Herdecke. . Der Nahverkehr ist in Tarifbereiche eingeteilt.Aber darf die Grenze von zwei Tarifzonen mitten durch die Innenstadt verlaufen — wie in Herdecke? So kann die Fahrt aus der City nach Hagen 2,50 Euro kosten. Und eine Haltestelle weiter schon mehr als das Doppelte. Vor allem für Senioren ein Problem.

Zahlgrenzen bei Bus und Bahn müssen sein. Aber mitten in der Innenstadt? In Herdecke ist das so. Sehr zum Ärger von Ingrid Mischanowitz. Bei der Bürgermeisterin war sie. Der CDU hat sie das Problem geschildert. Vom Landrat hat sie bereits Antwort. „Das ist Abzocke“, sagt sie dazu, dass die Fahrt nach Hagen ab dem Zweibrücker Hof 2,50 Euro pro Einzelfahrschein kostet. Und wenn sie nur eine Haltestelle vorher an der Hauptstraße einsteigt, muss sie dem Fahrer mehr als das Doppelte hinlegen.

Vor wenigen Jahren ist die 77-Jährige von Hagen nach Herdecke in eines der Hochhäuser am Herdecker Bach gezogen. Weil sie in Hagen noch viele Freunde und Bekannte hat, fährt sie öfters schon mal zurück in die alte Heimatstadt. Ein Monatsticket lohnt sich nicht, aber ein Viererfahrschein schon. Neun Euro zahlt sie für vier Fahrten der Preisstufe A, 18,10 Euro müsste sie zahlen, wenn sie an der Sparkasse oder in der Stadtmitte einsteigen würde. Das tut sie aber nicht, obwohl es näher liegen würde.

Die paar hundert Meter Fußweg mehr nimmt sie in Kauf. Und ärgert sich doch gewaltig. In dem Haus, in das sie gezogen ist, leben viele ältere Menschen, sagt sie, eine Reihe davon ist auf den Rollator angewiesen. Da ist ein Umweg nicht so einfach. „An uns ältere Leute denkt keiner“, empört sie sich. „Und an die Mütter mit Kinderwagen auch nicht.“

Redaktion als letzte Hoffnung

Zweimal schon hat Ingrid Mischanowitz Antwort aus dem Kreishaus erhalten. Ein Mitarbeiter des Fachbereichs Finanzen hat ihr das Tarifsystem im Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) auseinander gelegt und für eine andere Sichtweise geworben: Normalerweise sei es von einer Stadt zur anderen immer ein Preissprung der Klasse B, führt er aus und sieht es als Sonderfall an, dass die Herdecker vom Zweibrücker Hof aus für nur 2,50 Euro nach ganz Hagen fahren können.

Und so hat es ihr auch noch einmal Landrat Arnim Brux persönlich geschrieben: „Dass die Haltestelle Hengsteyseestraße mit der Preisstufe A erreicht werden kann, stellt einen aus Fahrgastsicht günstigen Sonderfall dar.“ Im Klartext: Die Rentnerin hätte demnach eigentlich keinen Grund zu klagen, weil die Fahrt von Herdecke nach Hagen 5,10 Euro kostet. Sie müsste sich freuen, dass sie nach einem kleinen bisschen Fußweg ausnahmsweise für 2,50 Euro nach Hagen fahren darf.

Dieser Logik will Ingrid Mischanowitz nicht folgen. Die Redaktion vor Ort im Herdecker Kornspeicher ist ihre „letzte Hoffnung“, wie sie sagt. Die Preisgrenze mitten durch die Altstadt will sie nicht akzeptieren, und auch nicht, dass die nächst höhere Preisstufe mehr als das Doppelte kosten soll.

Thema in der Verkehrskommission

Für die Kritik am Preissprung findet sie Verständnis bei Peter Gerigk, Ratsherr der Grünen, der ebenfalls in den Kornspeicher gekommen ist. Früher lagen die Preise der Preisstufen dichter beieinander, weiß er, und die Rabatte bei Mehrfachfahrscheinen waren größer. In der Verkehrskommission im September wird die Fahrpreisgestaltung im VRR und die Zonengrenze in der Stadt Thema sein, verspricht Peter Gerigk. Und Ingrid Mischanowitz stellt noch einmal klar: „Ich würde ja gerne mehr zahlen fürs Einsteigen zwei Haltestellen früher - aber doch nicht gleich so viel.“