karl May und Shakespeare: „Im Theater, da gibt es Stücke mit Sätzen, die gehen über eine halbe Seite, das muss man als Schauspieler erst gedacht kriegen.“
In Elspe dagegen ist alles anders. 4000 Zuschauer wollen hier gefesselt werden, nicht 100. „Ich habe noch nie auf einer Bühne gestanden, wo das Spiel an und für sich so leicht ist, Theater hat ja viel mit Vorstellungskraft zu tun. Und wir haben echte Tiere, die Waffen, da ist ein echter Berg mit einem 20 Meter hohen Wasserfall, das lädt geradezu zum Spielen ein.“
Die Pferde heben die Darstellungskunst in eine zusätzliche Dimension. „Ich bin früher viel geritten, aber es ist noch einmal etwas Neues, mit einem Pferd auf die Bühne zu gehen. Da muss man doppelt wachsam sein und großen Respekt vor der Aufgabe haben. Man darf nicht denken, dass alles läuft, wenn man in die 50. Vorstellung geht. Das Pferd kann sich auch in der 60. noch erschrecken.“
Der Job ist kein Wunschkonzert
Sein Elspe-Debüt gab Sebastian Kolb 2014 mit „Unter Geiern“. Dort spielte er den „Bloody Fox“. „Da hatte ich nur ein Stirnband an. Mit Indianerperücke ist das eine andere Nummer. Die Sonne knallt ganz schön auf die Bühne. Aber ich hatte totale Lust auf eine indianische Rolle.“ Mit schwarzer Perücke ist der blonde Sebastian mit der wandlungsfähigen Stimme als „Kleiner Bär“ nicht wiederzuerkennen, die Verwandlung funktioniert. „Wenig Worte, große Gesten, das ist so ein Geheimrezept. Das sind dann auch Stellen, wo ich gut mit meiner Stimme arbeiten kann. In Elspe schluckt das Dach viel, da wird Sprache zur Herausforderung.“
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Es gibt viele Schauspieler auf dem Markt, und alle sind gut, der Konkurrenzdruck ist also enorm. Heute muss ein Darsteller nicht nur im Theater präsent sein, sondern möglichst auch im Fernsehen und im Kino. Deshalb ist Sebastian Kolb stolz darauf, dass es gut läuft. „Ich betrachte es schon als Geschenk, dass ich als Schauspieler soviel arbeiten und davon leben kann. Und es geht vorwärts.“ Das Theater Hagen hat ihn zum Beispiel für die neue Spielzeit in dem Stück „Piaf“ im Großen Haus engagiert. „Ich werde oft als Schwiegermamas Liebling besetzt, aber mich reizen auch die bösen Rollen, wo Abgründe sichtbar werden. Doch der Job ist nun mal kein Wunschkonzert.“
Bis zum September reitet der „Kleine Bär“ fünfmal in der Woche an der Seite von Winnteou und Old Shatterhand durch den Wilden Westen im Sauerland. „Ich freue mich riesig, Indianer sein zu können. Die Arbeit mit dem Pferd sehe ich vorne. Dieses Jahr reite ich auch ohne Sattel. Die Bindung zum Tier ist mir wichtig“, betont Sebastian Kolb und ergänzt: „Diese Bühne ist der Wahnsinn. Es kribbelt immer noch wie in der Kindheit, nur dass ich jetzt oben stehen kann, statt unten zu sitzen.“
„Der Schatz im Silbersee“ feiert in Elspe am 20. Juni Premiere. Alle Termine: www.elspe.de